Der Ukraine-Krieg hatte Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Während der Bondmarkt zwischenzeitlich verschlossen war, stand der Schuldscheinmarkt selbst nach Kriegsbeginn nicht still. Im Gegenteil: „Der Schuldscheinmarkt schlägt sich erstaunlich gut im Gegensatz zum Anleihemarkt“, kommentiert Schuldscheinexperte Sebastian Zank von Scope Ratings. Aggregierte Daten von Bloomberg, Refinitiv und Scope selbst zeigten Mitte März bereits ein Volumen von 5,5 Milliarden Euro – bestehend aus platziertem und sich aktuell in Vermarktung befindlichem Volumen. Insgesamt verteilt sich das Volumen auf etwas mehr als 30 Transaktionen. 60 Prozent davon laufen über deutsche Emittenten.
Der Schuldscheinmarkt ist tendenziell weniger anfällig für kurzfristige Schocks. „Wenn andere Märkte kollabieren, hat der Schuldscheinmarkt meist seine Glanzzeit“, kommentiert Schuldschein-Experte Hans-Werner Grunow von Capmarcon. Das habe sich beispielsweise in der Finanzkrise 2007 /2008 gezeigt. Als Corona die Märkte erfasste, hat sich diese Faustregel allerdings nicht bewahrheitet. Mit den extrem niedrigen Konditionen am Bondmarkt, unterstützt durch die EZB als Käufer, konnte der kleinere Schuldscheinmarkt nicht mithalten.

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Schuldscheinmarkt trotzt Ukraine-Krise
Keine Verwerfungen am Schuldscheinmarkt
Nun kann der Schuldschein offenbar durch seine Stabilität punkten: Die Solidität läge zum einen an den guten Bonitäten der Emittenten und zum anderen an der Investorenstruktur, so Grunow. Im Schuldscheinmarkt seien viele Banken aktiv, die Risiken gut einordnen könnten und gleichzeitig über hohe Liquiditätsstände verfügten, die angelegt werden müssen. Deshalb sei es am Schuldscheinmarkt auch nicht zu größeren Verwerfungen durch den Kriegsbeginn bekommen. „Man kann in den vergangenen Monaten leicht anziehende Finanzierungskonditionen erkennen, aber das liegt eher an der vom Markt erwarteten Zinssteigerung.“
Mit einem größeren Preissprung rechnet er an dem Markt deshalb auch in den nächsten Wochen nicht. „Allerdings hängt die Pricing-Frage auch immer von individuellen Unternehmen ab“, schränkt Grunow ein. Für Unternehmen etwa mit hohem Russland-Exposure könnte das im Einzelfall nämlich anders aussehen.
Grunow erwartet, dass der Schuldscheinmarkt auch in den kommenden Wochen besonders aktiv sein wird. „Es wird Unternehmen geben, die in der aktuellen Lage von einer Anleiheemission absehen und lieber an den Schuldscheinmarkt gehen.“ Deshalb rechnet er im Gesamtjahr ein Platzierungsvolumen über Vorjahr.
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