DerTreasurer-Studie
Supply Chain Finance:
Liquidität in Krisenzeiten und Nachhaltigkeit in Lieferketten
Teil 1: Working Capital Management rückt durch die Corona-Pandemie in den Fokus
Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen kämpfen aufgrund der Corona-Pandemie mit Liquiditätsengpässen. Klassische Mittel, wie die Verlängerung von Zahlungszielen, können für kleinere Lieferanten jedoch das Aus bedeuten. Damit ist keinem gedient. Für viele Unternehmen ist deshalb Supply Chain Finance interessant, denn es kann hierbei Abhilfe schaffen.
Auch das Treasury steht seit März 2020 vor großen ungeahnten Herausforderungen. Der Corona-Lockdown und die damit notwendige rasche Umstellung auf Home Office sind dabei nicht die einzigen Stresstests. Auch das Liquiditätsmanagement bekommt eine neue Bedeutung.
Liquiditätsengpässe als Folge von Corona
Die Ergebnisse der Onlinebefragung von DerTreasurer und Traxpay, an der 125 Treasurer und Leiter von Finanzabteilungen aus deutschen Konzernen und Unternehmen des gehobenen Mittelstands teilgenommen haben, zeigen, dass das Liquiditätsmanagement in der Corona-Pandemie eine große Herausforderung für die Finanzabteilungen der Unternehmen darstellt: 78 Prozent der Befragten geben an, dass sie aufgrund der Corona-Pandemie Liquiditätsprobleme haben. Bei Unternehmen mit einem Umsatz von 1 Milliarde Euro und mehr sind es sogar 84 Prozent. Infolge der Corona-Pandemie haben 54 Prozent der Befragten festgestellt, dass in ihrem Liquiditätsmanagement noch Optimierungsbedarf besteht.
Das Instrumentarium, mit dem die Unternehmen auf diese Herausforderung reagieren, ist vielfältig. Unternehmen mit einem Umsatz von unter 1 Milliarde Euro optimieren vor allem die Transparenz und die Prognose des Cashflows. Für Unternehmen mit mehr als 1 Milliarde Euro Umsatz ist die Erstellung von Extremszenarien zur Ermittlung des Cash-Bedarfs am wichtigsten.
Ein Drittel der Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 100 Millionen Euro hat auch neue Bank- und Kapitalmarktfinanzierungen abgeschlossen, für Unternehmen mit einem Umsatz von unter 100 Millionen Euro war dies hingegen nur selten eine Option (7 Prozent). Sie haben im Gegensatz zu den größeren befragten Unternehmen auch deutlich seltener bestehende Bankkredite gezogen.
Die kleineren Unternehmen nutzen hingegen Förderhilfen deutlich stärker als größere Organisationen, wobei der Anteil der Unternehmen, die staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen, in der mittleren Umsatzgruppe von 100 Millionen bis unter 1 Milliarde Euro mit knapp einem Drittel am größten ist.
Unternehmen verlängern Zahlungsziele
Insgesamt hat ein Viertel der Befragten in der Corona-Pandemie die Zahlungsziele bei Lieferanten verlängert. Je größer die Unternehmen, desto häufiger wurde damit auf drohende Liquiditätsengpässe reagiert. Die Verlängerung von Zahlungszielen ist ein probates Mittel in Krisenzeiten, Lieferanten haben dabei jedoch das Nachsehen. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bedrohen verlängerte Zahlungsziele schnell die Existenz. Denn im Gegensatz zu Großunternehmen, die mit verschiedenen Handelsfinanzierungsmitteln wirtschaftliche Turbulenzen überstehen können, verfügen KMU häufig nicht über diese Instrumente.
Gleichwohl erhielt insgesamt ein Drittel der Befragten Anfragen ihrer Lieferanten mit der Bitte um vorzeitige Bezahlung von Rechnungen. Unter den großen Unternehmen musste sich sogar fast jeder zweite Betrieb mit solchen Anfragen auseinandersetzen (46 Prozent). In extremen Krisensituationen, wie aktuell in der Corona-Pandemie, zeigt sich, dass das Wegbrechen von Lieferanten für Großunternehmen eine echte Herausforderung sein kann, die massive wirtschaftliche Schäden zur Folge hat. Es liegt daher im Interesse der Auftraggeber, dass ihre Lieferanten die Corona-Pandemie gut überstehen.
