Der Energieversorger E.on will KYC-relevante Informationen künftig nur noch elektronisch an die Banken übermitteln.

E.on

19.11.18
Cash Management & Zahlungsverkehr

E.on digitalisiert KYC-Prozesse

Ein Jahr hat E.on mit dem Systemhaus Omikron an einer neuen Lösung gearbeitet, mit der sich die Kontoeröffnung und die dazugehörigen KYC-Checks automatisieren lassen. Jetzt feiert das Tool mit der ING Premiere.

Der Treasury-Abteilung von E.on ist ein Coup gelungen: Der Energieversorger hat bei der ING per Swift-Nachricht ein Konto eröffnet und dabei auch die Daten für die Know-Your-Customer-Checks komplett elektronisch geliefert. Die Basis dafür bildet ein neues Electronic-Bank-Account-Management-(Ebam)-Tool, das E.on gemeinsam mit dem Systemhaus Omikron entwickelt hat.

„Wir wollen den Prozess für Kontoeröffnungen und Mandatsveränderungen standardisieren, um damit die Basis für eine komplette Automatisierung zu schaffen“, erklärt Jens Otto, der im E.on-Finanzbereich unter der Leitung von Verena Volpert für die Umsetzung des Projekts zuständig ist.

E.on und Omikron entwickeln Tool für Ebam und KYC

Vor knapp einem Jahr hat der Dax-Konzern deshalb gemeinsam mit Omikron ein ehrgeiziges Vorhaben angestoßen: Ziel war es, ein Ebam-Tool zu entwickeln, das zugleich die KYC-Anforderungen der Bank vollumfänglich mitabdeckt. „Wir wollten bei den Prozessen rund um die Administration der Bankkonten deutlich schneller und effizienter  werden, kein Papier mehr hin und her schicken und gleichzeitig die für KYC-Checks benötigten Daten und Informationen elektronisch zur Verfügung stellen“, so Finanzleiterin Volpert rückblickend.

Heute kann eine Kontoeröffnung aufgrund dieser Prüfungen schnell mehrere Wochen – im Extremfall sogar Monate – dauern, wie kürzlich eine Umfrage von DerTreasurer ergab. Mit der neuen Lösung könnte das Prozedere künftig deutlich schneller erfolgen. E.on hat im ersten Durchlauf für die Kontoeröffnung inklusive KYC weniger als zwei Tage gebraucht. Vor allem aber soll das scheibchenweise Nachfordern von Dokumenten von Seiten der Bank aufhören, das viele Treasurer verärgert und für Aufwand sorgt.

E.on erhofft sich aber nicht nur Zeit- und Effizienzvorteile von der neuen Lösung. Hinzu kommt, dass der Energieversorger aus Compliance-Gründen auf Knopfdruck vollautomatisiert einen Überblick über sämtliche Bankkonten im Konzern und die Verfügungsberechtigten haben möchte.

E.on muss Banken überzeugen

Die neue Lösung setzt nun auf bestehende Swift-Nachrichtenformate. Konkret geht es um acmt-Dateien, deren Felder E.on aus dem von Omikron entwickelten Tool heraus automatisch befüllt und anschließend an die Bank übermittelt. „Das kann über eine Swift-Anbindung, über Ebics oder einen Host-to-Host-Kanal erfolgen“, erklärt Torsten Spieker, der für die Integration von Ebam in die E.on-Welt verantwortlich ist. Die Bank erhält so die für die Kontoeröffnung und den KYC-Check notwendigen Daten – und segnet dann die Kontoeröffnung ab, so die Hoffnung des Energieversorgers.

„Es gab auch prominente Cash-Management-Häuser, deren Interesse an dem Thema offenbar nicht ausreicht.“

Jens Otto, Head of Financial Settlement, E.on

Technisch gesehen ist das kein Hexenwerk. Die größte Herausforderung für E.on bestand jedoch darin, für den Konzern relevante Banken zum Mitmachen zu bewegen, sagt Jens Otto: „Es gab auch prominente Cash-Management-Häuser, deren Interesse am Aufbau dieser neuer Fähigkeiten für eine elektronische Abwicklung von acmt-Ebam-Nachrichten und KYC-Daten offenbar nicht ausreichte.“ Namen möchte er keine nennen. Klar ist allerdings, dass besonders Banken mit heterogener IT-Infrastruktur weniger lieferfähig sind.

Drei Banken konnte der Dax-Konzern in einem ersten Schritt dann aber doch für dieses Vorhaben gewinnen: die ING sowie zwei weitere Häuser aus dem Kernbankenkreis der Essener. Beide arbeiten nach Angaben von E.on derzeit weiter an der Umsetzung.

E.on baut Datenbank auf

Bis zur jetzt gelungenen Kontoeröffnung musste aber auch E.on intern einige umfangreiche Vorarbeiten leisten: Schließlich galt es zunächst zu ermitteln, welche Daten in welchen Ländern für die Kontenadministration überhaupt nötig sind und diese dann zentral zu sammeln. „Dabei haben wir uns nicht nur Deutschland, sondern alle Länder, in denen wir Konten haben angeschaut“, berichtet Otto, der die Abteilung Financial Settlement leitet. Nun habe man eine riesige Datenbank, die es erlaube, die 180 Felder der Swift-Nachricht für Kontoeröffnungen automatisch zu befüllen.

Die Arbeit soll sich bald bezahlt machen: Jetzt will E.on weitere Banken von der Akzeptanz der elektronisch übermittelten KYC-Informationen überzeugen. Denn einen echten Mehrwert hat das neue Tool erst, wenn nicht nur ein oder zwei, sondern viele Geldhäuser den elektronischen Weg abbilden können.

Dafür müssten die Banken allerdings in ihre KYC-Prozesse investieren. Die Bereitschaft dazu ist nach Ansicht der Treasurer jedoch gering: In einer aktuellen Umfrage von DerTreasurer sahen 46 Prozent der befragten Finanzverantwortlichen den größten Bedarf für eine Digitalisierung im Firmenkundengeschäft bei KYC-Themen. Allerdings nehmen nur 3 Prozent die meisten Aktivitäten der Banken in dem Bereich wahr.

Es gibt also Bewegung beim Aufregerthema KYC, am Ziel sind die Unternehmen aber noch längst nicht.

Backhaus[at]derTreasurer.de

Der Kampf gegen Finanzkriminalität ist für viele Banken ein Krampf. Wie sich dies auf ihre Firmenkunden auswirkt, erfahren Sie auf der Themenseite KYC – Know Your Customer.

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