Die Commerzbank will nicht nur in Europa Standorte schließen.

Commerzbank/Julia Schwager

01.03.21
Finanzen & Bilanzen

Diese Auslandsstandorte macht die Commerzbank dicht

Die Commerzbank schließt zahlreiche Standorte im Ausland und will das internationale Geschäft effizienter gestalten. Wie genau, geht aus einem internen Memo der Bank hervor, das DerTreasurer vorliegt. Jetzt will die Bank auch Schweizer Standorte reduzieren.

Jetzt ist raus, welche Standorte die Commerzbank im Ausland schließen will. In Europa trifft dies unter anderem Barcelona, Bratislava, Brüssel und Luxemburg. In Ungarn strebe man einen Verkauf der  Tochtergesellschaft an, erklärt Roland Böhm in einem Interview im Commerzbank-Intranet. Böhm ist als Bereichsvorstand seit 2016 für das internationale Firmenkundengeschäft der Bank zuständig. Zuvor agierte er unter anderem als Chairman der Kreditvereinigung LMA und als Global Head Debt Capital Markets Loans der Commerzbank.

Aber damit nicht genug: In Asien sollen die Vertriebsaktivitäten in Singapur gebündelt werden. Zudem plant die Commerzbank laut Böhm, den Standort Hongkong zu schließen. Die Niederlassung in Dubai soll künftig als Repräsentanz weitgeführt werden. In Südamerika will die Bank dem Interview zufolge, die Tochtergesellschaft in Brasilien verkaufen und stattdessen eine Repräsentanz eröffnen.

Die Tochter in Brasilien hatte die Bank erst im Jahr 2016 eröffnet – und war damals mit der Entscheidung gegen den Trend geschwommen. Andere Häuser wie etwa die HSBC hatten sich zuvor wegen der schwierigen ökonomischen Lage des südamerikanischen Landes von dort zurückgezogen.

Bank will international lieferfähig bleiben

Bereits Anfang Februar war bekannt geworden, dass die Commerzbank ihre Geschäfte im Ausland stutzen möchte und deshalb 15 Standorte schließen wird. Allerdings blieb zunächst im Dunklen, welche Lokationen dicht gemacht werden sollen.

Der Bank ist wichtig zu betonen, dass man trotz der Straffung auch im Ausland lieferfähig bleiben will. „Wir werden weiterhin deutsche Firmenkunden bei ihrem Auslandsgeschäft begleiten und bleiben starker Partner für internationale Firmen bei ihrem Weg nach Deutschland“, sagt Roland Böhm. Auch wenn die Bank sich aus bestimmten Ländern zurückziehen, könne sie „in der Regel dort weiterhin Trade Finance-Geschäft für unsere Firmenkunden aus anderen Standorten in der Region darstellen“.

Mit dieser Ankündigung vollzieht die Bank dennoch eine Rolle rückwärts – nicht nur im Fall Brasilien. Noch 2019 hatte Roland Böhm unter dem inzwischen abgetretenen Firmenkundenvorstand Michael Reuther zum Angriff im Ausland geblasen. Damals stand dezidiert das Kundenwachstum im Ausland – primär in benachbarten europäischen Märkten wie Frankreich, Österreich und Italien mit dortigen Firmen im Fokus.

Nun konzentriert sich die Bank vor allem auf ihr Deutschlandgeschäft. Im Ausland bedeutet das, dass die Bank internationale Kunden nur dann begleitet, wenn sie Geschäftsbezug zu Deutschland haben. Zudem will sie im Ausland selektiv Unternehmen aus „ausgewählten Zukunftsbranchen“ der deutschen Wirtschaft begleiten wie zum Beispiel Life Science/Chemie, Mobiliät oder Sustainability.

