25.02.19
Cash Management & Zahlungsverkehr

Wenn der Brexit den Cash Pool sprengt

Was passiert, wenn die britische Tochtergesellschaft wegen des Brexit in Liquiditätsnöte kommt? Erste Unternehmen prüfen das Abklemmen ihrer UK-Töchter vom Cash Pool, um den Gesamtkonzern zu schützen.

Nissan, Ford, BMW – immer mehr Unternehmen drohen, für den Fall eines ungeregelten Brexit  Produktionskapazitäten aus Großbritannien abziehen. Vor allem die Automobilbranche mit ihren eng getakteten Lieferketten fürchtet sich vor Kontrollen und Zöllen an der Grenze. Das hat auch Folgen für die Treasury-Abteilung: So mehren sich bei Rechtsanwälten die Anfragen, ob und wie britische Tochtergesellschaften aus dem Cash Pool herausgenommen werden können.

„Die große Sorge ist, dass britische Gesellschaften in Folge eines No-Deal-Brexits einen hohen Liquiditäts- und Kapitalbedarf haben, weil sie nicht mehr rechtzeitig mit ausreichend Ware versorgt werden“, beobachtet Alexandra Schluck-Amend, Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS. Infolgedessen seien die Firmen möglicherweise hohen Schadensersatzforderungen gegenüber Vertragspartnern ausgesetzt. Diesen Zwischenfinanzierungsbedarf würden die Unternehmen über den Cash Pool decken – und so im Extremfall den Gesamtkonzern in die Krise stürzen. „Dieses Szenario wollen manche Firmen vermeiden, indem sie britische Gesellschaften aus dem Cash Pool herausnehmen.“

Kündigung des Cash Pools ist kurzfristig möglich

Ein Abklemmen birgt zwar die Gefahr, die Liquiditätsengpässe der britischen Tochter zu verschärfen. „Diese Abwägung muss jedes Unternehmen machen“, so Schluck-Amend. Der Anwältin zufolge handelt es sich auch (noch) nicht um ein flächendeckendes Phänomen. Doch würden sich Unternehmen, die auf Just-in-time-Produktion ausgelegt seien, verstärkt mit dieser Frage befassen.

Umzusetzen ist eine solche Maßnahme kurzfristig: Die Kündigungsfristen für Cash-Pool-Verträge betragen oft nur wenige Tage. Im Krisenfall ist es schon aus Haftungsgründen notwendig, schnell reagieren zu können. „In Deutschland ist ein Unternehmen in dem Fall allerdings verpflichtet, der Tochter eine Anschlussfinanzierung zu stellen“, erklärt die Anwältin. In Großbritannien sei die rechtliche Lage zwar nicht eindeutig, Schluck-Amend empfiehlt aber, der Tochter ein Darlehen zu gewähren: „Damit hat die Mutter Planungssicherheit, während die Abflüsse über den Cash Pool uferlos werden können.“ Eine andere Möglichkeit sei die Vereinbarung einer Obergrenze im Cash-Pool-Vertrag.

Banken verlagern Cash-Pool-Konten

Anfragen, die der jeweiligen Cash-Pool-Bank geschuldet sind, erhält die Anwältin hingegen keine. Sie führt dies auf zwei Gründe zurück: Zum einen hätten die Banken sich vorbereitet und bislang in London angesiedelte Masterkonten auf den Kontinent verlagert. Zum anderen werde ein Großteil der Cash Pools deutscher Unternehmen mittlerweile ohnehin aus Deutschland oder den Niederlanden geführt. „Der zwischenzeitliche Trend, Cash-Pool-Führer in London anzusiedeln, ist abgeebbt.“

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