Die anstehende Migration auf ISO-20022-Nachrichten im Swift-Netzwerk hat eine historische Dimension: „Zum ersten Mal in der Geschichte besteht die Möglichkeit, die Zahlungsabwicklung global zu vereinheitlichen“, sagt Oliver Hommel, Zahlungsverkehrsexperte beim Beratungshaus Accenture. „Wenn das geschieht, können Zahlungen über Landes- und Währungsgrenzen hinweg deutlich schneller und ohne Informationsverlust prozessiert werden.“
Die Automatisierungsrate („Straight-through Processing“) dürfte deutlich steigen – und die Kosten im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr damit sinken, glaubt der Berater. Er räumt jedoch auch ein: „Bis es so weit ist, dürften noch mindestens fünf bis zehn Jahre vergehen.“

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ISO 20022: mehr Wunsch als Wirklichkeit?
Setzen die Banken auf Konvertierungslösungen?
Das hat diverse Gründe. Einer davon: Wegen der Corona-Pandemie und Engpässen bei den Banken hatte der Finanznachrichtendienstleister Swift die Einführung der neuen Formate im Frühjahr um ein Jahr auf November 2022 verschoben. In der Folge verlegte auch die Euro-Zone die Umstellung der Großbetragssysteme Target 2 und Euro 1 auf November 2022, andere Länder passten ihre Zeitpläne ebenfalls an.
Hinzu kommt: Es ist unklar, wie schnell die Banken ihre Systeme tatsächlich auf das neue Datenformat umstellen. Swift wird die Unterstützung für die MT-Nachrichten der Kategorien 1, 2 und 9 im Interbankenzahlungsverkehr 2025 einstellen. Nicht nur kleinere Häuser dürften spätestens dann Konvertierungslösungen einsetzen, glaubt Accenture-Experte Hommel: „Wenn diese zum Einsatz kommen, gehen allerdings Informationen verloren.“ Viele Vorteile von ISO 20022 blieben so auf der Strecke.
Roche-Treasurer: Dialekte sind eine Herausforderung
Von einem echten Standard möchte Martin Schlageter, Head of Treasury Operations bei Roche, ohnehin nicht sprechen. Der Schweizer Pharmakonzern arbeitet seit Jahren daran, seinen globalen Zahlungsverkehr über ISO 20022 abzuwickeln. „In diversen Ländern haben wir die Umstellung jetzt gemeistert“, berichtet Schlageter. „Jedes Mal ist es wieder eine Herausforderung, weil wir mit verschiedenen Dialekten konfrontiert sind.“
Obwohl der Konzern seinen globalen Zahlungsverkehr bei fünf globalen Banken zentralisiert hat, sei es IT-seitig sehr komplex, neue Länder anzubinden: „Die Geschichte von Plug and Play ist angesichts der notwendigen Spezifikationen ein Mythos.“ Um die CGI-Initiative, die die Nachrichtenübermittlung zwischen Banken und Corporate auf Basis von ISO 20022 vereinheitlichen will, sei es zuletzt ruhig geworden, so Schlageter.
„Die Geschichte von Plug and Play ist angesichts der notwendigen Spezifikationen ein Mythos.“

Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem längeren Text im Magazin von DerTreasurer. Den kompletten Artikel zur ISO20022-Migration finden Sie in unserer aktuellen Printausgabe 04/2020, die Sie hier als E-Paper erwerben können.