Der Softwarekonzern SAP übernimmt einen Mehrheitsanteil an dem Supply-Chain-Finance-Anbieter Taulia. Das teilten die Walldorfer am heutigen Donnerstag mit. Der Softwarekonzern verfolge mit diesem Schritt das Ziel, seinen Kunden einen „besseren Zugang zu Liquidität zu ermöglichen und ihre Cash-Flow-Situation zu verbessern“, heißt es in der Mitteilung weiter. Mit der Übernahme erweitere SAP sein Geschäftsnetzwerk und verstärke sein Portfolio für CFO-Lösungen. Zu den finanziellen Details der Transaktion haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart.

SAP AG/Stephan Daub
SAP übernimmt Supply-Chain-Finance-Fintech Taulia
SAP will Nachfrage nach Supply Chain Finance nutzen
Damit übernimmt SAP in einer Zeit die Kontrollmehrheit von 95 Prozent an Taulia, in der das Working Capital Management für Unternehmen strategisch wichtiger geworden ist. Die Coronakrise hat gezeigt, dass die Belastbarkeit der Lieferketten und die Optimierung des Working Capitals für viele Unternehmen zu kritischen Themen werden können. Deshalb hat die Pandemie die Nachfrage nach Supply-Chain-Finance-Lösungen noch einmal verstärkt, was SAP nun für sich nutzen kann.
„Durch die Übernahme sind wir gut positioniert, ein führender Anbieter im Bereich Working Capital Management zu werden“, sagt SAP-CFO Luka Mucic, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats wird. Taulias Lösungen im Bereich Working Capital Management kombiniert mit den Tools von SAP böten „enormes Potenzial“.
Taulia soll als ein eigenständiges Unternehmen innerhalb der SAP-Gruppe geführt werden, Cédric Bru bleibt CEO des Supply-Chain-Finance-Anbieters.
Bei Finanzierung setzt Taulia auf Partnernetzwerk
Das Greensill-Desaster hat Taulia offenbar verdaut. Hintergrund: Bei der Refinanzierung hatte das Fintech stark auf den inzwischen insolventen Finanzdienstleister Greensill Capital gesetzt.
Inzwischen setzt Taulia bei der Finanzierung seiner Lösungen noch mehr auf ein Multifinanzierungsmodell, das heißt auf ein Netzwerk von Finanzpartnern. J.P. Morgan, die selbst eine Kapitalbeteiligung an dem Fintech hat, Unicredit und weitere Banken zählen dazu. Erst im vergangenen Herbst teilte der Supply-Finance-Anbieter mit, mit SEB, Bradesco (Brasilien), DBS und der CoBank neue Refinanzierungspartner gewonnen zu haben. Die Finanzinstitute decken die Zeit zwischen einer der Begleichung von Lieferantenzahlungen und einem späteren Begleichen von Rechnungen durch Käufer innerhalb der Zahlungsfrist ab.
Dieses Netzwerk möchte SAP ausbauen und weitere Finanzinstitutionen an Bord holen, damit sie das Working-Capital-Management-Geschäft ihrer Kunden auf der Plattform betreiben können. „Die Aufstellung von Taulia als eigenständiges Unternehmen bietet die Flexibilität, weitere strategische Bankpartner zu gewinnen und ebenfalls Anteilseigner von Taulia zu werden, wobei SAP langfristig der Mehrheitseigentümer bleibt“, erläutert der Konzern seine Pläne. Das Angebot an Finanzdienstleistungen für Banken und Versicherungen soll demnach ebenfalls ausgebaut werden.
Seit Beginn gibt es ein Band zwischen SAP und Taulia
Schon seit der Gründung von Taulia gibt es eine gewisse Verbundenheit zwischen SAP und dem Supply-Chain-Finance-Anbieter. Denn das Fintech ist 2009 von vier Deutschen mit SAP-Hintergrund gegründet worden. Es bietet verschiedene Lösungen im Bereich Supply Chain Finance und Working Capital Management an: Das sogenannte Dynamic Discounting, eine auf Eigenmittel basierte Lieferantenfinanzierung, folgt dem Grundsatz: Je früher der Kunde zahlt, desto höher fällt der Skontosatz aus. Der Diskontierungssatz richtet sich nach der Dauer des Zahlungsziels.
Daneben offeriert Taulia aber auch eine Fremdkapitallösung, bei der Finanzdienstleister als Zwischenfinanzierer auftreten. Dabei handelt es sich um eine Art Reverse Factoring. Zudem bietet das Fintech auch Cash Flow Prognosen, E-Invoicing, Invoice Automation, Supplier Management und Self-Service Solutions für Lieferanten an.
Viele Taulia-Kunden nutzen ein SAP-ERP-System
Schon jetzt ist Taulia Unternehmensangaben zufolge ein „wichtiger SAP-Partner mit bewährter Integration in SAP-Lösungen“. Mehr als 80 Prozent des Kundenstamms betreibe ein SAP-ERP-System; Airbus, Nissan und Astra Zeneca gehörten zu den gemeinsamen Kunden, heißt es in der Mitteilung weiter.
SAP plant demnach nun, die Integration mit Taulia zu verstärken, sowohl für das SAP Business Network als auch für die CFO-Lösungssuite. „Taulia soll zum Kern des SAP-Working Capital Management-Portfolios werden“, verkünden die Walldorfer. Die Lösungen von Taulia sollen jedoch auch weiterhin eigenständig verfügbar sein, so dass auch Nicht-SAP-Kunden wie bisher die Lösungen des Fintechs nutzen können können.
Paulus[at]derTreasurer.de