Die befragten Finanzentscheider
Funktion im Unternehmen – in Prozent der Befragten (n = 125)
CFO/Vorstand | |
Leiter Treasury/Finanzen | |
Referent Treasury/Finanzen | |
Mitarbeiter Treasury/Finanzen | |
keine Angabe |
Quellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Unternehmensgröße nach Umsatz – in Prozent der Befragten (n = 125)
weniger als 100 Mio. Euro | |
100 Mio. bis unter 1 Mrd. Euro | |
1 Mrd. Euro oder mehr | |
keine Angabe |
Quellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
78 Prozent der Unternehmen haben Liquiditätsprobleme infolge der Corona-Pandemie.
Auf die genaue Analyse des Liquiditätsbedarfs kommt es an
Antwort auf die Frage: „Wie mindern Sie in Ihrem Unternehmen das Risiko von Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie?“; in Prozent der Befragten (nach Unternehmensgröße)¹, n = 125
¹Mehrfachantworten möglich ²Rest zu 125 = keine AngabeQuellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Supply Chain Finance stärkt die Lieferkettenfinanzierung
Mehr als die Hälfte der befragten Treasurer und Finanzentscheider aus Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 100 Millionen Euro gibt an, dass ihnen die aktuelle Corona-Pandemie die Schwachstellen in der Lieferkettenfinanzierung deutlich aufzeigt. Bei den großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Milliarde Euro sind es immerhin 48 Prozent.
Hier setzt Supply Chain Finance (SCF) an. Entlang der klassischen Lieferkette – Einkauf, Produktion, Distribution – werden mit Hilfe von SCF zusätzlich alle Geld-, Finanztransaktions- und Informationsflüsse prozessseitig koordiniert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Koordination der Finanztransaktionsflüsse und den notwendigen gemeinsamen Informationssystemen, die den Dienstleistungsfluss zwischen den Handelspartnern entlang der Lieferkette abbilden.
Aktuell nutzt bereits gut ein Viertel der befragten Unternehmen SCF, unter den großen Unternehmen sogar schon fast die Hälfte (46 Prozent). Für weitere 35 Prozent der Befragten ist die Einführung von SCF in ihrem Unternehmen interessant. Unter den kleineren Unternehmen, die bislang nur selten mit SCF arbeiten (7 Prozent), trifft das sogar auf gut die Hälfte zu.
34 befragte Unternehmen, die bereits SCF nutzen, sind überwiegend sehr zufrieden damit. 59 Prozent geben an, dass ihre Erwartungen erfüllt wurden. Für diese Unternehmen steht die Verbesserung des eigenen Cashflows und die Unterstützung sowie Absicherung der Lieferkette im Vordergrund.
„Die Einführung von SCF hat unsere Erwartungen übererfüllt. Die Digitalisierung unserer Prozesse, das schnellere Cash-in und die Benutzerfreundlichkeit überzeugen.“
27 Prozent sehen nur einen Teil ihrer Erwartungen durch die Einführung von SCF erfüllt. Sie bemängeln vor allem den aufwendigen Onboarding-Prozess und berichten, dass die Einführung länger dauerte, als sie zunächst erwartet hatten. 9 Prozent sind von der Einführung enttäuscht, vor allem weil die Lieferanten nicht mitgezogen haben und der eigene Einkauf den Vorteil von SCF noch nicht erkannt hat.
Das sogenannte Reverse Factoring ist ein wichtiger Bestandteil von SCF. Beim „herkömmlichen“ Factoring verkauft ein Unternehmen in seiner Rolle als Lieferant seine Forderungen gegenüber einem Kunden an ein Factoringinstitut. Im Gegensatz dazu organisiert beim Reverse Factoring ein Unternehmen in seiner Rolle als Abnehmer ein Factoring für ausgewählte Lieferanten. Das Reverse Factoring ist den meisten befragten Treasurern und Finanzentscheidern bekannt. Die Hälfte von ihnen hat sich bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt, ein weiteres Drittel weiß zumindest ungefähr, worum es dabei geht.
