Am Bondmarkt stehen die Zeichen derzeit auf Grün.

Foto: James Thew - stock.adobe.com

13.02.23
Finanzen & Bilanzen

Schwungvoller Auftakt am Bondmarkt

Der Bondmarkt ist überraschend gut ins neue Jahr gestartet. Auch einige deutsche Treasurer wurden aktiv. Wer Liquiditätsbedarf hat, sollte das Fenster nicht verpassen.

Nach einem hoch komplizierten Jahr 2022 ist der Primärmarkt für Unternehmensanleihen überraschend schwungvoll ins neue Jahr gestartet. Unicredit-DCM-Chef Hans Niethammer beschreibt es so: „Es war ein außerordentlich gelungener Auftakt in das Jahr 2023 – über alle Assetklassen hinweg“.

Nach Angaben der Unicredit summiert sich das im Januar in Euro emittierte Unternehmensanleihevolumen (inklusive Financial Institutions) auf mehr als 40 Milliarden Euro. Geordnet nach Branchen führen ganz klar Versorger das Feld an: Bei satten 45 Prozent liegt deren Anteil am Primärmarktgeschehen der ersten vier Wochen 2023 laut Unicredit.

E.on mit negativer Neuemissionsprämie

Auch der deutsche Energiekonzern E.on zapfte den Markt bereits im Rahmen einer Dual Tranche an – und das zu äußerst attraktiven Konditionen: Eine der beiden Tranchen (Laufzeit: zwölf Jahre, grünes Format) konnte gar mit einer negativen Neuemissionsprämie von circa minus 5 Basispunkten begeben werden. „Das hat es in diesem Laufzeitsegment seit langer Zeit nicht mehr gegeben“, so Jörg Tennemann, Leiter Fremdkapitalmarktsyndikat für Unternehmen bei der Unicredit.

Die bis dato aktivsten Emittenten kommen allerdings aus Frankreich, Italien und Spanien. Deutsche Unternehmen haben es hingegen insgesamt etwas gemächlicher angehen lassen: 5,2 Milliarden Euro entfielen auf sie. Aktiv im Markt waren bis dato lediglich E.on, EnBW, Heidelberg Materials, Deutsche Bahn sowie ZF Friedrichshafen.

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Deutsche Treasurer sollten nicht zu lange zögern

Gut möglich, dass viele hiesige Unternehmen noch auskömmlich finanziert sind. Nach Einschätzung von Ingo Nolden, Co-Head European Corporate DCM bei HSBC, sollten Treasurer mit Finanzierungsbedarf jedoch nicht zulange warten: „Das Sentiment hat sich seit Jahresbeginn enorm stabilisiert. Es ist viel Liquidität im Markt, für die nach Anlagen gesucht wird. Wenn also Unternehmen auf absehbare Zeit Finanzierungsbedarf haben, sollten sie aktuell aktiv werden.“ Wie lange das positive Umfeld halte, lasse sich schwer abschätzen.

Für wenig zielführend hält Nolden die Taktik, erst einmal abzuwarten. „Es ist jetzt nicht die Zeit bei Finanzierungen vielleicht auf Einsparungen von wenigen Basispunkten zu einem späteren Zeitpunkt zu hoffen“, argumentiert er. Er sieht darin auch eine Frage der Unternehmenskultur: „Wenn zum Beispiel ein US-Treasurer Bedarf nach Liquidität hat, dann besorgt er sich die umgehend. Das Pricing ist da nicht unbedingt die primäre Entscheidungsgröße.“

Hiesige Treasurer ticken da seiner Beobachtung nach etwas anders. Allerdings hätten sie auch nach wie vor einen starken Bankensektor im Rücken, der beim Thema Fremdfinanzierung immer noch eine große Rolle spiele.

Ein weiteres Argument, ein zu langes Aufschieben von Anleiheemissionen grundsätzlich zu vermeiden, sei eine potentielle Sättigung aufseiten der Investoren. Nolden denkt dabei nicht zuletzt an den absehbar hoch bleibenden Finanzierungsbedarf des Energiesektors: „Wenn eine einzelne Branche am Primärmarkt zu lange zu dominant agiert, dann ist das aus Anlegersicht tendenziell unattraktiv.“

Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit für ein derartiges Überangebot sei die Immobilienbranche in den ersten Monaten des vergangenen Jahres. Hier betrug in Hochzeiten der Volumenanteil aus dem Sektor bis zu 40 Prozent. Seither hat die Investorennachfrage für Anleihen dieser Unternehmen abgenommen, wenngleich sich dies unter anderem auch durch andere Faktoren, wie den erhöhten Zinsniveaus begründen lässt.

Hybridanleihen sind im Kommen

Genau im Auge behalten sollte man nach Einschätzung Noldens außerdem die weitere Entwicklung bei Hybridanleihen. Hier gab es in diesem Jahr Emissionen über 5,85 Milliarden Euro, was bereits circa 50 Prozent des Angebots des gesamten Vorjahres in diesem Produkt ausmache.

Auch dieses Instrument könnte im aktuellen Umfeld ein effizienter Weg zur Aufnahme von Kapital sein, so Nolden. In 2023 nutzten es bereits Unternehmen aus Italien, Spanien, Portugal und Luxemburg. Angebote von hiesigen Unternehmen in dem Segment gab es dieses Jahr noch nicht.

Der Blick in die Glaskugel fällt ebenfalls zuversichtlich aus: Niethammer und Tennemann gehen für den europäischen Corporate-Bond-Markt 2023 insgesamt von einem leichten Anstieg der Neuemissionstätigkeit aus. Neben anstehenden Fälligkeiten sollte das derzeit positive Marktumfeld die Emissionstätigkeit positiv beeinflussen. Darüber hinaus rechnen die Experten mit einer Belebung auf der High-Yield-Seite.

Refinanzierungskosten bleiben günstig

Die Refinanzierungskonditionen sollten dabei bis auf Weiteres attraktiv bleiben. Hauptgründe dafür sind laut Niethammer und Tennemann die sich abschwächenden Inflationssorgen, kontinuierliche Mittelzuflüsse bei Vermögensverwaltern sowie eine deutlich verbesserte Risikobereitschaft bezüglich Unternehmensanleihen.

hafner[at]dertreasurer.de

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