„Pensionsanleger verschenken Rendite“, meint Tobias Bockholt von Willis Towers Watson.

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21.01.22
Asset Management

„Pensionsanleger verschenken Rendite“

Schöpfen Investoren bei der langfristigen Geldanlage alle Möglichkeiten aus? Tobias Bockholt von Willis Towers Watson bezweifelt das und beklagt den Lemmingeffekt.

Die Suche nach Rendite ist im Niedrigzinsumfeld kein Selbstläufer. Viele Pensionsanleger haben bereits reagiert und ihre Portfoliokonstruktion angepasst. Doch einige verschenken laut Tobias Bockholt, Leiter Investmentconsulting von WTW, immer noch Rendite. „Das sieht man speziell bei den unregulierten Pensionsanlegern, also beispielsweise CTA-Strukturen“, erklärt der Experte. 

Woran macht er das fest? Die Renditeerwartungen der regulierten und der unregulierten Investoren liegen über die nächsten zehn Jahre erstmals gleichauf bei 2 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von Willis Towers Watson. „Bislang waren die Renditeerwartungen der unregulierten Investoren immer höher“, ergänzt er. Bockholt liest daraus ab, dass die regulierten Investoren sich innerhalb ihres regulatorischen Korsetts weiterentwickelt haben. Die unregulierten würden ihre Freiheiten dagegen nicht voll nutzen.

Zwar haben die Investoren in den vergangenen Jahren stärker auf Alternatives und illiquide Assetklassen gesetzt, aber für den Experten reicht das noch nicht aus. „Die Portfolien haben immer noch einen sehr großen Fokus auf europäische und globale Anleihen“, sagt Bockholt. Laut der Umfrage liegt der Anleiheanteil derzeit bei unregulierten Investoren bei 57 Prozent.

Investoren setzen immer auf die gleichen Alternatives

Bei den alternativen Anlagen (5 Prozent) kritisiert Bockholt einen Lemmingeffekt. Die Investoren setzten sehr stark darauf, was gerade en vogue ist und gingen mit dem Markt. „Auf Treasurer-Stammtischen hören die Verantwortlichen, was andere machen, und orientieren sich daran.“ Ein Beispiel: Private Equity. „Dieses Segment dominiert im Alternatives-Bereich weiterhin, es wurde extrem stark beworben.“ Doch inzwischen sollten sich Investoren durchaus fragen, ob PE-Fonds die enormen Zuflüsse überhaupt noch sinnvoll investieren könnten. Bockholt sieht Private Debt oder Equity-Investitionen in Infrastrukturprojekte deutlich unterrepräsentiert.

Das größte Problem für die Anleger sei die Governance. Es gebe Dax-Konzerne, die über sehr gute Strukturen verfügen. „Andere dagegen haben inhouse nicht die Ressourcen, verschiedene Assetklassen genau zu verstehen und risikotechnisch abbilden zu können“, so Bockholt. Er sieht dadurch für sein Haus auch Geschäftschancen: „Der Trend dazu, Expertise von außen dazuzukaufen, wird weitergehen.“ Er erwartet, dass die unregulierten Investoren ihre Anlagefreiheiten in den kommenden Jahren stärker nutzen und auch wieder mehr Rendite als die regulierten Investoren einfahren werden.