Das war der Cash Management Campus 2023 in Köln.

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22.06.23
Cash Management & Zahlungsverkehr

Das war der Cash Management Campus 2023

Geopolitische Risiken, Inflation, Zinsen, Cybercrime – darüber diskutierte die Treasury-Community auf dem 11. Cash Management Campus. Ein Thema stach besonders heraus.

Zum elften Mal folgten rund 150 Treasurer und Cash Manager am 20. Juni dem Ruf nach Köln zum jährlichen Cash Management Campus. Auf der Veranstaltung, die DerTreasurer gemeinsam mit der BNP Paribas durchführt, diskutierten die Teilnehmer über die mannigfaltigen, aktuellen Krisenherde und deren Auswirkungen auf das Treasury.  

Eine gute Nachricht zu Beginn: Das Bankenbeben aus dem Frühjahr 2023 ist weitgehend verarbeitet. Die absolute Mehrheit der teilnehmenden Treasurer fühlt sich im Hinblick auf die Stabilität ihrer Bankpartner „sicher“ beziehungsweise „sehr sicher“, wie eine Live-Umfrage in der Auftaktdiskussion ergab. 

Keine Finanzkrise 2.0

Dennoch seien die Unruhen im Finanzsektor in so mancherlei Hinsicht ein wichtiger „Wachrüttler“ gewesen. Insbesondere hätten sie die essentielle Bedeutung von Treasury-Kernaufgaben wie dem Management von Kontrahentenrisiken oder Relationship Banking eindringlich vor Augen geführt. An der Runde nahmen Nicole Besemer (All for One Group), Melanie Prang (Qiagen), Peter Radtke (Kuka) sowie Andrej Ankerst (BNP Paribas) teil.  
 
Kein Ende in Sicht ist dagegen bei einer anderen Herausforderung: Aus Treasury-Sicht habe sich dabei vor allem die massive Beeinträchtigung globaler Lieferketten als Stresstest erwiesen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns jemals so intensiv mit Working-Capital-Finanzierungsstrukturen auseinandergesetzt haben“, berichtet ein Treasury-Chef. Grundsätzliches Learning daraus müsse es sein, das Finanzierungsportfolio möglichst breit aufzustellen. „Wir haben uns in den vergangenen Monaten beispielsweise intensiv mit Reverse Factoring beschäftigt“, erzählt ein Treasurer.  

Zweigeteilter Blick auf die Zinswende

Ebenfalls diskutiert wurde die Zinswende, die die EZB mit rasanter Geschwindigkeit durchgeführt hat. Das Treasury könnte davon unterm Strich sogar profitieren: So hätten Banken in Nullzins-Zeiten aus Mangel an Alternativen gewaltig an der Preisschraube vieler Standard-Treasury-Dienstleistungen gedreht, heißt es. Dieser Trend sei nun gestoppt. Zudem eröffneten sich auf der Anlageseite derzeit wieder ganz neue Möglichkeiten.  
 
Klar zum Ausdruck kam bei der Diskussion aber auch, dass die steigenden Zinsen gerade beim Thema Finanzierung eine echte Herausforderung für das Treasury sind: Vorbei die Zeiten, in denen Neufinanzierungen mehr oder weniger ein Selbstläufer waren. Stattdessen müssten die Zinsmärkte wieder aufmerksam gescreent werden – Fehleinschätzungen oder ein unglückliches Timing könnten hier wieder richtig Geld kosten. 

So schützt sich das Treasury gegen Cyberattacken

Am heißesten wurde auf dem Cash Management Campus in diesem Jahr das Thema „Cybersecurity“ diskutiert. Das hat sich zu einem echten Massenphänomen entwickelt. Einige Betroffene berichteten im Rahmen eines Workshops mit Andrej Ankerst, Head of Cash Management Germany, Switzerland & Austria von BNP Paribas darüber, wie die ersten Schritte nach der Cyberattacke bei ihnen aussahen und welche Schritte zur Vorbereitung für den Fall der Fälle wichtig sind.

