Ab heute herrscht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ein neues Referenzkurs-Regime: Die Notenbank erfasst um 14:15 Uhr die Wechselkurse von 32 Währungen gegenüber dem Euro, sie werden künftig statt um 14:30 erst um 16 Uhr veröffentlicht. Mit dieser zeitlichen Verzögerung will die EZB erreichen, dass Marktteilnehmer die Referenzkurse nur noch zu Informationszwecken nutzen. Als Basis für Transaktionen soll das EZB-Fixing dagegen keine Rolle mehr spielen. Die Zentralbank reagiert damit auf die Vorgaben und Empfehlungen der Regulierungsbehörden, die in der Folge des 2013 hochgekochten Skandals rund um die Manipulation von Devisenkursen die Zügel beim Benchmarking angezogen hatte.
Während Banken und professionelle Investoren ohnehin auf Echtzeitdaten der einschlägigen Anbieter zurückgreifen, trifft die EZB-Entscheidung vor allem mittelgroße und kleine Unternehmen. Einige Corporate-Treasury-Einheiten nutzen das EZB-Fixing, wenn sie Hedging-Geschäfte abschließen. Das hatte das internationale Financial Stability Board (FSB) in einem Report zu FX-Benchmarks im September 2014 festgestellt. Diese Unternehmen müssen sich nun umorientieren.

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Hedging: Treasurer brauchen neue FX-Benchmark
Referenzkurse: Thomson Reuters startet kostenlose Basisvariante
Ein Anbieter, der in die EZB-Lücke stoßen will, ist Thomson Reuters. Der Datenanbieter hat deshalb gerade einen neuen Service vorgestellt: Die „WM/Reuters 2pm CET Benchmark“ steht Unternehmen ab sofort in einer Basisvariante kostenlos zur Verfügung. Auf der Website von Thomson Reuters können sie die Referenzkurse von 32 Währungen gegenüber dem Euro einsehen – allerdings mit 30 Minuten Verzögerung. „Wer Echtzeitdaten oder über einen anderen Kanal Zugang zu den Daten haben möchte, muss weiterhin bezahlen“, sagt Tobias Sproehnle, Global Head of Benchmarks bei Thomson Reuters.
Die Entscheidung, einen Teil der Daten kostenlos anzubieten, ist dem Dienstleister dennoch nicht leicht gefallen: „Wir haben aber im Gespräch mit verschiedenen Treasury-Organisationen festgestellt, dass auch reduzierte Einstiegspreise am Markt vorbeigehen“, sagt Sproehnle. Mit anderen Worten: Die Nachfrage ist selbst bei niedrigen Preisen schlicht nicht da. Dennoch hofft Thomson Reuters über die kostenlose Basisvariante zahlende Kunden zu gewinnen. Der Dienstleister hatte das „WM/Reuters-FX-Benchmark-Geschäft“ im April von State Street übernommen und bereits kurz danach neue Angebote angekündigt.
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