Daimler

28.06.17
Finanzen & Bilanzen

Daimler platziert Schuldschein via Blockchain

Daimler hat gemeinsam mit der LBBW erstmals einen Schuldschein mithilfe der Blockchain-Technologie platziert. Die Transaktion soll nur der Auftakt sein – das Daimler-Treasury arbeitet bereits an weiteren Anwendungsfällen.

Meilenstein für die Blockchain: Als eines der ersten Unternehmen überhaupt  hat Daimler die neue Technologie genutzt, um einen Schuldschein zu platzieren. Gemeinsam mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat der Stuttgarter Autobauer den gesamten Emissionsprozess erfolgreich mit Hilfe der neuen Technologie dargestellt: von der Initiierung über die Zuteilung bis hin zum Vertragsabschluss. Auch Zinszahlungs- und Rückzahlungsbestätigungen werden über die geschlossene Blockchain komplett digital abgebildet, wie Daimler und LBBW am heutigen Mittwoch gemeinsam mitteilten.

Weil es die Regulatorik noch nicht erlaubt, eine Finanztransaktion allein per Blockchain durchzuführen, haben die Bank und der Automobilhersteller zwei Prozesse parallel laufen lassen: Den regulatorisch erforderlichen Emissionsprozess sowie den Blockchain-Prozess. Wenn der Weg von Seiten des Regulators frei ist, könnten bald weitere Transaktionen allein über die Blockchain folgen, erklärte ein Daimler-Sprecher gegenüber DerTreasurer. „Wir können uns durchaus vorstellen, Kapitalmarkttransaktionen später gegebenenfalls auch komplett über Blockchain abzuwickeln“, sagt Kurt Schäfer, Treasury-Chef von Daimler in einem YouTube-Video des Konzerns.

Daimler-CFO Uebber will Blockchain breit nutzen

Im Rahmen der Pilottransaktion sammelten die Stuttgarter 100 Millionen Euro ein. Das Schuldscheindarlehen, das ein Jahr läuft, wurde von vier Investoren gezeichnet: von der LBBW selbst sowie den Kreissparkassen Esslingen-Nürtingen, Ludwigsburg und Ostalb. Die Eckdaten der Transaktion standen allerdings weniger im Fokus, als der geglückte Nachweis, dass Finanztransaktionen mithilfe der Blockchain-Technologie stärker automatisiert und damit schneller sowie kostengünstiger abgewickelt werden können.

Daimler denkt deshalb auch bereits weiter: „Dieses Pilotprojekt ist für uns der erste Schritt, die vielfältigen Möglichkeiten der Blockchain-Technologie zu testen und das Potenzial dieser Technologie für künftige Transaktionen und Finanzprozesse zu analysieren“, kommentiert Daimler CFO Bodo Uebber die Emission. Parallel zur Begebung des Schuldscheindarlehens treibe der Autohersteller weitere Projekte voran, so der Finanzvorstand. Ähnliche Effizienzpotentiale durch die Blockchain sehen Daimler und die LBBW etwa im Konsortialkreditgeschäft oder in der Exportfinanzierung.

Schuldschein ist Paradebeispiel für die Vorteile der Blockchain

Der Schuldschein gilt schon länger als idealtypischer Anwendungsfall für die neue Technologie. Grund dafür sind drei entscheidende Vorteile der dezentralen Datenkette, die die Blockchain darstellt: Alle Teilnehmer verfügen in Echtzeit über denselben Informationsstand, Aktualisierungen der Datensätze können nur im Konsens erfolgen, die dezentral gespeicherten Daten werden zudem kryptografisch signiert. Rückwirkend herrscht damit volle Transparenz, Sicherheit, Datenintegrität und verteiltes Wissen.

Bei Schuldscheinen automatisiert die Blockchain damit die vielen manuellen Prozessschritte und erleichtert den Austausch zwischen den diversen involvierten Parteien – Emittent, Banken und Investoren. Sogenannte Smart Contracts – also intelligente Verträge in einer programmierbaren Computerform, die sich selbst überwachen – spielen dabei eine wichtige Rolle. Auch andere Banken wie etwa die HSH Nordbank experimentieren deshalb mit Schuldscheintransaktionen per Blockchain.

Treasury-Chef Schäfer: Wollen Blockchain-Standards mitgestalten

Doch bei dem Einsatz der innovativen Technologie denkt Daimler nicht nur an Finanzprozesse, wie Treasury-Chef Kurt Schäfer betont: „Blockchain kann Auswirkungen auf nahezu die gesamte Wertschöpfungskette haben. Darum wollen wir als führender Automobilhersteller aktiver Teil der weltweiten Blockchain-Community werden und branchenübergreifende Blockchain-Standards mitgestalten.“

Diverse Banken, Börsen und weitere Finanzdienstleister sowie Intermediäre experimentieren deshalb – allein oder in Konsortien mit der Blockchain-Technologie. Anfang des Jahres haben sich beispielsweise sieben europäische Banken zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Blockchain-Plattform für die internationale Handelsfinanzierung aufzusetzen.  Für den Aufbau und das Hosting der Plattform, die vor allem Mittelständlern Vorteile bieten soll, haben die Häuser in dieser Woche den Technologiekonzern IBM mandatiert.

Blockchain verändert das Firmenkundengeschäft

Einige Experten denken schon weiter: Bis 2025 werde auf Basis der Technologie eine Infrastruktur entstehen, über die Geschäfte mit sämtlichen handelbaren Assets – Wertpapiere, Derivate, Devisen, Grundstücke und Co. – abgewickelt werden können, prognostiziert Markus Krall, Managing Director bei der Unternehmensberatung Goetzpartners: „Es werden völlig neue Gebührenmodelle im Banking entstehen“, sagt Krall im Interview mit FINANCE-TV.

Auch die LBBW hat das erkannt und stellt sich darauf ein: „Durch die Blockchain verändert sich die Rolle von Banken als Intermediäre im Wirtschaftskreislauf“, sagt Joachim Erdle, Leiter Corporate Finance der Landesbank. „Wir wollen diese Entwicklung nicht nur beobachten, sondern aktiv mitgestalten.“ Mit der Schuldscheintransaktion hat die Bank einen spannenden Auftakt gemacht.

Backhaus[at]derTreasurer.de

Blockchain hat das Potential die Bankenwelt zu revolutionieren. Was die neue Technologie ausmacht und welches Pilotprojekte es bereits gibt, das erfahren Sie auf unserer Themenseite Blockchain.

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