Tatsächlich genutzt wird Reverse Factoring bislang vor allem in großen Unternehmen. 22 Prozent der Befragten aus Unternehmen mit einem Umsatz von 1 Milliarde Euro und mehr geben an, dass das eigene Unternehmen diesen Lösungsansatz der Lieferkettenfinanzierung bereits nutzt. Weitere 15 Prozent weisen darauf hin, dass es bereits konkrete Pläne zur Einführung gibt.
Ein weiterer neuerer Lösungsansatz der Lieferkettenfinanzierung ist das Dynamic Discounting Im Gegensatz zum Reverse Factoring setzen die Abnehmer-Unternehmen hier eigene Liquidität ein, um Lieferanten früher zu bezahlen. Die Lieferanten können flexibel entscheiden, wann und welche Rechnungen früher bezahlt werden sollen. Je früher die Zahlung dabei angefordert wird, desto höher ist der Discount. Dabei profitieren die Lieferanten von einem sofortigen Zugang zu benötigter Liquidität und senken zusätzlich ihre Finanzierungskosten. Mit dem relativ neuen Instrument kennen sich die Befragten weniger gut aus. Nur ein Viertel hat sich mit Dynamic Discounting bislang intensiv beschäftigt. 38 Prozent geben an, keine Ahnung davon zu haben.
Entsprechend selten greifen die befragten Unternehmen derzeit auf diesen Lösungsansatz zurück. Nur 9 Prozent der Befragten aus Großunternehmen verwenden bereits Dynamic Discounting. Immerhin 22 Prozent planen aber bereits die Einführung.
Ein Drittel der Befragten wurde von Lieferanten um vorzeitige Bezahlung von Rechnungen gebeten.
Neue Lösungsan-
sätze in der Liefer-
kettenfinanzierung
Supply-Chain-Finance
SCF, auch Lieferkettenfinanzierung genannt, ist die unternehmensübergreifende technologiegestützte Optimierung von Finanzstrukturen und Finanzflüssen zur Maximierung der Rentabilität einzelner oder mehrerer Unternehmen einer Lieferkette. Die Lieferkettenfinanzierung ergänzt damit das Supply Chain Management (SCM), das sich primär mit der Optimierung der logistischen Prozesse in der Lieferkette beschäftigt.
Reverse Factoring
Ist ein Instrument für Supply Chain Finance. Hierbei übernimmt ein Zwischenfinanzierer die vorzeitige Bezahlung der Rechnungen der Lieferanten eines Unternehmens. Die Lieferanten profitieren von der meist besseren Bonität ihres Abnehmers. Dieser hat den Vorteil, dass er seine Zahlungsziele verlängern kann und erst später den Zwischenfinanzierer bezahlt.
Dynamic Discounting
Ist ein neuerer Lösungsansatz der Lieferkettenfinanzierung, bei dem Unternehmen ihre eigene Liquidität einsetzen, um Lieferanten früher zu bezahlen. Im Gegenzug erhalten sie von den Lieferanten einen Discount auf den Rechnungsbetrag. Die Lieferanten können flexibel entscheiden, wann und welche Rechnungen vorgezogen bezahlt werden sollen. Je früher die Zahlung dabei angefordert wird, desto höher ist der Discount.
Supply Chain Finance ist in großen Unternehmen bereits angekommen
Antwort auf die Frage: „Haben Sie in Ihrem Unternehmen bereits SCF eingeführt oder planen Sie dies?“; in Prozent der Befragten (nach Unternehmensgröße), n = 125
¹Rest zu 125 = keine AngabeQuellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Viele Gründe sprechen für Supply Chain Finance
Die Gründe für die Einführung von Supply Chain Finance sind aus Sicht der Befragten vielfältig. Die Working-Capital-Optimierung und verlängerte Zahlungsziele stehen dabei an erster Stelle. Während die kleineren und mittleren Unternehmen die Liquiditätssicherung an zweiter Stelle sehen, ist für die großen Unternehmen der Befragung die Absicherung der Lieferkette entscheidender. Großunternehmen tun sich oft schwer, kurzfristig auf neue Lieferanten umzusteigen. Denn Zulieferer müssen sorgfältig ausgewählt werden, um Produktstandards und Compliance-Richtlinien einzuhalten. Zeitaufwendige und detaillierte Ausschreibungen, Wettbewerbe und Submissionen gehen jedem neuen Kooperationsvertrag voraus.
