Banken unterschätzen Bedrohung durch PSD2

Die europäische Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 hat signifikante Folgen für die Bankenwelt. Die Kreditinstitute könnten infolge der ab 2018 geltenden neuen Vorgaben, Kunden an Wettbewerber, aber auch an Internetunternehmen, bankfremde Zahlungsdienstleister, Händler und FinTechs verlieren. Das hätte deutliche Ertragseinbußen zur Folge. Diese Gefahren, aber auch die damit verbundenen Chancen auf zusätzliches Geschäft haben mehr als die Hälfte der Banken noch nicht identifiziert. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Cofinpro unter 138 Bankern, Beratern und FinTech-Vertretern.

PSD2 soll Zahlungsverkehr effizienter und kostengünstiger machen

Die neue Zahlungsdiensterichtlinie stellt nicht nur Banken, sondern auch bankfremde Zahlungsdienstleister wie FinTechs unter Aufsicht und soll die Innovationskraft, den Wettbewerb und die Sicherheit im Zahlungsverkehr erhöhen. Die Banken sind im Zuge dessen gezwungen, Wettbewerbern Zugriff auf Konten und Daten ihrer Kunden zu geben. Zweidrittel der von Cofinpro Befragten sehen in dieser Vorgabe eine große oder sogar sehr große Gefahr für die Banken. Sie könnten den direkten Kundenzugang verlieren.

Abwarten sei deshalb der falsche Weg: 93 Prozent der Experten glauben, dass Banken mehr tun sollten, als das Gesetz mit minimalem Aufwand umzusetzen. Die Finanzinstitute müssten sich strategisch auf die PSD2 vorbereiten. Das machen bislang jedoch nur einige wenige Großbanken.

PSD2 kann auch Geschäft im Wertpapier- und Kreditbereich bedrohen

Doch nicht nur der Zahlungsverkehr ist durch die PSD2 betroffen. 80 Prozent der von Cofinpro befragten Experten glauben, dass mittel- bis langfristig auch das Geschäft der Banken im Wertpapier- und Kreditbereich bedroht sein könnte. Die Konkurrenz kommt dabei nicht allein von anderen Kreditinstituten. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer sehen vor allem Internetunternehmen wie Google und Apple (85 Prozent), aber auch Online-Händler wie Amazon und Ebay sowie FinTechs (jeweils 78 Prozent) als neue Rivalen der Banken an.

Der mögliche Geschäftsverlust hätte signifikante Ertragseinbußen zur Folge. Die PSD2-Einführung könnte die etablierten Banken im Privatkundengeschäft bis zu 40 Prozent ihres Gewinns kosten, ergab eine Studie der Beratung Roland Berger zu Beginn dieses Jahres. Auch bei den Firmenkunden dürfte es zu deutlichen Einbußen kommen.

Um gegenüber den alten und neuen Konkurrenten bestehen zu können, sind die Banken nun gefordert, die sich im Zuge von PSD2 ergebenden neuen Möglichkeiten als Chance zu begreifen. 72 Prozent der befragten Bankexperten glauben deshalb auch, dass PSD2 den Kreditinstituten neue Geschäftspotenziale erschließt. Partnerschaften mit FinTechs sind dabei ein möglicher Weg.

Für Treasurer ist die PSD2 ebenfalls relevant

Neben der Verpflichtung der Banken, die Kontodaten ihrer Kunden auch Drittanbietern zugänglich zu machen, stehen bei den Treasurern noch zwei andere Neuerungen infolge von PSD2 im Fokus:  Die Zwei-Faktor-Authentifizierung, die die Sicherheit im Zahlungsverkehr erhöhen soll und die schnellere Gutschrift bei Fremdwährungszahlungen. Nach Inkrafttreten von PSD2 müssen Banken eingehende Zahlungen in Fremdwährungen spätestens einen Tag nach Zahlungseingang auf Kundenkonten gutschreiben und spätestens nach der Währungskonvertierung wertstellen.

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Sabine Paulus ist Redakteurin bei DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Finanzierung, Fintechs sowie Personal und Organisation im Treasury.