Emittenten können mit einem nachhaltigen Schuldschein ein besseres Pricing erzielen als mit einem herkömmlichen Papier.

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28.01.21
Finanzen & Bilanzen

Nachhaltige Schuldscheine können Preisvorteile bieten

Unternehmen können bei einem grünen oder Sustainability-linked Schuldscheine einen Zinsnachlass erwarten. Dieser könnte im Vergleich zu einem herkömmlichen Papier durchaus substantiell ausfallen.

In Fachkreisen wurde bislang eifrig darüber gestritten, ob Emittenten bei nachhaltigen Anleihen und Schuldscheinen einen echten Preisvorteil erzielen können. Immer mehr deutet auf diese These hin, für den Schuldscheinmarkt ist das nun geklärt.

Die Helaba hat Ende des vergangenen Jahres 818 Finanzverantwortliche in Banken zum Thema Nachhaltigkeit bei Investitionsentscheidungen in Schuldscheindarlehen befragt. Das Ergebnis: Gut zwei Drittel der Teilnehmer sind davon überzeugt, dass Emittenten von ESG-Titeln nachhaltiger und somit langfristig erfolgreicher wirtschaften. Aufgrund dieser niedrigeren Ausfallwahrscheinlichkeiten sind demnach sogar 60 Prozent der Befragten grundsätzlich bereit, Zinsnachlässe zu gewähren.

„Diese Bereitschaft fällt tendenziell sogar noch höher aus, wenn Investoren bereits einmal in einen Nachhaltigkeits-Schuldschein investiert hatten“, sagt Klaus Distler, Head of Corporate DCM bei der Helaba und seit dem Wechsel von Andreas Petrie in den Ruhestand Hauptansprechpartner bei Kapitalmarktfinanzierungen für Firmenkunden der Landesbank.

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Dennoch behalte die Hälfte der befragten Schuldscheininvestoren gerade im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld weiterhin die Gesamtverzinsung ihrer Investition im Blick und mache diese Entscheidung daher von der jeweiligen Basismarge der Transaktion abhängig. „Im Umkehrschluss könnte diese Einschränkung jedoch auch bedeuten, dass bei einem höheren Zinsniveau mit einer noch stärkeren Preisdifferenzierung zwischen nachhaltigen und konventionellen Titeln zu rechnen ist“, sagt Distler weiter.

Nachhaltige Schuldscheine noch relativ wenig verbreitet

Viele der befragten Banken sind bereits in nachhaltige Schuldscheine engagiert: 60 Prozent der Befragte investieren in ESG-konforme Schuldscheindarlehen, 40 Prozent in ESG-linked Papiere, deren Verzinsung an bestimmte Nachhaltigkeitsindikatoren gekoppelt ist. „Entsprechend den Verhältnissen am Gesamtmarkt ist der Anteil nachhaltiger Schuldscheine in den Portfolien jedoch noch relativ gering“, sagt Rainer Neidnig, Sustainable Finance-Berater bei der Helaba. Bei gut drei Vierteln liege er zwischen 1 und 10 Prozent. Zumindest 8 Prozent haben mehr als ein Fünftel ihres Budgets nach ESG-Kriterien allokiert.

Die meisten der befragten Häuser verfolgen bei der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in ihre Investitionsentscheidungen allerdings noch einen eher opportunistischen Ansatz. Knapp 90 Prozent haben noch keine Anlagerichtlinien für nachhaltige Investments definiert, aber immerhin gut ein Drittel will das innerhalb dieses Jahres nachholen. Selbst in Häusern mit einer ausformulierten ESG-Investmentstrategie legt sich der Umfrage zufolge derzeit lediglich rund ein Viertel auf verbindliche Portfolioquoten fest.

Anteil an nachhaltigen Schuldscheinen steigt

Im vergangenen Jahr wurden laut der Helaba im Schuldscheinmarkt in 14 Transaktionen Papiere als grüne und Sustainability-linked Schuldscheine platziert. So hat der Kupferproduzent Aurubis im vergangenen Sommer als erstes europäisches Unternehmen der Grundstoffindustrie einen Schuldschein mit Nachhaltigkeitsbezug platziert. Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler gab Anfang April mitten im ersten Lockdown mit einem grünen Papier sein Debüt am Schuldscheinmarkt. Auch der Gashandelskonzern VNG hatte Ende Februar erstmals einen grünen Schuldschein begeben.

„Der relative Anteil von nachhaltigen Schuldscheinen ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr zwar um rund 30 Prozent gestiegen, er lag mit 2,6 Milliarden Euro dennoch erst bei 13 Prozent des Gesamtmarktes“, sagt Distler weiter. 2019 hatte der Marktanteil 10 Prozent betragen.

Der Markt für nachhaltige Schuldscheine ist aber noch jung und wird weiter wachsen: „Das Thema Nachhaltigkeit steht bei unseren Emittenten ganz klar auf der Agenda, aber mit unterschiedlich starker Ausprägung“, sagt Helaba-Experte Distler. „Eine zunehmende Zahl denkt konkret über einen nachhaltigen Schuldschein bei der nächsten Finanzierung nach.“

Paulus[at]derTreasurer.de

Teilnehmer der Helaba-Umfrage: 112 der Befragten arbeiteten bei deutschen Sparkassen, 119 bei anderen Inlandsbanken, 587 hatten ihren Arbeitsplatz in Kreditinstituten außerhalb Deutschlands mit Schwerpunkt in der DACH-Region, Frankreich, Skandinavien und Asien.

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