Für gut ein Viertel der Befragten ist die Erhöhung der Transparenz in der Lieferantenbeziehung eine weitere wichtige Chance, die sich durch SCF eröffnet. Durch die Automation und Digitalisierung der Prozesse erhalten viele erstmals einen einfachen Überblick über alle Rechnungen und Finanzierungsbedingungen.
„Die Prozesse im Forderungsverkauf laufen seit der Einführung von SCF automatisiert.“
Die Automatisierung der Prozesse in der Lieferkettenfinanzierung hat für Treasurer und Finanzentscheider eine sehr große Bedeutung. Befragt nach den Faktoren, die ihnen bei der Auswahl einer SCF-Lösung besonders wichtig sind, stehen die Integration in ihr ERP-System und die Automatisierung der Prozesse an erster Stelle (80 Prozent). Die Nutzerfreundlichkeit und geringe Kosten im laufenden Betrieb haben ebenfalls einen großen Stellenwert. Immerhin die Hälfte der Befragten möchte mit SCF die Abhängigkeit von Banken reduzieren.
Wichtige Faktoren bei der Auswahl einer SCF-Lösung
- Automatisierung der Prozesse/ERP-Integration
- Benutzerfreundlichkeit
- geringe Kosten im laufenden Betrieb
Verlängerte Zahlungsziele und Liquiditätssicherung stehen bei SCF im Vordergrund
Antwort auf die Frage: „Was denken Sie, welche Chancen eröffnen sich generell durch SCF?“; in Prozent der Befragten¹, n = 125
¹Mehrfachnennung möglich
Quellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Der Digitalisierungsgrad ist entscheidend
Die Einführung von Supply Chain Finance lässt sich aber nicht über Nacht realisieren – ob bilateral mit einer Bank oder mit einer Fintech-Plattform. Für Letzteres ist eine wichtige Voraussetzung, dass der Digitalisierungsgrad des Unternehmens eine Kooperation bereits ermöglicht. Das ist bei weniger als der Hälfte der Unternehmen mit einem Umsatz von unter 100 Millionen Euro der Fall. Die Befragten aus diesen Unternehmen geben an, dass SCF für sie interessant wäre, aber der Digitalisierungsgrad hier noch nicht ausreicht. Bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 100 Millionen und 1 Milliarde Euro trifft das nur noch auf 36 Prozent zu. Hingegen spricht in lediglich 14 Prozent der umsatzstärksten befragten Unternehmen der eigene Digitalisierungsgrad gegen die Einführung von SCF.
Die Einführung einer SCF-Lösung betrifft nicht allein das Treasury eines Unternehmens. Die befragten Nutzer von SCF geben an, dass der Einkauf und die Buchhaltung bei einem solchen Vorhaben besonders gefordert sind und auch die IT eingebunden werden muss.
SCF-Lösungen werden sowohl von klassischen Banken als auch von neuen Plattformanbietern auf den Markt gebracht. Die befragten Treasurer und Finanzentscheider präferieren hier klar Plattformlösungen. 42 Prozent würden eine reine Plattformlösung bevorzugen, während sich 34 Prozent für eine hybride Lösung aussprechen. Lediglich 14 Prozent würden auf eine reine Bankenlösung setzen.
Für 53 Prozent der Unternehmen mit einem Umsatz von unter 100 Millionen Euro wäre SCF interessant, ihr Digitalisierungsgrad lässt jedoch die Kooperation mit Plattformen noch nicht zu.
Plattformlösungen bevorzugt
Antwort auf die Frage: „Stellen Sie sich vor, Sie planen aktuell die Einführung von SCF. Welche Vorgehensweise würden Sie aus heutiger Sicht bevorzugen?“; in Prozent der Befragten, n = 125
Quellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Teil 2: Nachhaltigkeit in der Lieferkette durch Sustainable Supply Chain Finance
Unternehmen können die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette verbessern, indem sie im Rahmen von Supply Chain Finance Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Lieferanten finanziell incentivieren. Noch ist das für viele Zukunftsmusik, aber erste Unternehmen setzen dies bereits um. Die fehlende Standardisierung von Nachhaltigkeitskriterien ist dabei noch eine große Herausforderung.
