Wird der Flickenteppich der deutschen Bezahlsysteme vereinheitlicht? Medienberichten zufolge scheinen sich die deutschen Banken zusammenzutun um den Big Techs die Stirn zu bieten.

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23.07.19
Cash Management & Zahlungsverkehr

Banken wollen Google und Apple Paroli bieten

Die deutsche Banken wollen sich zusammenraufen und ein gemeinsames Bezahlangebot entwickeln. Reicht das aus, um dem Vormarsch der amerikanischen Tech-Giganten im deutschen Zahlungsverkehr Einhalt zu gebieten?

Es kommt Schwung in die Welt der Zahlungssysteme: Wie das Handelsblatt berichtet, planen die deutschen Banken ein gemeinsames neues Bezahlangebot unter dem Arbeitstitel „X-Pay“. Ziel des Unterfangens, so das Handelsblatt, sei es die vielen verschiedenen und unübersichtlichen Angebote der Banken und Sparkassen zu bündeln und ein gemeinsames Bezahlsystem zu etablieren. Damit wollen die Häuser den auf den deutschen Zahlungsverkehrsmarkt drängenden Tech-Giganten wie Google und Apple die Stirn bieten.

Allerdings ist man sich in der Branche offenbar noch nicht darüber einig, wie der Weg hin zum einem gemeinsamen System aussehen soll. Laut Handelsblatt sind zwei Varianten denkbar: In Variante eins legen die privaten und genossenschaftlichen Banken sowie die Sparkassen ihre unterschiedlichen Bezahlangebote stufenweisen zusammen und bieten den Kunden ein gemeinsames neues Produkt an. Variante zwei entspricht dem genauen Gegenteil: Jeder baut sein Angebot zunächst für sich weiter aus, später werden diese in „X-Pay“ zusammengeführt.

In der deutschen Zahlungslandschaft herrscht Wildwuchs

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die Dachorganisation der deutschen Bankenverbände, wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Auf Nachfrage von DerTreasurer erklärte die DK lediglich, „Banken und Sparkassen arbeiten im Bereich Zahlungsverkehr schon lange erfolgreich zusammen“. Man werde sich auch künftig austauschen.

Richtig ist, dass es mit Paydirekt bereits seit 2015 ein gemeinsames Online-Bezahlverfahren deutscher Banken und Sparkassen gibt. Allerdings findet diese Lösung, die die Banken als Antwort auf Paypal aufgelegt hatten, wenig Zuspruch bei Verbrauchern und Händlern. Mit dem Handy-zu-Handy-Zahlverfahren „Kwitt“ wiederum können sich nur Kunden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegenseitig Geld schicken.

Bei der Entwicklung von „X-Pay“ setzen die Banken nun laut Handelsblatt auch auf die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2. Über die offene Schnittstellen (APIs), die Banken ab dem 14. September bereit stellen müssen, soll das Bezahlsystem an die einzelnen Finanzinstitute angebunden werden. Die APIs ermöglichen es auch Drittanbietern, Zahlungen von Bankkonten auszulösen und erleichtern so den Datenaustausch.

Bundesbank fordert eine europäische Bezahllösung

Die Idee einer gemeinsamen, perspektivisch sogar europäischen, Bezahllösung dürfte auch bei den Regulatoren auf offene Ohren stoßen: Der für Zahlungsverkehr zuständige Bundesbankvorstand Burkhard Balz hatte die Banken zuletzt mehrfach aufgefordert, europäische Mobile-Payment-Lösungen zu schaffen. Zugleich warnte er offen vor einer Dominanz amerikanischer oder chinesischer Digitalkonzerne im hiesigen Zahlungsverkehr.

Auch bei B2C-Unternehmen dürften die Banken mit ihren Plänen offene Türen einrennen. Denn die Kooperation mit Apple und Co. ist für deutsche Unternehmen ein zweischneidiges Schwert. Zwar sehen sich viele Firmen gezwungen, diese Bezahlverfahren anzubieten, weil sie für den Kunden bequem sind.

Für die Unternehmen haben sie aber auch ihre Schattenseiten: Zum einen sind die digitalen Bezahlverfahren der GAFAs oftmals kreditkartenbasiert und daher für Händler teurer als das Girocard-Verfahren. Zum anderen vergrößern die Big-Techs dadurch ihr Quasi-Datenmonopol immer weiter, um durch die Analyse der gewonnen Kundendaten ihr Angebot zu erweitern.

Lufthansa wagt erste Schritte in Bank-Territorium

Jenseits der Banken haben vereinzelte Unternehmen bereits begonnen  gegen die Vorherrschaft von Google und Co. Widerstand zu leisten. So hat als eines der ersten großen deutschen Unternehmen die Lufthansa im Juni eine eigene Multibanking-App namens „Miles & More Finance Plus“ auf den Markt gebracht. Damit erweitert der Dax-Konzern die Funktionalität seines Bonusprogramms Miles & More, um sich so den direkten Zugang zu weiteren Kundendaten zu sichern.

Anfang Juli wurde zudem bekannt, dass die Supermarktkette Lidl derzeit daran arbeitet, ein Smartphone-Bezahlsystem aufzubauen.


ploner[at]dertreasurer.de

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