Der digitale Euro kommt. In welcher Form, wird noch diskutiert.

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22.06.23
Cash Management & Zahlungsverkehr

Das Projekt digitaler Euro nimmt Fahrt auf

Die EZB will das digitale Zentralbankgeld so bald wie möglich einführen. Bankenverbände sind darüber nicht erfreut.

Nach zweijähriger Entwicklungsphase werden die Überlegungen nun konkret: Der digitale Euro, auch bekannt als Central Bank Digital Currency (CBDC), kommt. Das geht aus einem Gesetzesentwurf der EU-Kommission hervor, über den mehrere Medien berichteten. Das Papier soll während eines Treffens der Eurogruppe vergangene Woche durchgesickert sein, berichtet die FAZ. Dort informierten demnach die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, und mehrere Kommissionsvertreter die Eurofinanzminister über den Stand der Pläne.

Den Überlegungen zufolge soll der digitale Euro eine Ergänzung zu etablierten Bezahlverfahren werden. Die CBDC ist demnach vor allem als Ergänzung zum Bargeld anzusehen, wie in dem Gesetzesentwurf betont wurde. Ende des Monats will die EU-Kommission ihren Entwurf offiziell vorstellen. 

CBDC: Nutzen für Treasurer zunächst überschaubar

Die EU-Pläne scheinen sich vor allem auf Endverbraucher zu konzentrieren. Händler müssten den digitalen Euro nach Einführung als Zahlungsmittel akzeptieren. Vorgesehen ist eine noch nicht definierte Obergrenze. Als realistische Zahl gelten 3.000 Euro pro Transaktion.

Für das Corporate Treasury dürften sich somit zunächst einmal Veränderungen im B2C-Geschäft ergeben. Mit dem digitalen Euro käme neben PayPal, Kreditkarten, Google Pay, Apple Pay & Co. eine weitere Zahlungsmöglichkeit hinzu. Beim B2B-Geschäft sieht das anders aus. Potentielle Vorteile für das Cash Management oder den Zahlungsverkehr wären durch eine niedrige Obergrenze voraussichtlich eingeschränkt. Immerhin: Durch die Einführung des digitalen Euro würde die EU eine Grundlage für später vielleicht mögliche, größere Transaktionen schaffen.

EZB will europäische Lösung für Zahlungsabwicklung

Hintergrund des digitalen Euro ist, dass Bargeld das bislang einzige gesetzlich frei zugänglich Zahlungsmittel ist. Gleichzeitig zahlen Bürger und Bürgerinnen in der Europäischen Union immer häufiger online. Um solche Zahlungen abzuwickeln, existiert ein ganzes Sammelsurium an Dienstleistern, von Banken bis zu Zahlungsdienstleistern wie Visa oder Paypal.

„Den Markt für digitale Bezahllösungen beherrschen große Unternehmen, die von außerhalb Europas operieren“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ einen EU-Beamten, der mit dem digitalen Euro befasst ist. „Und innerhalb der EU gibt es einen Flickenteppich aus nationalen Bezahlsystemen.“ Die EU will daher eine eigene, vertrauenswürdige Alternative einführen.

Dass sich in der Finanzbranche, die derzeit Zahlungsabwicklung anbietet, Widerstand formiert, ist kaum verwunderlich. Die Angst: Bürger könnten eine Wallet direkt bei der Notenbank haben und bräuchten entsprechende Services nicht mehr von anderen Anbietern. Die EZB will diesen Befürchtungen gleich entgegnen: „Eine vertragliche Beziehung zwischen den Nutzern des digitalen Euro und der Europäischen Zentralbank ist ausgeschlossen“, heißt es nun den Berichten zufolge im Entwurf. „Digital-Euro-Nutzer können eines oder mehrere digitale Euro-Zahlungskonten haben, die bei demselben oder bei anderen Dienstleistern geführt werden.“

Bankenverbände kritisieren den Entwurf

Dennoch zeigten sich Bankenverbände zuletzt besorgt. Die deutschen Sparkassen etwa übte vor dem Durchsickern des Entwurfs Kritik, da sie fürchten, dass sich mit der Digitalwährung ein neues Zahlungsverfahren etabliert und das bestehende System der Banken angreift. „Ein weiteres Zahlungssystem, das Gleiches leistet und in Konkurrenz zu europäischen Marktteilnehmern treten würde, ist überflüssig“, raunt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in einem Positionspapier.

Die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken sorgen sich vor allem um die kleineren Institute, die in Existenznot geraten könnten. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die ihr Bundesverband BVR unter den rund 700 Mitgliedsbanken durchgeführt hat. Bei einer Obergrenze von 3.000 Euro würden demnach nur 56 der Institute noch die gesetzlich vorgeschriebenen Liquiditätspuffer vorhalten können, rechnet der Lobbyverband vor. Denn Kunden könnten Gelder von ihren Bankkonten transferieren, wenn sie den digitalen Euro direkt bei der EZB halten. Zumindest hier lässt sich auf Basis des Entwurfs Entwarnung geben.

Weitere Details über die Pläne zum digitalen Euro dürften bald bekanntwerden. Der EZB-Rat, die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament müssen den Entwurf noch durchwinken. Parallel dazu entscheidet der EZB-Rat voraussichtlich im Oktober, ob die Notenbank die nächste Projektphase für den digitalen Euro einläutet. Die Einführung des digitalen Euro könnte dann 2026 beginnen.

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