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21.12.22
Cash Management & Zahlungsverkehr

So funktioniert Request to Pay

Das Bezahlverfahren Sepa Request to Pay ist in Europa seit Juni 2021 offiziell gestartet. Wie funktioniert die Zahlungsaufforderung und wie können Treasurer profitieren? Ein Überblick.

Unternehmen wie die Otto-Gruppe oder Telefónica Deutschland verfolgen interessiert, was die Bankenbranche hinsichtlich Request to Pay (RTP) unternimmt. Gerade Industrien mit einem hohen Rechnungs- und Lastschriftanteil erhoffen sich von der Zahlungsaufforderung eine Vereinfachung ihrer Prozesse im Debitorenmanagement.

Seit Juli 2021 ist das Sepa-Verfahren offiziell an den Start gegangen. In der Breite ist die Zahlungsaufforderung bei den Unternehmen noch nicht angekommen, aber das Interesse daran wächst. Ex-Strabag-Treasurer Norbert Hambloch fordert, dass Instant Payments verplichtend werden. Denn erst wenn die Echtzeitzahlungen laufen, könnte Request to Pay richtig etabliert werden. Im Oktober 2022 wurde bekannt, dass sich die EU-Kommission das Ziel gesetzt hat, die Echtzeitzahlungen zum Standard zu machen. Demnach sollen Banken Instant Payments wie Sepa-Überweisungen anbieten.

Laut dem Treasurer-Panel, das im November 2021 veröffentlicht wurde, können sich 29 Prozent der Befragten vorstellen, Request to Pay zu nutzen. 47 Prozent können sich vorstellen, dies vielleicht zu tun. Ein Viertel dagegen sieht keine Einsatzmöglichkeit. Wo sich Request to Pay am besten anwenden lässt, ist laut der Umfrage nicht eindeutig. Am ehesten können sich Treasurer Request to Pay bei der Verbesserung der Zuordnung eingehender Zahlungen vorstellen sowie als attraktives Bezahlverfahren für Kunden und einen Schritt in Richtung E-Invoicing.

Interesse an Request to Pay nimmt zu

Das bestätigt auch eine im August 2021 veröffentlichte Umfrage von der Euro Bank Association (EBA) und dem Beratungs- und Softwarehaus PPI. Demnach haben nahezu 100 Prozent der Teilnehmer ein Interesse am Einsatz von Request to Pay und halten es für wichtig, hier für eine europaweit einheitliche Einsetzbarkeit zu sorgen. Insgesamt wurden Unternehmen aus 20 Ländern zwischen September 2020 und Februar 2021 befragt.

„Dieses gewaltige Interesse an RTP ist für die Finanzinstitute ein deutliches Signal, dass sie für Serviceleistungen und Produkte rund um RTP auch Abnehmer finden. Der Markt ist da – er muss nur noch bedient werden“, kommentiert PPI-Experte Hubertus von Poser die Ergebnisse.
Für Treasurer, die sich noch nicht so intensiv mit dem neuen Sepa-Verfahren befasst haben, liefert dieser Artikel eine Zusammenfassung der wichtigsten Funktionsweisen.

Dieser Artikel ist zuerst im September 2020 erschienen und wird von DerTreasurer regelmäßig auf notwendige Updates überprüft, zuletzt im Dezember 2022.

Definition: Was ist Request to Pay?

Bei Request to Pay (RTP oder auch R2P) handelt es sich um eine der Zahlung vorgeschaltete Zahlungsaufforderung. Diese Nachricht enthält alle Informationen zur Transaktion und löst – sofern der Kunde sie bestätigt – eine Überweisung aus. Es handelt sich also nicht um ein neues Zahlungsinstrument, sondern vielmehr um einen Nachrichtendienst.

Neu ist dieses Verfahren an sich nicht. Schon heute bieten einzelne Banken ihren Kunden Request to Pay als alternative Bezahlmethode insbesondere im Onlinehandel an. Im Sepa-Raum fehlten bislang aber noch einheitliche Vorgaben, wie Banken mit der Zahlungsaufforderung umgehen sollten.

Einen solchen Standard hat mittlerweile das European Payment Council definiert. Das finale Regelwerk für Sepa-RTP wurde im November 2020 veröffentlicht, am 15. Juni 2021 ist es in Kraft getreten. Allerdings heißt es noch lange nicht, dass bereits alle Banken und Zahlungsanbieter, die neuen Vorgaben umzusetzen. Denn die Teilnahme an Sepa-RTP ist freiwillig.

