Premiere in Karlsruhe: Der Energiekonzern EnBW hat erstmals einen Schuldschein begeben.

nmann77 - stock.adobe.com

06.07.22
Finanzen & Bilanzen

EnBW debütiert am Schuldscheinmarkt

EnBW hat erstmals den Schuldscheinmarkt angezapft. Das Debüt erfolgt, nachdem ein anderer Markt dem Energiekonzern in diesem Jahr nicht gewogen war.

Der Energiekonzern EnBW hat erstmals in seiner Unternehmensgeschichte einen Schuldschein platziert. Nach einer „mehrwöchigen Vermarktungsphase in einem volatilen Markt“ konnte das Unternehmen 500 Millionen Euro einsammeln, wie der Konzern am heutigen Mittwoch bekanntgab.

Die Karlsruher hatten ursprünglich nur ein Volumen von 300 Millionen Euro angestrebt. Die jetzt platzierten 500 Millionen Euro verteilen sich auf insgesamt sechs Tranchen mit Laufzeiten zwischen drei und zehn Jahren. Wie EnBW mitteilt, konnten die Tranchen am unteren Ende der Vermarktungsspanne platziert werden (siehe Schaubild).

„Ein breites Spektrum an Laufzeiten hat uns ermöglicht, einerseits die Interessen möglichst vieler Investoren zu bedienen und andererseits ein Volumen zu generieren, das für die Finanzierungsstrategie der EnBW eine wesentliche Bedeutung hat“, sagt Marcel Münch gegenüber DerTreasurer. Er agiert seit September 2021 als Leiter Finanzen, M&A und Investor Relations bei EnBW. Es ist die erste abgeschlossene Kapitalmarkttransaktion des Konzerns unter seiner Leitung.

EnBW hat für die Platzierung die digitale Plattform VC Trade genutzt. BNP Paribas, Helaba und LBBW haben die Transaktion begleitet. Ausgabetag ist der heutige 6. Juli. Mit dem Emissionserlös will EnBW eigenen Angaben zufolge seine Strategie 2025 finanzieren. Die Mittel fließen also in Projekte der Energiewende. Weitere Details sind nicht bekannt.

S&P und Moody`s bestätigen Investmentgrade von EnBW

Energiekonzerne werden allgemein in der aktuellen Marktlage besonders kritisch beäugt. „Die EnBW verfügt dank ihres integrierten Portfolioansatzes entlang der gesamten energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette über ein sehr gutes Risiko-Rendite-Profil“, sagt Thomas Kusterer, EnBW-Finanzvorstand. „Gerade auch im aktuellen Umfeld mit hohen Volatilitäten wirkt unser stabiles Geschäftsmodell ausgleichend, wodurch Liquiditätsbewegungen gedämpft werden.“ Diese Aufstellung sei von den Investoren im Rahmen der Schuldscheinplatzierung ausdrücklich begrüßt worden, kommentiert Kusterer weiter.

Erst am gestrigen 5. Juli hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) das Rating von EnBW bei A- bestätigt. Der Ausblick ist weiterhin stabil. Bereits am 4. Juli 2022 hatte auch Moody’s einen ausführlichen Bericht zu EnBW veröffentlicht und dabei das Rating bei Baa1 mit stabilem Ausblick belassen. EnBW zählt damit eigenen Angaben zufolge „weiterhin zu den bonitätsstärksten Energieversorgungsunternehmen in Europa“.

Erste Kapitalmarkttransaktion seit Ukraine-Krieg

Für den Energiekonzern ist es die erste Kapitalmarkttransaktion seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Ein erster Versuch, frisches Geld aufzunehmen, war im Frühjahr gescheitert: Anfang März hatte EnBW angesichts des turbulenten Marktumfeldes eine Anleiheemission zurückziehen müssen. Damals stand der Bondmarkt zeitweise still.

Mit dem Gang an den Schuldscheinmarkt konnten die Karlsruher nun ihre Finanzierungsquellen diversifizieren und ihre Investorenbasis ausbauen: „Durch die Schuldscheinemission haben wir die dem Konzern zur Verfügung stehenden Finanzierungsquellen erfolgreich weiter diversifiziert. Zudem konnten wir unsere Investorenbasis mit über 50 teilnehmenden deutschen und internationalen Investoren weiter ausbauen“, sagt Münch weiter.

EnBW entscheidet sich gegen ESG-Schuldschein

Einen aktuellen Trend am Schuldscheinmarkt gehen die Karlsruher bei ihrem Debüt allerdings nicht mit: Obwohl EnBW am Bondmarkt bereits auf Green Finance setzt und schon mehrfach grüne Anleihen platziert hat, haben sich die Karlsruher bei der aktuellen Schuldscheintransaktion gegen eine grüne Variante entschieden. „Im aktuellen, volatilen Marktumfeld sehen wir keinen finanziellen Vorteil aus der Begebung eines grünen Schuldscheins, andererseits hätte sich der Aufwand in der Vorbereitung erheblich erhöht“, begründet Münch diese Entscheidung.

Auch einen ESG-linked Schuldschein hat EnBW geprüft, sich aber dennoch dagegen entschieden, obwohl der Energiekonzern bereits im Juni 2020 eine nachhaltige syndizierte Kreditfazilität abgeschlossen hat, die an die Nachhaltigkeitsperformance der EnBW gekoppelt ist. „Wir glauben, dass der zusätzliche Aufwand im aktuellen Marktumfeld nicht honoriert wird“, erläutert Münch gegenüber DerTreasurer.

Einen Schuldschein, der an Nachhaltigkeitsziele gekoppelt ist, findet Münch aber grundsätzlich interessant. Er ist davon überzeugt, dass eine Science-Based-Targets-Initiative-Zertifizierung solch eine Transaktion unterstützen würde. Der Prozess, diese Targets zu entwickeln, läuft bei EnBW derzeit.

Paulus[at]derTreasurer.de