Update am 16. November 2021:
Laut einem Bericht des Portals „Finanz-Szene“ schließt die Commerzbank sechs Schweizer Standorte. Demnach seien die Standort in Bern, Basel, St. Gallen Luzern und Lausanne betroffen. Zürich bleibe laut dem Bericht erhalten. Für das Exportgeschäft seien die Standorte in der Fläche nicht nötig, wird die Bank zitiert. Zu den genannten 15 Auslandsmärkten, von denen sich die Bank im Ausland zurückzieht, gehört die Schweiz zwar nicht. Allerdings reduziert sie dort aus Kostengründen offenbar auch ihre Präsenz.

Zahl der Korrespondenzbanken soll weiter sinken

Im Ausland unterhält die Commerzbank bislang Beziehungen mit einer hohen Anzahl von Korrespondenzbanken. Über diese werden Auslandsüberweisungen oder andere internationale Geschäfte abgewickelt. Auch hier will die Bank kürzen, wie Niklaus Giesbert, Bereichsvorstand für Institutionals, in der internen Mitteilung berichtet: „Wir werden das Netz […] von aktuell rund 1.600 auf rund 1.300 internationale Korrespondenzbanken reduzieren.“ Man beabsichtige, die lokalen Büros in Aserbaidschan, Georgien, Indonesien, Irak, Kasachstan, Libanon, Malaysia, Serbien und Venezuela bis 2024 zu schließen.

Giesbert übernimmt – wie vor 2019 – künftig wieder die Verantwortung für die gesamte Transaction Bank. Stephan Müller, der bisherige Bereichsvorstand, wird die Bank Anfang April verlassen, wie DerTreasurer kürzlich berichtete.

Ein weltweites Netz an Korrespondenzbanken und Standorten bleibe die „finanzielle Lebensader des deutschen Außenhandels“, sagt Nikolaus Giesbert. Aus Gründen der Profitabilität müsse die Bank sich aber „effizienter aufstellen“. Man habe deshalb genau geschaut, „welche Korrespondenzbanken und Repräsentanzen für die Unterstützung des Trade-Geschäfts mit unseren Kernkunden notwendig sind, und welche nicht“. Die größten Anpassungen im Korrespondenzbankennetz habe die Bank ohnehin bereits ab 2016 vorgenommen, so Giesbert.

Hintergrund: Das Korrespondenzbankgeschäft ist vor allem durch gestiegene Anforderungen in Sachen Know Your Customer (KYC), Anti-Geldwäsche (AML) und die damit verbundene Haftung für Kreditinstitut problematisch geworden. Viele Banken schauen deshalb zunehmend kritisch auf ihr Netzwerk und fahren es teilweise zurück.

Internationale Organisation soll effizienter werden

Auch bei den Standorten, die bestehen bleiben, soll die Organisation effizienter werden. Man wolle sich im Ausland stärker auf den Vertrieb konzentrieren, sagt Roland Böhm. Administrative Backoffice-Funktionen sollen „im engen Zusammenschluss mit unseren Partnern“ in regionalen Zentren gebündelt werden. Diese Anpassungen sollen bis zum Jahr 2024 „sukzessive“ umgesetzt werden. Dazu stehe die Bank in einem „sehr engen Kontakt“ mit den Aufsichtsbehörden vor Ort sowie mit Mitarbeitern und Kunden.

Dentz[at]derTreasurer.de

Update am 12. April: Ungarn-Verkauf startet

Die Commerzbank hat laut eines Berichts des „Handelsblatts“ offenbar den Verkauf ihrer Ungarn-Sparte gestartet. Zu den Interessenten sollen laut dem Bericht die OTP Bank zählen. Daneben wurden auch die in Budapest stark vertretenen KBC Groep aus Belgien sowie die Raiffeisen Bank International aus Österreich genannt. Der Kaufpreis könnte bei rund 100 Millionen Euro liegen, wie das „Handelsblatts“ mit der Sache vertraute Personen zitiert. Von der Ungarn-Tochter würden vor allem Firmenkunden mit Geschäften in Ungarn betreut.