Neben dem Liquiditätsmanagement und der Absicherung der Lieferketten in Corona-Zeiten beschäftigen sich immer mehr Unternehmen mit Nachhaltigkeit. In der Produktion (56 Prozent) und im Einkauf (53 Prozent) der befragten Unternehmen spielt Nachhaltigkeit derzeit am häufigsten eine Rolle. Mehr als ein Drittel der Befragten gibt an, dass auch im Bereich Finanzierung auf Nachhaltigkeit geachtet wird, beim Lieferantenmanagement sind es sogar 43 Prozent. Lediglich 7 Prozent der befragten Unternehmen thematisieren Nachhaltigkeit derzeit in keinem Organisationsbereich.
Große Vielfalt an Nachhaltigkeitszielen
Klassische Nachhaltigkeitsziele wie die Reduktion des CO2-Ausstoßes und die Verbesserung der Material- und Energieeffizienz sind den Befragten im Hinblick auf ihre Lieferketten am wichtigsten. Für Unternehmen mit einem Umsatz von unter 1 Milliarde Euro ist der effizientere Material- und Energieverbrauch das zukünftig wichtigste Nachhaltigkeitsziel in der Lieferkette. Auch die Einhaltung der Menschenrechte und humane Arbeitsbedingungen spielen für die Befragten eine große Rolle.
Je größer die Unternehmen der Befragten, desto wichtiger erachten sie die Transparenz als zukünftiges Nachhaltigkeitsziel für Lieferketten. Die Stabilität der Lieferanten ist ein weiterer wesentlicher Nachhaltigkeitsfaktor.
Aktuell spielen Nachhaltigkeitsratings in den befragten Unternehmen offenbar noch keine große Rolle: Aber ein Drittel der Befragten gibt an, dass die Verbesserung des Nachhaltigkeitsratings ein zukünftig wichtiges Nachhaltigkeitsziel für Lieferketten ist.
In 93 Prozent der Unternehmen spielt Nachhaltigkeit derzeit zumindest in einem Unternehmensbereich eine Rolle.
Große Unternehmen legen Wert auf Transparenz in der Lieferkette
Antwort auf die Frage: „Welche Nachhaltigkeitsziele für Lieferketten erachten Sie persönlich als zukünftig wichtig?“; in Prozent der Befragten (nach Unternehmensgröße)¹, n = 125
¹Mehrfachantworten möglich ²Rest zu 125 = keine AngabeQuellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Sustainable Supply Chain Finance ist Zukunftsthema
Mit Sustainable Supply Chain Finance (SSCF) können Unternehmen den Lieferanten, die ökologische und soziale Standards erfüllen, Vorzugskonditionen einräumen. Damit sichern sie nicht nur die Stabilität ihrer Lieferkette, sondern verbessern auch ihre eigene Öko- und Sozialbilanz. Auf diese Weise können sie zusätzlich dem geplanten Lieferkettengesetz gerecht werden.
Bislang ist die Incentivierung von Nachhaltigkeit über die Lieferkettenfinanzierung für Treasurer und Finanzentscheider noch Neuland. Nur 6 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Kenntnisstand zu diesem Thema sehr hoch ist. Weniger als ein Drittel spricht zumindest von einem hohen Kenntnisstand.
Ganz unbekannt ist das Thema aber nicht: Lediglich 19 Prozent räumen ein, gar kein Wissen über die Möglichkeiten zur Verbesserung von Nachhaltigkeitsleistungen in der eigenen Lieferkette mittels Supply Chain Finance (SCF) zu haben. Auch wenn Befragte aus großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Milliarde Euro bereits deutlich häufiger mit SCF arbeiten, ist ihr Kenntnisstand zu SSCF nicht höher als der von Finanzentscheidern aus kleineren Unternehmen.
Aufgrund des allgemein geringen Kenntnisstands verwundert es nicht, dass ein Drittel der Befragten keine Angabe dazu macht, ob sie über SSCF Nachhaltigkeitsaspekte in der Lieferkette incentivieren würden.
