Kommt der Euro-Austritt Griechenlands?

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24.05.12
Finanzen & Bilanzen

Euro-Krise bedroht Finanzierung

Die Euro-Krise hält Treasurer in Atem. Viele treibt die Sorge um, dass bei einem Euro-Austritt Griechenlands die Kreditvergabe der Banken abrupt zusammenbrechen könnte.

Die Wahrscheinlichkeit für einen Euro-Austritt Griechenlands steigt von Tag zu Tag, die EZB und die Eurostaaten bereiten bereits Notfallpläne vor. Sogar ein konkreter Termin für den „Grexit“ wird inzwischen gehandelt: Gerüchten zufolge könnte der geplante Austritt bereits Anfang Juni erfolgen.

 

Ob überhaupt und – wenn ja – in welcher Form sich ein möglicher Euro-Austritt Griechenlands auf den Bankensektor und auf die Kreditvergabepraxis auswirkt, lässt sich aktuell nur schwer fassen. Die größte Sorge ist die eines Überspringens der griechischen Malaise auf andere Euro-Staaten. Der Austritt Griechenlands, so die Meinung vieler Banker, wäre organisierbar. Allerdings müsste es ein aggressives Vorgehen gegen potentielle Ansteckungsgefahren geben. Die Ratingagentur Fitch rechnet mit einem dritten Langfristtender der EZB, sollte sich die Situation der Banken verschärfen. „Die Wahrscheinlichkeit dafür hat sich stark erhöht“, ließ sich Fitch-Geschäftsführer James Longsdon jüngst zitieren, denn schon jetzt seien die Banken einiger Euro-Länder von den Kapitalmärkten abgeschnitten.

Liquidität im Bankenmarkt und attraktiver Kapitalmarkt

Noch ist die Finanzierungssituation vieler Unternehmen allerdings sehr komfortabel. „Zurzeit haben wir eine enorme Liquidität im Bankenmarkt und bei Laufzeiten von bis zu vier Jahren sehr gute Konditionen“, sagt beispielsweise Heinz Hilger, Leiter Corporate Banking bei der Bank of America Merrill Lynch in Deutschland. Hilger führt das unter anderem auf die beiden Langfristtender der EZB zurück. Darüber hinaus konnten viele Unternehmen den hochattraktiven Zugang zum Kapitalmarkt nutzen – sieht man einmal von den vergangenen vier Wochen ab.

 

„Die Märkte für Staatsanleihen sind von den aktuellen Problemen in Europa deutlich stärker betroffen als die Corporate-Märkte“, sagt Jörg Senger, Bereichsleiter Capital Markets der BayernLB. Zwar registriert Senger inzwischen eine selektivere Kreditvergabe, von einer Klemme könne jedoch in keiner Weise gesprochen werden. Senger rät Unternehmen, aktiv an ihrer Kapitalmarktfähigkeit zu arbeiten, um sich von der Kreditvergabe der Banken zu emanzipieren. Ein Allheilmittel sind die Bondmärkte gleichwohl nicht. In einer Situation, in der auch die Kapitalmärkte verschlossen sind, bleibt Unternehmen nichts anderes übrig, als Investitionen zunächst einmal auf Eis zu legen und aus dem Cashflow die Zeit zu überbrücken.

Knoch[at]derTreasurer.de