Der Handels- und Touristikkonzern Rewe macht den Schritt an den Sustainable-Finance-Markt. Als erstes Instrument wählt Treasurer Klaus Wirbel einen ESG-linked Loan.

Rewe Group

01.04.21
Finanzen & Bilanzen

Rewe schließt ersten ESG-linked Loan ab

Rewe hat erstmals einen Kredit mit Nachhaltigkeitskomponente abgeschlossen. Treasurer Klaus Wirbel erklärt, warum der Handels- und Touristikkonzern dabei auf die Ratingagentur ISS-ESG gesetzt hat.

Die Rewe Group hat sich erstmals an den Markt für nachhaltige Finanzierungen gewagt. Bei einer syndizierten Kreditlinie über 750 Millionen Euro hat der Handels- und Touristikkonzern eine ESG-Komponente eingebaut. Die neue Back-up-Linie soll dem Konzern für alle weiteren Herausforderungen in der Coronakrise Sicherheit bieten und läuft über 18 Monate, kann aber um weitere zwölf Monate verlängert werden.

Damit löst Rewe eine Kreditlinie aus dem vergangenen Jahr über 1 Milliarde Euro ab, die der Konzern wegen Corona zusätzlich zu seiner normalen Reservelinie aufgesetzt hatte. Dieser 2 Milliarden Euro schwere Kredit hat noch eine Restlaufzeit von vier Jahren und ist von der aktuellen Transaktion unberührt. Insgesamt waren zehn Banken an der Finanzierung beteiligt. Die Unicredit agierte als Documentation Agent, die DZ Bank war Facility Agent und als Sustainability Agent war die Raiffeisen Bank International (RBI) mandatiert.

Rewe setzt auf Rating von ISS-ESG

Vor allem Großkonzerne und gehobene Mittelständler setzen auf ESG-linked Loans, seit dieses Instrument Ende 2018 erstmals in Deutschland zum Einsatz kam. Damals setzte der Konsumgüterkonzern Henkel ein Ausrufezeichen. Die Düsseldorfer vereinbarten erstmals einen Kredit über 1,5 Milliarden Euro, der an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt war.

Seither haben sich ESG-linked Loans in Deutschland schnell verbreitet. Die Art und Weise, wie Nachhaltigkeitsfaktoren in die Finanzierungen eingebaut werden, unterscheidet sich je nach Transaktion. Viele Unternehmen setzen als Messlatte inzwischen auf individuell mit den Banken vereinbarte Nachhaltigkeitskennzahlen, wie etwa den Anteil erneuerbarer Energien im eigenen Strommix oder die Höhe des CO2-Ausstoßes.

Rewe wählt dagegen die Koppelung an ein ESG-Rating und hat dafür die Bewertung der Agentur ISS-ESG ausgewählt. Die Agentur gehört zu den bekanntesten am deutschen Markt.

Rewe-Treasurer: KPIs standen nicht zur Debatte

Diese Entscheidung hatte einen klaren Grund. „Wegen der vergleichsweise kurzen Laufzeit standen hier KPIs nicht zur Debatte“, erklärte Klaus Wirbel, Leiter Finanzen der Rewe Group, die Ausgestaltung des Kredits. Für ISS-ESG habe sich das Unternehmen wegen der Sektorerfahrung, dem starken nationalen wie internationalen Ruf, dem erforderlichen Arbeitsaufwand und dem hohen Grad an Transparenz und Mitwirkungsmöglichkeiten entschieden. Derzeit erhält das Unternehmen von der Agentur ein Rating von C+, was dem Prime-Status entspricht.

„Neuland zu betreten ist immer aufwendiger.“

Klaus Wirbel, Leiter Finanzen bei Rewe Group

Das Debüt am Green-Finance-Markt war für Rewe mit etwas Mehraufwand gegenüber einem „herkömmlichen“ Kredit verbunden. „Neuland zu betreten ist immer aufwendiger als in tradierten Bahnen einfach immer weiter zu machen“, sagt Klaus Wirbel. „Dennoch waren wir aus meiner Sicht enorm schnell“, betont er. Der gesamte Prozess habe rund acht Wochen gedauert und wurde von dem Nachhaltigkeitsbereich der Rewe Group federführend betreut. „Dabei kam es zu einem regen und sehr konstruktiven Austausch über das Rating“, so der Treasurer.

Finanzieller Vorteil für Rewe nicht im Fokus

Über den genauen Gestaltung der Nachhaltigkeitskoppelung und über die Höhe des finanziellen Vor- oder Nachteils macht Rewe keine genauen Angaben. Klaus Wirbel sagt lediglich, es handle sich um einen „marktüblichen Koppelungsmechanismus“. Das lässt vermuten, dass der Margen-Step-Up und Step-Down zwischen 2,5 und 5 Basispunkten liegen dürfte.

Für den Treasurer steht der finanzielle Vorteil ohnehin nicht im Fokus. Entscheidend sei dagegen die strategische Bedeutung in den Markt der Sustainable-Finance-Instrumente einzusteigen. „Aktuell gibt der Markt noch keine wirklichen finanziellen Vorteile her“, sagt Wirbel. Es sei eher ein Commitment zum Thema Nachhaltigkeit.

„Wegen der diversen regulatorischen Vorgaben in den nächsten Jahren kann sich hier noch ein stärkerer Vorteil entwickeln“, vermutet Wirbel, der sich auch im Sustainable Finance-Beirat engagiert, und kürzlich die Empfehlungen des Beirats im Rahmen der ersten Green FINANCE Konferenz vorstellte.

Wirbel geht davon aus, dass Sustainable Finance weiter rasant an Bedeutung gewinnen wird: „Dieser Trend wird sich weiter verstärken, davon bin ich überzeugt. Umso wichtiger ist es, dass sich Unternehmen damit beschäftigen, nicht nur im Hinblick auf ihre Produkte und Dienstleistungen. Auch im Hinblick auf die Finanzierungsmodelle.“

ESG-Links verbreiten sich am Anleihemarkt

In den vergangenen zwei Jahren hat es eine ganze Reihe von ESG-linked Transaktionen dieser Art gegeben. Die Verbindung von Nachhaltigkeits-Performance und Finanzierung hat sich auch auf Anleihen und Schuldscheine ausgeweitet. Sogar in Zinsswaps  wurden schon Nachhaltigkeitskoppelungen eingebaut.

Jüngster Trend am Green-Finance-Markt sind ESG-linked Bonds – auch Sustainability-linked Bonds genannt –, die eine ähnliche Logik auf Anleihen  anwenden. Hapag-Lloyd hat vergangene Woche als erstes deutsches Unternehmen einen solchen Bond platziert.

Koegler[at]derTreasurer.de

Klaus Wirbel ist Group Treasurer bei Rewe. Er ist zudem Mitglied des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung. Über die Empfehlungen dieses Gremiums sprach er vergangene Woche auf der Digitalkonferenz „Green FINANCE“, einen Mitschnitt finden Sie hier.

Über alle Entwicklungen rund um den nachhaltigen Finanzierungstrend informieren wir Sie auf unserer Themenseite Green FINANCE.