Blockchain könnte es Anleiheemittenten deutlich erleichtern, neue Anlegergruppen zu erschließen.

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04.05.22
Finanzen & Bilanzen

So könnte Blockchain Anleihen revolutionieren

Durch die Blockchain könnte sich der Anleihemarkt für neue Emittenten und Investoren öffnen. Was spricht dafür – und was dagegen?

Treasurer versprachen sich vor einigen Jahren viel von der Blockchain-Technologie. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anwendungsgebiete, speziell in der Lieferkette. Einige Unternehmen haben auch schon Konsortialkredite und Schuldscheine über eine Blockchain-Plattform abgewickelt. Ein Kernbereich der Finanzierung könnte in naher Zukunft dazugekommen: Die Anleiheemission.

Denn das größte Potential der Blockchain könnte sich in den kommenden Jahren bei Aktien- und Anleiheplatzierungen offenbaren, wie Nils von Schoenaich-Carolath, Managing Director Digital Assets Bankhaus Scheich mit der FinTech-Serviceplattform Tradias, unserer Schwesterpublikation FINANCE jüngst erklärt hat.

Die Grundlagen hierfür hat das elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) geschaffen, das seit Juni 2021 gilt. Ein Unternehmen könnte in Zukunft einen Bond oder eine Aktie komplett digital platzieren, Anleihe- und Aktienpapiere müssten im Nachgang nicht mehr bei einer Bank aufbewahrt werden.

Anleihen könnten kleiner gestückelt werden

Ein Gläubiger könnte seine Anleihe oder Aktie in dieser neuen Welt einfach in einem sogenannten Wallet aufbewahren. Dieses wäre ihm klar zugeordnet, eine Bank als Intermediär bräuchte er nicht mehr. „Die Vorteile für Unternehmen sind geringere Transaktionskosten und die Ansprache anderer Zielgruppen“, sagt von Schoenaich-Carolath. Denn eine Blockchain-basierte Anleihe lasse sich viel kleiner stückeln, Werte hinunter auf bis zu 20 Euro je Anleihe seien denkbar. „Das Papier ließe sich darüber hinaus weltweit vermarkten“, so von Schoenaich-Carolath.

Experten rechnen zudem damit, dass sich ein Sekundärmarkt für digitalen Anleihen und Aktien entwickeln wird, wo diese handelbar sein werden. Dann könnte der Markt für digitale Wertpapiere Fahrt aufnehmen. „Eine klassische Börse kann Digital Assets aber aus regulatorischer Sicht heute noch nicht abbilden“, moniert von Schoenaich-Carolath.

Vertrauen der Investoren gewinnen

Digitalisierte Anleihen klingen gut, bergen aber auch Risiken. Der Markt sei reguliert, versichern Experten zwar. Allerdings dürften sich viele Investoren noch an die Verwerfungen am Markt für Mittelstandsanleihen erinnern, wo zahlreiche Emittenten ihre Prospektpflichten nicht erfüllten und in die Pleite rutschten. Professionelle und teils auch private Anleger verloren viel Geld. Das Phänomen eines „digitalen Mini-Bond-Markts“ mit vergleichbaren Schwachstellen könnte noch einmal eine andere Größenordnung erreichen als das Mini-Bond-Debakel.

Harald Fritsche und Jens Paulsen von Deloitte teilen zwar die optimistische Einschätzung bezüglich tokenbasierter Finanzierungen, sind aber mittelfristig noch skeptisch, dass man größere Transaktionen sehen wird: „In den kommenden fünf Jahren wird wahrscheinlich kein Dax-Konzern eine größere Anleihe rein tokenisiert platzieren“, schätzt Deloitte-Berater Fritsche. Er resümiert: „Technologisch ist schon mehr möglich, als genutzt wird. Die größten Hindernisse sind eher die Unsicherheit bezüglich der Regulierung und die Offenheit und der Innovationswillen der Unternehmen.“

Welche weiteren Anwendungsfälle es bei Blockchain und Corporate Finance gibt, können Sie im vollständigen Artikel bei FINANCE nachlesen.

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