Henkel knüpft die Lieferkettenfinanzierung an ESG-Kriterien. Die Deutsche Bank begleitet das Ganze.

Foto: Henkel.

20.05.22
Finanzen & Bilanzen

Henkel und Deutsche Bank bringen ESG ins Supply Chain Finance

Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern Henkel knüpft die Lieferkettenfinanzierung an ESG-Kriterien. Die Deutsche Bank begleitet das Ganze.

Henkel hat sein Lieferantenfinanzierungsprogramm an ESG-Faktoren geknüpft. Der Konsumgüterkonzern hat die Konditionen im bereits bestehenden Lieferantenfinanzierungsprogramm an die ESG-Ratings von Ecovadis gekoppelt. Als finanzierende Bank begleitet das die Deutsche Bank. „Abhängig von der Bewertung sortieren wir die Lieferanten in verschiedene Buckets ein. Je besser das Rating ist, umso günstigere Konditionen erhalten sie“, erklärt Ulrich Borgstädt, Leiter Group Treasury bei dem Düsseldorfer Konsumgüterkonzern.

Der Umstellungsaufwand ist für Henkel selbst überschaubar. Technisch muss vor allem die Deutsche Bank die Neusortierung vornehmen. „Wir haben unsere Systeme entsprechend umgestellt, so dass wir die ESG-Rating-Daten direkt von Ecovadis erhalten und entsprechende Buckets erstellen können“, erklärt Michael Dietz, Leiter Trade Finance Flow bei der Deutschen Bank. Verbessert sich ein Rating, so könne ein Lieferant per Mausklick in den nächsten Bucket mit besseren Konditionen verschoben werden. „Das System soll schließlich dynamisch sein, damit wir eine Verbesserung auch direkt abbilden können“, betont der Banker.

Warum setzt Henkel gerade bei den Lieferanten an? Schaut man sich beispielsweise den CO2-Abdruck des Dax-Konzerns an, wird schnell klar, warum sie in der Nachhaltigkeitsstrategie von Henkel eine zentrale Rolle spielen. 

99 Prozent der Emissionen des Konzerns fallen auf die sogenannten Scope-3-Emissionen, also Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette. Das umfasst Emissionen beim Endkunden und bei den Lieferanten. Während es schwer ist das Kundenverhalten zu kontrollieren, kann der Düsseldorfer Konzern durchaus Einfluss auf seine Lieferanten geltend machen. „Wir wollen für unsere Lieferanten einen Anreiz schaffen, ihre ESG-Performance zu verbessern“, erklärt daher Ulrich Borgstädt von Henkel.

ESG-Link: Margenreduzierung als Incentive

Allerdings gibt es bei ESG-linked Finanzierungen häufig die Kritik, die gesetzten finanziellen Anreize seien zu gering. Deutsche-Bank-Spezialist Dietz betont: „Der Anreiz muss spürbar sein, sonst macht so ein Programm keinen Sinn.“ Lieferanten müssen ein ESG-Rating in Auftrag geben und der Verwendung der Bewertung im Rahmen des Programms zustimmen. Wie das Pricing genau aussieht, verrät Dietz allerdings nicht.

Auch für Henkel-Treasurer Borgstädt ist klar, dass sich ein solches Programm nur lohnt, wenn es echte Anreize schafft. Die Margenreduzierung selbst, die für den Finanzierer letztlich geringere Einnahmen bedeutet, trägt die Deutsche Bank. „Wie in allem Geschäftlichen gibt es aber hier natürlich auch Vereinbarungen, die so ein Geschäft für uns interessant machen“, kommentiert Dietz.

Aus Sicht der Bank dürfte auch relevant sein, dass sie aufgrund der Regulierung künftig Auskunft über ihre Green-Asset-Ratio geben muss. Dabei könnten auch solche Proramme helfen. Die Deutsche Bank selbst hat als Ziel herausgegeben, bis Ende 2022 das Gesamtvolumen ihrer nachhaltigen Lieferkettenfinanzierungen auf 1 Milliarde Euro steigern zu wollen.

Henkel: ESG-Komponente zunächst nur in Europa

Im ersten Schritt hat Henkel das bestehende Lieferkettenfinanzierungsprogramm mit der Deutschen Bank in Europa mit dieser ESG-Komponente versehen. Im nächsten Schritt soll das Modell auch auf den außereuropäischen Raum ausgeweitet werden. Außerdem arbeitet Henkel mit anderen Banken an ähnlichen Modellen. „Das ist auch mit ein Grund, warum wir uns für die Koppelung an Ecovadis entschieden haben“, erklärt Borgstädt. „Dieses Rating ist global anerkannt und kann daher auch in anderen Regionen eingesetzt werden.“

Je nach Region und Zinsumfeld müssen die Anreizstrukturen neu austariert werden. „Es hilft deshalb, wenn eine Bank, die ein solches Programm anbietet, es nicht nur zentral verwaltet, sondern auch Know-how vor Ort hat, um die Margenveränderungen festzulegen“, so Dietz. Nutzt man solche Programme beispielsweise, um bei Lieferanten in Entwicklungsländern wirkliche Anreize zu einer Verbesserung zu setzen, so könnten die Margenunterschiede je nach Rating beispielsweise größer ausfallen.

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Nachfrage nach ESG-Supply-Chain-Finance könnte steigen

Deutsche-Bank-Banker Michael Dietz rechnet damit, dass die Nachfrage nach solchen ESG-Supply-Chain-Lösungen künftig stark steigen wird. „Das sieht man allein an der öffentlichen Debatte rund um das Thema Lieferkette, genauso wie auf der Regulierungsseite, etwa durch das Lieferkettengesetz“, sagt der Experte.

Treasurer Ulrich Borgstädt rät interessierten Unternehmen, sich zunächst mit dem Markt für ESG-Ratings vertraut zu machen. Nur wer in der Lage sei, diese Bewertungen auch selbst einzuordnen, könne letztlich ein gutes Sustainable-Supply-Chain-Finance-Programm aufsetzen. „Da ist auf Unternehmensseite ein enges Zusammenspiel von Einkauf, Treasury und Nachhaltigkeitsabteilung nötig“, betont er. Die Finanzabteilung und die Sustainability-Kollegen arbeiteten inzwischen ohnehin schon fast wie ein Team, so vielfältig seien die Berührungspunkte. 

koegler[at]dertreasurer.de