Dennoch kann sich knapp die Hälfte der Befragten vorstellen, SSCF für diesen Zweck einzusetzen. Die Unternehmen von 4 Prozent dieser Befragten haben bereits Nachhaltigkeitskriterien in ihr SCF aufgenommen, weitere 26 Prozent planen dies. Bei den befragten Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 1 Milliarde Euro steht bereits ein Drittel in den Startlöchern. SSCF steckt zwar noch in den Kinderschuhen, es gibt aber zunehmend Unternehmen, die damit die Nachhaltigkeit in der Lieferkette absichern.
Sustainable Supply Chain Finance (SSCF)
ist eine Sonderform des Supply Chain Finance, bei der die Finanzierungskonditionen an die Nachhaltigkeit des Lieferanten, beispielsweise an sein ESG-Rating, gekoppelt sind.
Ein Drittel der Befragten, die sich vorstellen können, über Supply Chain Finance Nachhaltigkeitsaspekte zu incentivieren, plant bereits die konkrete Umsetzung.
Für die Hälfte der Befragten ist die Incentivierung von Nachhaltigkeit mittels SSCF denkbar
Antwort auf die Frage: „Können Sie sich vorstellen, über Sustainable Supply Chain Finance Nachhaltigkeitsaspekte in der Lieferkette zu incentivieren?“; in Prozent der Befragten, n = 125
¹Rest zu 125 = keine AngabeQuellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Standardisierung von Nachhaltigkeitskriterien steht noch aus
Durch die finanzielle Icentivierung von Nachhaltigkeit im Rahmen von SCF erwartet mehr als die Hälfte der Befragten eine deutliche Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Doch die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien in das SCF stellt Unternehmen derzeit noch vor einige Herausforderungen. Der Hälfte der Befragten – die Unterschiede zwischen den einzelnen Befragungsgruppen sind hier gering – fehlt es an einer einheitlichen Definition von Nachhaltigkeit. Damit geht auch die Schwierigkeit einher, die richtigen Kennzahlen zur Messung von Nachhaltigkeit zu definieren. Dies ist derzeit noch ein grundlegendes Problem. Damit ökologische und soziale Belange in der Unternehmensführung gleichberechtigt neben ökonomischen Faktoren stehen, muss Nachhaltigkeit auch jenseits der CSR-Abteilungen ankommen. Für Großunternehmen, aber auch für KMU sind Nachhaltigkeitsberichte heute nichts Ungewöhnliches. Die Qualität der Berichte variiert jedoch stark, denn einheitliche Richtlinien existieren dazu noch nicht.
Außerdem sehen fast vier von zehn Befragten in der Bereitschaft der Lieferanten, sich auf eine solche Incentivierung der Nachhaltigkeit einzulassen, eine große Herausforderung. Hier ist offensichtlich noch Informationsbedarf vorhanden.
54 Prozent der Befragten erwarten, dass durch eine finanzielle Incentivierung im Rahmen von Supply Chain Finance die Nachhaltigkeit in der Lieferkette einen substantiellen Schub bekommt.
Lieferanten müssen überzeugt werden
Antwort auf die Frage: „Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Implementierung eines Sustainable-Supply-Chain-Finance-Programms?“; in Prozent der Befragten¹, n = 125
¹Mehrfachnennungen möglich ²Rest zu 125 = keine Angabe Quellen: DerTreasurer/F.A.Z. Business Media | research, Traxpay
Supply Chain Finance und Sustainable Supply Chain Finance sind Zukunftsthemen im Treasury
Die Befragung zeigt, dass in Zeiten der Corona-Pandemie die Möglichkeiten des Liquiditätsmanagements und der Absicherung von Lieferanten durch SCF in den Unternehmen wahrgenommen werden. Aber es ist auch klar, dass nur Unternehmen mit einem gewissen Digitalisierungsgrad die Vorteile von SCF nutzen können. Deshalb findet man bislang SCF-Lösungen vor allem in großen Unternehmen.
Die Möglichkeiten, die SSCF zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette bietet, sind vielen Unternehmen noch gar nicht bekannt. Doch mit dem geplanten Lieferkettengesetz werden Unternehmen verpflichtet, hier neue und messbare Ansätze zu finden. SSCF ist eine Lösung, die in diesem Zusammenhang bereits eine wachsende Aufmerksamkeit in den Unternehmen erfährt.