HSBC Deutschland will auf eigene Faust einen Schuldscheinmarktplatz aufbauen.

HSBC Deutschland

04.07.18
Finanzen & Bilanzen

HSBC legt eigene digitale Schuldscheinplattform auf

Kein Fintech, keine Kooperation mit anderen Banken: Die HSBC startet ihren eigenen Schuldscheinmarktplatz Synd-X, wie DerTreasurer erfuhr. Zwei Emittenten konnte die britische Großbank schon gewinnen – darunter ein Leasinganbieter.

Eine weitere Bank mischt im Wettrennen um digitale Schuldscheinplatzierungen mit: Nach Informationen von DerTreasurer hat HSBC Deutschland eine Online-Plattform für die Emission von Schuldscheinen aufgelegt. Über den Marktplatz Synd-X wurden demnach bereits zwei Darlehen platziert: Der Leasinganbieter Grenke sammelte per Privatplatzierung einen zweistelligen Millionenbetrag von einem europäischen Asset Manager ein. Ein weiterer, namentlich nicht bekannter Emittent platzierte Euro- und Dollar-Schuldscheintranchen bei Finanzinstituten in Europa und Asien.

Mit Hilfe von Synd-X können Unternehmen ihre Schuldscheine selbst vermarkten. Über eine Live-Funktion können Treasurer in Echtzeit verfolgen, wie sich das Orderbuch füllt. Investoren wiederum können Aufträge per Mausklick abgeben und aktuelle sowie abgeschlossene Transaktionen beobachten. „Durch die Kombination einer schnellen und effizienten Abwicklung der Plattform mit dem Netzwerk der HSBC hat sich die Emission von Schuldscheindarlehen für Unternehmen wesentlich vereinfacht“, sagt Grenke-CFO Sebastian Hirsch zu seinem digitalen Schuldschein-Debüt.

Schuldscheinplatzierung soll „deutlich“ preiswerter werden

HSBC zufolge dürfen die Unternehmen im Zuge der digitalen Abwicklung mit „deutlichen Einsparungen“ bei Schuldscheinplatzierungen rechnen. Insbesondere in der Vorbereitungsphase sei mit preislichen Vorteilen zu rechnen. Außerdem entfielen Kosten für traditionell genutzte Informationsplattformen. Quantifizieren wollte die Bank die monetären Vorteile für ihre Firmenkunden allerdings nicht.

Die neue Plattform soll grundsätzlich allen Unternehmen offenstehen: Einschränkungen hinsichtlich der Emissionsgröße oder der Bonität des Schuldners gibt es nicht. Bei der Platzierung über die Plattform würden für Emittenten dieselben Kriterien gelten wie für den „traditionellen“ Emissionskanal.

HSBC wählt mit Alleingang riskante Strategie

Die Gründung von Synd-X darf als Kampfansage der HSBC verstanden werden: Offenbar traut sich die britische Großbank zu, auf eigene Faust eine reichweitenstarke Schuldscheinplattform zu etablieren. „Wir profitieren von unserem globalen Netzwerk und unserer breiten Investorenschaft“, erklärte eine HSBC-Sprecherin gegenüber DerTreasurer.

Viel andere im Schuldscheinsegment stark vertretene Banken versuchen es dagegen mit Kooperationen: Der digitalen Emissionsplattform VC Trade hat sich nach der Helaba und der BayernLB gerade auch die SEB angeschlossen. Eine große österreichische Bank sowie weitere deutsche und mehrere internationale Banken befinden sich nach Informationen von DerTreasurer derzeit im Onboarding. „VC Trade agiert als reiner IT-Dienstleister für Banken, die keine eigene Plattform haben. Wir verfolgen bei der Betreuung unserer Kunden einen anderen Ansatz“, heißt es dazu von Seiten der HSBC.

Die Landesbank Baden-Württemberg paktiert hingegen mit der Börse Stuttgart. Für ihre Schuldscheinplattform Debtvision war der Agrarhändler Baywa der Pilotkunde. Hinzu kommen Fintechs wie CredX, die sich als bankunabhängige Vermittler im Schuldscheinmarkt etablieren wollen. Debütemittent von CredX war im Februar die Telekom. 

Ein Seitenhieb gegen Fintechs kann sich die HSBC ebenfalls nicht verkneifen: Als Teil der HSBC-Gruppe unterliege Synd-X den hohen Standards an Datensicherheit und Compliance einer internationalen Großbank, heißt es bei den Düsseldorfern. Banking sei Vertrauensgeschäft. Damit trifft die HSBC einen wunden Punkt der Fintech-gesteuerten Schuldscheinplattformen: Nur wenige Treasurer vertrauen bislang den neuen Playern. Vor allem im Hinblick auf KYC- und Geldwäscheprüfungen der Investoren erscheint einigen Finanzverantwortlichen das Reputationsrisiko für das eigene Haus als zu hoch. Umgekehrt wollen auch Banken die Hoheit über die Daten nicht an Fintechs abgeben.

HSBC rollt Schuldscheinplattform international aus

Langfristig dürften sich nur wenige Schuldscheinplattformen durchsetzen. Nur dem Anbieter, dem es gelingt, die meisten Emittenten und Investoren auf seine Plattform zu locken, hat eine Überlebenschance. Allerdings ist es für ein abschließendes Urteil noch zu früh: Kaum eine Plattform hat bislang mehr als eine Hand voll Pilotkunden begleitet.

Momentan scheint VC Trade die Nase leicht vorn zu haben: Nach Informationen von DerTreasurer haben über die Schuldscheinplattform bereits sieben Emissionen stattgefunden. Namentlich bekannt sind bislang die österreichische Verbund AG und der Darmstädter Energie- und Infrastrukturdienstleister Entega. Dem Fintech ist es gemeinsam mit seinen Bankpartnern zudem gelungen, 120 Investoren anzuschließen. Sollten wie geplant weitere Banken hinzu kommen, dürfte die Zahl weiter steigen. HSBC wiederum will keine konkrete Zahl nennen. Die Plattform sei „weitreichend bei unseren Investoren im In- und Ausland ausgerollt“, erklärte eine Sprecherin.

Dennoch sind die Düsseldorfer offen für Kooperationen mit anderen Banken: „Wir laden nun andere Banken ein, gemeinsam mit uns einen neuen Marktstandard für die Emission mit Schuldscheindarlehen zu etablieren, um den Mehrwert für die Kunden weiter zu verbessern“, sagt Jan Wilmanns, Vorstand HSBC Deutschland. Egal welche Plattform sich durchsetzt: Dass Schuldscheinplatzierungen bald deutlich digitaler werden, scheint gemessen an den zahlreichen Initiativen unstrittig.

Backhaus[at]derTreasurer.de