Die Finanzmarktregulierung Mifid II ist seit Jahresbeginn in Kraft getreten. Doch Treasurer und generell die Anlagebranche tun sich noch schwer mit der Umsetzung der neuen Regeln. „Es ist eine Zumutung, so mit Papier zugeschüttet zu werden“, klagt der Treasurer eines MDax-Konzerns. Der Finanzexperte könne keinen Mitarbeiter abstellen, um sich durch Kubikmeter an Papier zu arbeiten, die ihm derzeit aufgrund der neuen Finanzmarktrichtlinie Mifid II von den Banken zugeschickt werden. „Wir haben das Thema erst einmal beiseitegeschoben“, sagt er.
Sein Vorteil: Das Unternehmen ist nur wenig im Derivategeschäft aktiv – ein Bereich, in dem die neue Regulierung Treasurer besonders trifft. Um außerbörsliche Derivatetransaktionen abschließen zu können, müssen Treasurer ihren Banken die nötigen Dokumente liefern, damit diese den neuen Vorschriften entsprechen können.

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Mifid II – der Kampf gegen die Papierflut
Mifid II trifft Treasurer bei der Anleihe-Emission
Für einige Treasurer wurden die neuen Vorschriften dagegen schon sehr schnell konkret: Der Energiekonzern Innogy platzierte am 24. Januar einen Bond über 1 Milliarde Euro. Bei der Emission von Finanzinstrumenten müssen Emittenten nach der neuen Mifid-Regelung einen Zielmarkt definieren. Vereinfacht gesagt heißt das, dass sie festlegen müssen, wer in das Instrument investieren darf und ob sich auch Privatanleger beteiligen dürfen. „Für Innogy spielen Retail-Anleger traditionell eine große Rolle, und wir wollten sie auch bei dieser Transaktion nicht ausschließen“, erklärt Treasury-Chef Volker Heischkamp.
Bei der jüngsten Emission sei der Prozess noch recht unkompliziert gewesen, sagt der Finanzexperte. Er sieht allerdings große Einschränkungen auf Bondemittenten zukommen: Grund dafür ist die ebenfalls zum Jahresbeginn in Kraft getretene Richtlinie für alle verpackten Anlage-produkte Priips, das kurz für Packaged Retail and Insurance-based Investment Products steht.
„Das Problem ist, dass Anleihen sehr schnell zu solchen verpackten Produkten werden können“, sagt Heischkamp. Bei variablen Anleihen könne ein Euribor-Floor ausreichen, um als strukturiert zu gelten. Auch ein Makewhole-Call, also ein vorzeitiges Kündigungsrecht gegen einen Aufschlag, könne dafür sorgen, dass ein Papier unter die Priips-Richtlinie fällt.
Neben Mifid II sorgt auch die Richtlinie Priips für Unsicherheit
Die Konsequenz: Der Emittent muss ein maximal drei Seiten langes Papier mit den wichtigsten Basisinformationen für Kleinanleger zusammenstellen. „Meiner Ansicht nach ist es nicht möglich, einen 200-seitigen Anleiheprospekt auf drei Seiten zusammenzufassen“, sagt Heischkamp. „Ein solches Dokument wäre nicht rechtssicher.“ Der Treasurer hofft, dass hier der Begriff der strukturierten Produkte bald genauer definiert und weniger eng gefasst wird.
Neben dem erhöhten Dokumentationsaufwand bei der Platzierung von Anleihen enthält Mifid II auch genaue Anforderungen an die Zeit nach der Emission. Mehr dazu und auch zu der Frage, wie die neue Richtlinie sich auf die Gebührenstruktur bei Asset Managern auswirkt, erfahren Sie in unserem aktuellen E-Magazin.
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