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31.10.23
Finanzen & Bilanzen

„Die Headline-Margen gingen stark auseinander“

Vier Gas Transport hat eine Revolving Credit Facility refinanziert. Dabei ging die Spanne der Headline-Margen deutlich auseinander.

Vier Gas Transport, der Mutterkonzern des Gas-Fernleitungsnetzbetreibers Open Grid Europe (OGE), hat eine Revolving Credit Facility (RCF) mit gleichem Volumen refinanziert. Die 600 Millionen Euro schwere Kreditline wäre erst im nächsten Jahr ausgelaufen. „Wir sind eher konservativ unterwegs und refinanzieren meist etwa ein Jahr vor Fälligkeit“, erklärt Sebastian Brauer, Head of Corporate Finance & Treasury bei OGE. „Natürlich haben auch die Liquiditätskennzahlen, die wir für unser Rating bei S&P einhalten müssen, eine Rolle gespielt.“

Das Rating des Unternehmens wurde im Sommer 2022 von A– auf BBB+ gesenkt. „Trotz Downgrade konnten wir gute Konditionen erzielen.“ Die RCF wurde als „relationship defining“ vermarktet und dient als Liquiditäts-Back-up.

„Die Facility ist ähnlich wie die vorherige gestrickt“, sagt Aaron Waerder, Manager Corporate Finance & Treasury bei dem Unternehmen. Die RCF enthalte jedoch eine kleinere Swing Line in Höhe von 200 Millionen Euro. „Die Swing Line dient im Wesentlichen als Backup für Commercial Paper Roll-over. Im vorherigen Vertrag hatte diese ein Volumen von 400 Millionen Euro. In Anbetracht der geringen Ausnutzung unseres 500 Millionen Euro Commercial-Paper-Programmes sowie des bei einigen Banken vorhandenen Pricing-Einflusses der Swing Line haben wir uns für eine Reduktion entschieden“, so Brauer.

Die Laufzeit der RCF beträgt fünf Jahre und kann jeweils zweimal um ein Jahr verlängert werden. Das Vertragswerk enthält außerdem eine Aufstockungsoption in Höhe von 200 Millionen Euro.

Änderung bei Banken

Auffällig war laut Brauer, dass die Spanne der Headline-Margen, die die Banken im ersten Markt-Sounding angegeben hatten, zunächst recht groß war. „Die betreffenden Banken haben das primär mit gestiegenen RWA- sowie Liquiditätskosten begründet“, sagt er. Ähnliches beobachtet der Treasurer auch bei aktuellen Finanzierungen der Joint-Venture Leitungsgesellschaften. „Aufgrund der guten, zum Teil langjährigen Bankbeziehungen ließ sich dies jedoch einfangen.“

Letztlich habe es leichte Änderungen im Konsortium gegeben: Die Anzahl der Banken sei von elf auf zehn reduziert worden, zwei Banken seien neu dazugekommen. „Eine Bank konzentriert ihr Engagement nun auf projektbezogene Finanzierungen des Konzerns, zwei weitere Banken haben uns aufgrund eines Strategiewechsels nicht länger begleitet“, erklärt Brauer. BNP Paribas und die Commerzbank sind die Koordinatoren des Kredits.

KYC-Prozesse aufwendig

Besonders aufwendig sei der KYC-Prozess gewesen. „Wir haben versucht vorzuarbeiten, dennoch waren die Informationsanforderungen der zehn Banken im Konsortium recht unterschiedlich, was die Prozesse etwas in die Länge gezogen hat“, so Waerder.

Einige Fragen hatten die Banken zur Gesellschafterstruktur des Unternehmens, berichtet Brauer. Vier Gas Transport ist in der Hand von Abu Dhabi Investment Authority, MEAG Munich Ergo Asset Management und British Columbia Investment Management Corporation. In diesem Jahr hat Fluxys, ein Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, den Infrastrukturinvestor Macquarie als vierten Shareholder abgelöst.

Von den Banken sei auch der Impuls gekommen, eine ESG-Komponente zu integrieren, doch das Treasury-Team habe sich dagegen entschieden. „Dadurch, dass wir einen Versorgungsauftrag haben, ist es für uns beispielsweise schwer, eine CO2-Emissionsreduzierungs-KPI im Rahmen einer Finanzierung anzugeben“, erklärt Brauer: „Wenn etwas Unvorhergesehenes wie der Ukraine-Krieg passiert, müssen wir einspringen.“ Dennoch sei das Thema für das Unternehmen wichtig. „Wenn der Rahmen für das Wasserstoffnetz steht, sind ESG-Finanzierungen denkbar“, resümiert er. OGE will das bestehende Gasnetz auf Wasserstoff umrüsten.

Umstellung auf deutsches Recht

Eine größere Neuerung war, dass die Dokumentation bei der Kreditvereinbarung von englischem auf deutsches Recht geändert wurde, erläutert Brauer. „Das hilft uns intern, da wir mehr Prozesse inhouse bearbeiten können.“ Der Netzbetreiber hat die Dokumentation der anderen Finanzierungsinstrumente in den vergangenen Jahren sukzessive auf deutsches Recht umgestellt.

Insgesamt sei die Transaktion sehr glatt gelaufen, berichten die beiden Treasurer. „Meiner Meinung nach war der Erfolgsfaktor, auf etablierte Beziehungen zu unseren Bankpartnern aufbauen konnten, und beim Sounding schon ein umfangreiches Term Sheet vorgelegt haben“, sagt Waerder. „Wir hatten viel selbst vorbereitet und wussten, wie die Banken ticken. Die Verhandlungen mit den Banken waren sehr konstruktiv, auch die pragmatische Zusammenarbeit der Anwälte hat dazu beigetragen.“ Das Unternehmen wurde im Projekt durch White & Case, das Bankenkonsortium durch Clifford Chance vertreten.

Wasserstoff-Kernnetz in Planung

Ein großes Thema für Vier Gas Transport beziehungsweise OGE ist derzeit die Planung rund um das deutschlandweite Wasserstoff-Kernnetz. Diese sieht den Aufbau einer Wasserstoff-Netzinfrastruktur von circa 10.000 Kilometern Leitungslänge vor. „Wir beteiligen uns an den aktuellen Diskussionen rund um den Aufbau des Kernnetzes und erhoffen uns, als größter deutscher Gas-Fernleitungsnetzbetreiber einen substanziellen Beitrag zum Aufbau des Netzes beitragen zu können“, so Brauer.

Die entsprechende gesetzliche Einbettung sowie Finalisierung der Netzplanung für den Aufbau des Kernnetzes wird in den nächsten Monaten erwartet. „Wenn die gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen final feststehen, können wir aufhören mit Banken und Investoren im Konjunktiv zu reden“, sagt Waerder.

Dieser Artikel ist zuerst im DerTreasurer E-Magazin erschienen.