Banken und Versicherer wehren sich nicht länger gegen den zunehmenden Einfluss von Fintech-Unternehmen. Laut einer globalen Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC räumen inzwischen 88 Prozent aller Finanzdienstleister ein, dass sie Marktanteile an Finanz-Startups verlieren werden. „Doch statt die Newcomer zu bekämpfen, sucht das Establishment lieber den Schulterschluss“, sagt Sascha Demgensky, Verantwortlicher für das Thema Fintech bei PwC Deutschland. „Das Verhältnis zwischen Banken und Startups hat sich innerhalb der vergangenen 24 Monate stark weiterentwickelt.“
Global gesehen kooperieren mittlerweile 45 Prozent aller Finanzdienstleister mit Fintechs, zeigt die Umfrage, an der sich mehr als 1300 Branchenmanager beteiligt haben. Das ist deutlich mehr als im vergangenen Jahr, wo gerade einmal 32 Prozent aller Finanzdienstleister weltweit Kooperationen mit Fintechs eingegangen waren. Die Partnerschaften werden in den kommenden drei bis fünf Jahren weiter zunehmen, glaubt die Mehrheit der Befragten.

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Banken verlieren Marktanteile an Fintechs
Viele deutsche Banken kooperieren mit Fintechs
In Deutschland ist dieser Trend sogar noch deutlicher zu spüren. Hierzulande arbeiten der Studie zufolge schon sieben von zehn Finanzdienstleistern mit Fintechs zusammen. Erst vor einigen Tagen hatte die Deutsche Bank bekanntgegeben, dass sie sich erstmals an einem Fintech-Unternehmen beteiligt hat. Deutschlands größtes Geldhaus hat Anfang April einen Anteil von 12,5 Prozent an der Auktionsplattform Trustbills übernommen und ist damit bereits das zweite Kreditinstitut, das sich an Trustbills beteiligt. 2016 war schon die DZ Bank mit 25 Prozent bei der Auktionsbörse für bilanzentlastende Verkäufe internationaler Handelsforderungen eingestiegen.
Die Commerzbank verfolgt wohl den umfassendsten Ansatz unter den deutschen Banken beim Thema Fintech. Ihre Fintech-Strategie baut auf drei Beteiligungsvehikeln auf – einem Akzelerator, einem Inkubator und einem Venture-Capital-Vehikel. Die Commerzbank hat in ihrem Beteiligungsportfolio mit Gini, Traxpay, Byebuy und Optiopay bereits vier Fintechs, die auch Unternehmen nutzen können.
Die holländische ING-Gruppe hat für Deutschland sogar eine eigene Fintech-Strategie aufgestellt: Hierzulande setzt die niederländisch-deutsche ING Diba ganz auf Kooperationen und arbeitet bereits mit vier Fintechs zusammen.
Banken erkennen Potential von Fintechs und Blockchain
Diese Beispiele zeigen, dass die Finanzdienstleister nicht vor den Möglichkeiten und Geschäftsmodellen der Fintechs kapitulieren, sondern sich diese vielmehr zunutze machen wollen: Der Umfrage zufolge planen 77 Prozent aller etablierten Player in Zukunft deutlich mehr Gewicht auf Innovationen zu legen. Mehr als die Hälfte von ihnen wollen das Thema Disruption sogar ins Zentrum ihres Geschäftsmodells stellen. „Wenn nicht alles täuscht, dann sind viele Finanzdienstleister gerade dabei, sich selbst auch als Technologieunternehmen zu begreifen“, sagt Demgensky.
Dabei werden offensichtlich auch keine Kosten gescheut. Der Studie zufolge sind in den vergangenen vier Jahre weltweit mehr als 40 Milliarden Dollar in Finanz-Startups investiert worden. 2016 gingen allein 450 Millionen Dollar an Finanz-Startups, die mit Blockchain-Technologie experimentieren, was im Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung von 79 Prozent entspricht.
Blockchain könnte schon bald Teil des alltäglichen Bankgeschäfts werden: 55 Prozent der Befragten wollen diese Technologie bereits im kommenden Jahr in ihren Systemen und Prozessen anwenden, 77 Prozent planen das bis 2020. Gerade auch Treasurer können von dieser neuen Technologie beispielsweise im Zahlungsverkehr oder bei Handelsfinanzierungen profitieren.
Paulus[at]derTreasurer.de

Fintechs werden auch für Treasurer immer interessanter. Welche neuen Anbieter es gibt, erfahren Sie auf der Themenseite „Fintechs im Treasury“.