Euro und Dollar nahezu in der Balance. Das hat es schon lange nicht mehr gegeben.

Claudio Divizia - stock.adobe.com

23.08.22
Risiko Management

Hedging fordert Treasurer heraus

Die hohe Unsicherheit erschwert Treasurern derzeit die Entscheidungen bei der Risikoabsicherung. Eine Option für das Hedging sind FX-Algorithmen.

Der Euro schwächelt: Mitte Juli war der US-Dollar erstmals seit 20 Jahren wieder mehr wert als der Euro. Das belastet vor allem Unternehmen mit einer großen Importabhängigkeit. Wie müssen Treasurer darauf reagieren? „Je nach Währungsrisiko sind Treasurer nun gehalten, ihre Risikomanagementstrategie zu überprüfen und Anpassungen beim Hedging-Umfang, den Hedging-Instrumenten sowie den Hedge-Zeitpunkten vorzunehmen“, rät Jan Hendrik van Bracht, Head of Corporate Sales bei HSBC Deutschland.

„Das größte Problem für Unternehmen ist, dass die Quantifizierung des Grundgeschäfts derzeit sehr unsicher ist“, ergänzt Volker Anhäuser, Währungsspezialist bei BNP Paribas Deutschland. „Gehen wir in eine Rezession? Wie stark heben die Fed und die EZB die Leitzinsen an? Was passiert mit Corona und der Energiekrise? Darauf gibt es momentan keine eindeutigen Antworten.“

Unklare Signale für die weitere Euro-Entwicklung

Dadurch seien Hedging-Entscheidungen momentan besonders schwierig zu treffen. So könnte der Euro auf 95 oder gar 90 Cent gegenüber dem Dollar fallen. Oder die Währung erholt sich. Beide Szenarien sind möglich und Experten zwiegespalten. „Volkswirte sehen fast einstimmig in den kommenden 12 bis 18 Monaten eine Erholung des Euro“, so Anhäuser. Die Händler sähen hingegen durch die vielen Krisenherde in Europa eher Momentum für den Dollar und sind deshalb skeptischer bezüglich Europas Leitwährung. 

Die Experten von HSBC Deutschland teilen die Skepsis und prognostizieren rund um 95 US-Cent zum zweiten Halbjahr 2023. „Bei den sogenannten Save-Haven-Währungen, wie beispielsweise US-Dollar, Schweizer Franken oder japanischer Yen, gehen wir vor dem Hintergrund der derzeitigen Situation in Europa von einer anhaltenden Euro-Schwäche aus“, sagt HSBC-Experte van Bracht.

Durch die zweigeteilten Meinungen wird es für Treasurer nicht einfacher, eine gute Hedging-Strategie auszutüfteln. Laut BNP-Experte Anhäuser nutzen Unternehmen, deren Im- oder Exporte durch die volatilen Währungsmärkte schwer zu beziffern sind, vermehrt Optionsgeschäfte. Unternehmen setzten mittlerweile auch verstärkt FX-Algorithmen ein. „Damit lassen sich vor allem größere FX-Volumina marktschonend exekutieren“, sagt er. Mittlerweile nutzten auch größere Mittelständler dieses Werkzeug, das bislang vor allem bei Konzernen verbreitet war.