Die anwesenden Treasurer arbeiteten gemeinsam an einer Checkliste dafür, die DerTreasurer ausarbeiten und in Kürze veröffentlichen wird. Das Besondere: Inzwischen gehen Betroffene offen mit den Vorfällen um und berichten über ihre Erfahrungen. Hier gilt es, dass die Branche zusammenkommt und Wissen teilt.

Nach ISO: Neuigkeiten bei Swift

Auch klassische Cash-Management-Themen wurden diskutiert: Ralf Klein, Senior Account Director Corporates von Swift, brachte Neuigkeiten von dem Finanznachrichtendienstleister mit. Nach dem Start der Migrationsphase zu ISO 20022 für Crossborder-Payments plant Swift weitere Funktionen für Firmenkunden. So wird nun der Transaction Manager erweitert. Swift plant, beispielsweise Sanction Screening über den Transaction Manager anzubieten. Auch die API-Strategie für Corporates soll um einige Services wie Instant Cash Reporting erweitert werden. Dazu hat Swift kürzlich ein Pilotprojekt gestartet.  
 
Nach der Mittagspause folgte der traditionelle makroökonomische Ausblick von Spyros Andreopoulos, dem Senior European Economist der BNP Paribas. Er ordnete die Nachrichten zur technischen Rezession in den vergangenen Monaten ein und konnte in dieser Hinsicht etwas Entwarnung geben. Zudem erläuterte er die aktuelle Entwicklung der Inflation. Kernaussage: Während die Energiepreise als Treiber für die Inflation zunehmend wegfielen, würden unter anderem die tariflichen Lohnerhöhungen in der Eurozone und steigende Margen der Unternehmen die Teuerungsrate hochhalten. Für die Zentralbank bleibt daher noch einiges zu tun.  

Digitales Cash Management in der Praxis

In mehreren Vorträgen ging es außerdem um das Thema Digitalisierung. Ingo Schneider, Manager ePayments bei Bosch, berichtete im Workshop mit Thede Consulting über die Einführung einer zentralisierten Payment-Lösung. In diesem Zusammenhang wurde auch darüber diskutiert, welche Rolle das Treasury bei Projekten im Bereich digitale Geschäftsmodelle spielt. Zudem präsentierte Nomentia einige Praxisbeispiele für ungenutztes Optimierungspotential im Cash Management aus den Bereichen Bankkonten-Management, Intercompany-Finanzierung und Benutzerverwaltung.   
 
Praktische Orientierung bot außerdem ein Vortrag zu der Frage „Welche Punkte gilt es bei der TMS-Auswahl zu beachten?“. Angesichts der Fülle an Systemanbietern keine einfach zu beantwortende Frage. Interims-Treasurer Alexander Spieker stellte dafür einen detaillierten Anforderungskatalog aus operativer Sicht vor.  

Fachkräftemangel im Treasury

Erstmals auf dem Programm des Cash Management Campus stand zudem das Thema Fachkräftemangel. Heinrich Degenhart, Sprecher des Präsidiums des Verbandes Deutscher Treasurer, diskutierte mit Christian Aue, Vice President Corporate Finance & Treasury bei Dürr und Personalberater Rudolf Schlett von der gleichnamigen Personalberatung über die Problematik.  

Wie schwer wiegt das Problem? Mittelweile würden auch Junior und Senior Vice Treasurer mittels Personalberatung gesucht, erklärte Berater Schlett. Er empfahl den Teilnehmern das Thema Rekrutierung zur Chef- oder Chefinnensache zu machen und den Prozess nicht zu lange hinzuziehen. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Universität. Doch in den dortigen Lehrplänen ist Treasury häufig kaum zu finden. Um geeigneten Nachwuchs zu entwickeln, müssten die Unternehmen mehr zusammenarbeiten, so ein Aufruf aus der Runde.

brendel[at]dertreasurer.de