Sepa RTP: Diese Regeln gelten laut EPC

Das Regelwerk für Sepa-RTP sieht vor, dass die Zahlungsaufforderung immer vom Zahlungsempfänger initiiert wird. „Er kann dem RTP dabei sowohl ein Ablaufdatum inklusive Ablaufzeit als auch ein gewünschtes Ausführungsdatum inklusive Ausführungszeit mitgeben“, erklärt Enrico Köhler, Manager Payments und Digitization bei der Technologieberatung Ausy. „In der Nachricht zur Zahlungsaufforderung kann dabei auch eine Rechnungsreferenz hinterlegt werden.“ Der Vorteil: Die Firma kann einen späteren Zahlungseingang automatisch dem Grundgeschäft zuordnen.

Der Zahler hat fünf Möglichkeiten, auf die Aufforderung zu reagieren: Jetzt annehmen, später annehmen, jetzt bezahlen, später bezahlen oder die RTP vollständig ablehnen. „Der Zahlungsempfänger erhält von seiner Bank über einen Statusbericht die Information, wie sich der Zahler entschieden hat“, so Köhler. „Somit hat er immer Kenntnis über den aktuellen Stand und weiß, wann er sein Geld erhält.“ Der Statusbericht ist neben der Aufforderung zur Zahlung der zweite Nachrichtentyp, der durch das Sepa-RTP-Regelwerk des Standardsetzers EPC definiert wird.

Insgesamt ist das Regelwerk recht offen gestaltet, berichtet Köhler: „Es gibt auch nicht vor, welche Zahlart im Anschluss angestoßen werden soll.“ Zwar empfehle der EPC ein Sepa Instant Payment. „Theoretisch könnte es aber auch eine normale Sepa-Überweisung sein.“

Für wen eignet sich Request to Pay?

Das neue Verfahren kann potentiell an vielen Stellen zum Einsatz kommen. Ein großer Vorzug der Zahlungsaufforderung ist, dass eingehende Zahlungen automatisch zugeordnet werden können. Das dürfte vor allem für große Rechnungssteller wie Telekommunikationsfirmen oder Versorger interessant sein, die heute Probleme beim Abgleich von offenen Rechnungen und eingehenden Zahlungen haben.

Insbesondere Kombination mit Echtzeitzahlungen eignet sich das neue Verfahren auch für Onlinehändler. Sie könnten ihren Kunden mit RTP eine bequeme Option anbieten, um direkt vom Bankkonto aus Zahlungen auszulösen. Darauf hoffen auch die Banken: Sie wollen sich so gegen die Konkurrenz von Paypal, Apple, Google und Co. zur Wehr zu setzen. Gerhard Bystricky, Leiter Produktentwicklung bei der Hypovereinsbank hält es für denkbar, dass RTP sowohl Kartenzahlungen als auch das Lastschriftverfahren „in Teilen ersetzen werden“.

Ein weiterer Ansatzpunkt für den E-Commerce: Mit RTP können Garantie- oder Rücksendeinformationen mit transportiert werden. 43 Prozent der Befragten in der Umfrage von EBA und PPI können sich vorstellen, diese Funktion zu nutzen. Insgesamt stimmen 95 Prozent der Befragten der These zu, RTP eigne sich für Anwendungen im E-Commerce.

Im B2B-Bereich könnte RTP ebenfalls zum Einsatz kommen. So würde das Verfahren etwa Industrieunternehmen in die Lage versetzen, Zahlungsaufforderungen mit einem gewissen Zahlungsziel an ihre Kunden zu verschicken. Bei diesem Vorgehen käme RTP einer elektronischen Rechnung nahe. Hier sehen 91 Prozent der Teilnehmer der PPI-Umfrage Potenital. Für E-Invoicing mittels Sepa-RTP fehlen bislang aber die rechtlichen Grundlagen.

Wie schnell kommt Request to Pay in der Praxis an?

Payment-Experte Köhler ist aber skeptisch, wie schnell Banken ihren Kunden Sepa Request to Pay tatsächlich anbieten werden. „Die Prioritäten im Zahlungsverkehr liegen derzeit in vielen Banken auf den anstehenden Umstellungen von Target und Swift, neue Produkte kommen da nicht selten zu kurz.“

Die Deutsche Bank und die DZ Bank hatten erklärt, dass sie RTP ab 2021 anbieten wollen, die HVB will RTP „zeitnah“ umsetzen, ohne einen Zeitpunkt zu nennen. Letztlich dürfte vor allem die Abdeckung bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken darüber entscheiden, wie schnell sich die Zahlungsaufforderung in der Breite etabliert. Die von EBA und PPI befragten Unternehmen sehen jedenfalls noch einige Hausaufgaben auf Seiten der Banken zu erledigen.

Buchholz[at]derTreasurer.de

Was leistet die Zahlungsaufforderung für das Treasury und wie reagieren die Banken? Mit unserer Themenseite Request to Pay bleiben Sie auf dem Laufenden.