Noerr-Anwalt Wolf Stumpf erläutert, dass Vorsicht beim Factoring geboten sein solle.

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19.01.23
Finanzen & Bilanzen

Fallstricke beim Factoring

Die Bafin prüfte 2022 verstärkt die Bilanzierung von Reverse Factoring. Was ist das Fazit nach einem Jahr? Wo lauern die Fallstricke?

Vor knapp einem Jahr hatte die Bafin angekündigt, in den Konzernabschlüssen von 2021 verstärkt auf Lieferkettenfinanzierungen zu achten. Die Behörde wollte besonders bei Reverse-Factoring-Transaktionen in den Bilanzen und den Kapitalflussrechnungen genauer hinschauen. Auf welche Weise hat sich das im vergangenen Jahr ausgewirkt?

Mit dem Unternehmen Hochtief gab es einen Fall, bei dem die Bafin über Fehler im Lagebericht des Jahres 2017 bezüglich der Factoring- und Reverse-Factoring-Aktivitäten berichtete. Wolf Stumpf von der Kanzlei Noerr erklärt, dass ihm ansonsten keine Fälle bekannt seien, bei denen die Bafin bei der Prüfung 2022 die Bilanzierung von Factoring oder Reverse Factoring bemängelt habe.

Fehlerquellen beim Factoring

Bei der Bilanzierung von Lieferkettenfinanzierungen und „normalem“ Factoring sei es ratsam, sehr genau hinzuschauen, denn es gebe einige Fehlerquellen, erläutert der Factoring-Experte. „Am häufigsten kommt eine unsaubere Vertragsgestaltung im stillen Verfahren bei Unternehmen mit vielen ausländischen Kunden oder Lieferanten vor“, sagt Stumpf. „Denn es gibt beispielsweise Länder, in denen Forderungen nur wirksam auf einen Dritten übergehen, wenn der Schuldner informiert wird oder sonstige Formalien eingehalten werden (zum Beispiel Forderungsregistrierung).

In Deutschland ist im Gegensatz dazu die stille Abtretung ohne Registrierung oder formale Vorgaben wirksam möglich.“ Würden die rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten, könnten Zweifel am Forderungserwerb des Factors aufkommen. Factoring sei ein Massengeschäft, dementsprechend beobachtet Stumpf dieses Problem bei Transaktionen mit einer Vielzahl von ausländischen Debitoren häufiger.

Rückkauf von Forderungen

Vorsicht sei auch geboten, wenn Factoringkunden in großem Stile Forderungen vom Factor zurückkauften, um zu vermeiden, dass der Factor ausstehende Rechnungen bei den Kunden des Forderungsverkäufers eintreibe, so der Anwalt. Hier komme es auf die konkrete Ausgestaltung der Rückkaufmechanik an: Schädlich sei insbesondere, wenn der Factor es einseitig in der Hand habe, sich durch eine Rückkaufverpflichtung des Forderungsverkäufers von seinem Delkredererisiko (dem Insolvenzrisiko des Forderungsschuldners) zu befreien. Dies könne die Einordnung als echtes Factoring gefährden. Aber auch der Factoringkunde sollte bei der Ausübung einer Rückkaufoption mit Bedacht agieren. Was außerdem zu beachten ist, erfahren Sie im DerTreasurer E-Magazin.