So wirkt sich der EZB-Klimascore aus.

Foto: manfredxy - stock.adobe.com

14.03.23
Finanzen & Bilanzen

So wirkt sich der EZB-Klimascore aus

Bald könnte das gesamte EZB-Anleihenportfolio gemäß dem Klima-Score umgeschichtet werden. Metzler Asset Management hat den Score nachgebaut, um die Auswirkungen für Corporate-Bonds zu antizipieren.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wendet seit Oktober 2022 einen sogenannten Klima-Score bei Bondkäufen an. Bisher wird dieser Score nur bei Reinvestitionen aus fälligen Anleihen benutzt. Doch die EZB-Direktorin Isabel Schnabel brachte vor Kurzem die Idee ins Spiel, den Klima-Score auch zur Umschichtung des bestehenden Portfolios anzuwenden.

Wie würde sich ein solcher Schritt auswirken? Um diese Frage zu beantworten, hat Metzler Asset Management auf Grundlage der vorhandenen Informationen eigene Klima-Scores berechnet, um die möglichen Portfolioanpassungen der EZB zu antizipieren.

Jedes vierte Unternehmen erhält schlechten Klima-Score

Bekannt ist, dass sich der Score der EZB aus den vergangenen Treibhausgasemissionen, den Klimazielen der Firmen und der Datenoffenlegung bezüglich ihrer Emissionen zusammensetzt. Zudem sind Informationen zur Methodik und zu den Datenquellen des EZB-Scores öffentlich einsehbar, aber nicht die exakte Formel und Gewichtung. Philipp Finter von Metzler AM hat den Score in Anlehnung an diese öffentlichen Informationen nachgebaut.

Metzler geht von einem Klimascore zwischen 1 („kritisches Klimaprofil“) bis 5 („vorbildliches Klimaprofil“) aus. Bei Betrachtung von 517 Investmentgrade-Emittenten außerhalb der Finanzbranche errechnete Metzler AM einen durchschnittlichen Klima-Score der Emittenten von 2,7.

Jeder vierte Emittent weist laut der Metzler-Analyse einen Score von weniger als 1,5 auf. „Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die keine Emissionsdaten veröffentlichen und sich unzureichende Klimaziele setzen“, erklärt Metzler. Jeder fünfte Emittent erreicht einen Klima-Score von mehr als 4. Bei diesen Emittenten könnte die EZB künftig stärker als Käufer aktiv werden.

Metzler berücksichtigt für die drei Kategorien folgende Daten:

  • Kategorie „Vergangenen Treibhausgasemissionen“: Scope-1- und Scope-2-Emissionsdaten auf Emittentenebene und Scope-3-Emissionen auf Sektorenebene im Rahmen eines „Best-in-Class“- und „Best-in-Universe“-Ansatzes
  • Kategorie „Klimazielen der Firmen“: Vereinbarkeit von unternehmenseigenen Klimaziele mit den Pariser Klimazielen inklusive wissenschaftliche Validierung
  • Kategorie „Datenoffenlegung“: Verfügbarkeit von Emissionsdaten sowie Verifizierung durch Dritte
  • Verifiziert wurden die Scores mit Daten von CDP, SBTi und MSCI ESG Research.

Relative Betrachtung der EZB erwartet

Die Ergebnisse fallen je nach Branche unterschiedlich aus: „Unserem Klima-Score zufolge sind Emittenten mit kritischen Klimaprofilen häufig in Wirtschaftsbereichen zu finden, in denen die Dekarbonisierung des Geschäftsmodells besonders schwerfällt“, erklärt Metzler. „Dazu zählen die Treibhausgas-intensiven Sektoren Energie, Versorger und Grundstoffe.“ Gerade der Energiesektor zeige darüber hinaus deutlichen Nachholbedarf bei der Formulierung ambitionierter Klimaziele.

Dass die EZB sich vollständig aus diesen Wirtschaftsbereichen verabschieden wird, erwartet Finter trotzdem nicht: „Wir gehen davon aus, dass die EZB auf Basis des Klima-Scores innerhalb der CO2-intensiven Sektoren differenzieren wird und erwarten hier keinen kompletten Rückzug der EZB.“ Denkbar wäre laut Metzler, dass die EZB bei Emittenten mit schlechten Klima-Scores Green Bonds gegenüber konventionellen Anleihen bevorzugt.

Beim Punkt Transparenz und Qualität der klimabezogenen Offenlegung stellten die ESG-Experten wenig Unterschiede zwischen Sektoren fest: „Wenn ein Unternehmen sich dazu entschließt, Emissionsdaten zu veröffentlichen, fällt die Offenlegungsqualität tendenziell hoch aus.“

eva.brendel[at]dertreasurer.de