Marc Kagels (links) und Peter Bauschke könnten bald in einem Treasury-Team arbeiten.

M. Kagels: Schaeffler/ P. Bauschke: privat

10.10.23
Persönlich & Personal

Schaeffler & Vitesco: Wie geht es im Treasury weiter?

Schaeffler will ein neues Schwergewicht in der Zuliefererbranche formen. Für das Vitesco-Treasury könnte damit nur zwei Jahre nach der Ausgründung bereits wieder die Reintegration anstehen.

Paukenschlag in der Autozulieferer-Branche: Schaeffler greift nach dem Regensburger Antriebsspezialisten und Wettbewerber Vitesco, der sich vor zwei Jahren von Continental abgespaltet hat. Ein entsprechendes Übernahmeangebot legten die Herzogenauracher am gestrigen Montagmorgen vor.

Schaeffler bietet demnach 91 Euro pro Vitesco-Aktie, was einem Aufschlag von rund 20 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag sowie einer Unternehmensbewertung von 3,64 Milliarden Euro entspricht. Die Vorzeichen stehen grundsätzlich gut: So hält die Familie Schaeffler, Mehrheitseigentümerin der Schaeffler AG, hält bereits knapp 50 Prozent der Anteile an Vitesco über ihre IHO Holding. Schaeffler-CEO und ehemaliger Finanzvorstand Klaus Rosenfeld hält die Übernahme daher auch für „gut finanzierbar“.  

Finanzierung laut Schaeffler-CEO Rosenfeld kein Problem

Konkret soll zunächst eine Brückenfinanzierung, bereitgestellt von der Bank of America, BNP Paribas und der Citigroup, zum Einsatz kommen. Sollten sämtliche 20 Millionen ausstehende Vitesco-Aktien angedient würden, würde das Schaeffler etwa 1,8 Milliarden Euro kosten.

Theoretisch reicht Schaeffler auch ein kleineres Aktienpaket: Rosenfeld selbst verwies auf das Erreichen einer 75-Prozent-Mehrheit, die etwa 900 Millionen Euro kosten würde. Dies sei laut dem CEO problemlos ohne Kapitalerhöhung refinanzierbar – trotz Nettofinanzschulden bei Schaeffler in Höhe von 3,2 Milliarden Euro (Stand Ende Juni 2023).

Zusammen kämen die Unternehmen auf einen jährlichen Umsatz von etwa 25 Milliarden Euro bei über 120.000 Mitarbeitern. Rosenfeld stellt bis 2029 Synergien in Aussicht, die das operative Ergebnis um bis zu 600 Millionen Euro aufbessern sollen. Bei der Erreichung wolle man sich weder von Personal noch Konzernteilen trennen.

Ereignisreiche Jahre für Treasury beider Unternehmen

Trotzdem stellt sich gerade bei derartigen Transaktionen die Frage nach Synergien in Zentralbereichen, zu denen auch das Treasury gehört. Der Abbau (technischer) Doppelstrukturen, etwa mit Blick auf TMS oder Inhouse Banking, sind sicher naheliegend.

Wie das Treasury unter gemeinsamer Flagge aussehen würde, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzbar. Dazu äußerten sich die Firmen in einem so frühen Stadium auch nicht. Gestern gab Vitesco in einem Statement bekannt, der Vorstand und der Aufsichtsrat werden „alle Informationen sorgfältig prüfen und über die nächsten Schritte entscheiden”.

Grundsätzlich liegen hinter beiden Treasury-Abteilungen jedenfalls ereignisreiche Jahre. Gerade die Perspektive von Vitesco ist dabei spannend: Folgt auf die erst vor knapp zwei Jahren vollzogene Ausgründung nun bereits wieder die Integration?

Wie herausfordernd die damaligen Aufbauarbeiten waren, hatte Vitesco-Treasury-Chef Peter Bauschke im Herbst 2021 im Gespräch mit DerTreasurer verraten. Nicht zuletzt die Tatsache, dass der Spin-off mitten in die Corona-Pandemie fiel, habe etwa die Personalsuche -und akquise erheblich schwieriger gemacht. Inzwischen sind dort die Treasury-üblichen Prozesse aber gut etabliert.

Viel Spin-off-Erfahrung bei Vitesco-Treasurer Bauschke

Dass das Mammutprojekt gelang, dürfte auch Bauschkes reichem Erfahrungsschatz zu verdanken gewesen sein: Ähnliche Aufgaben hatte er zuvor bereits beim Siemens-Spin-off Epcos (heute TDK Electronics), dem Daimler-Spin-off Tognum (heute Rolls-Royce Power Systems) und bei Osram, wo er 2016 den Treasury-Aufbau des Spin-offs Ledvance verantwortete.

„Ich wusste, was zu tun ist, wenn man auf der grünen Wiese beginnt“, so Bauschke. Am Ende stand das neue Vitesco-Treasury, das aus insgesamt sechs Bereichen besteht: Neben Front-, Middle- und Back Office setzt es sich aus den Säulen Cash Management, Credit Risk Management und Capital Markets zusammen. „So können wir die erforderliche Funktionentrennung überall einhalten“, verriet Bauschke damals DerTreasury. Dies sei eine Grundregel beim Aufbau eines neuen Treasury.

Vitesco implementiert eigene Inhouse-Bank und TMS

Darüber hinaus setzte Bauschke mit seinem Team eine Inhouse-Bank mit Intercompany-Kredit für alle Tochtergesellschaften auf – im neu implementierten Treasury Management System. Ob beziehungsweise in welcher Form diese Strukturen künftig noch benötigt werden, bleibt abzuwarten.

Interessant auch: Ende April 2020 hatte der damals noch amtierende Treasury-Chef von Schaeffler, Dirk Schreiber, im Gespräch mit DerTreasurer berichtet, dass man neben der SAP-S4/Hana-Migration ebenfalls am Aufbau einer Inhouse-Bank arbeite. Im Schaeffler-Treasury hat seit dem Weggang Schreibers zu Biontech Anfang 2022 Marc Kagels den Hut auf.

Treasury-Chef Marc Kagels ist seit 2003 bei Schaeffler

Er ist bereits seit 2003 bei den Herzogenaurachern und war lange als Head of Liquidity and Market Risk Management aktiv. Vor der Ankunft Schreibers, der Mitte 2019 nach elf Jahren Fresenius den Rücken kehrte, übernahm Kagels zudem für rund ein Jahr interimistisch die Treasury-Leitung bei Schaeffler.

Damals war der seit 2014 amtierende Treasury-Chef Thomas Ditt als CFO der Region Asia-Pacific für Schaeffler nach Singapur gewechselt. Ditt ist seit Januar wieder für Schaeffler in Bayern aktiv – als CFO Industrial in Schweinfurt. Zu seinen Verdiensten zählte insbesondere die weitere Entschuldung des Konzerns, der viele Jahre unter den hohen Verbindlichkeiten in Folge der Continental-Übernahme 2008 litt.

Besagte Verschuldung wird bei Gelingen der Fusion sicher ein relevantes Thema fürs Treasury bleiben – vielleicht ja mit einer Doppelspitze Kagels/Bauschke?

hafner[at]dertreasurer.de