Unglaublich aber wahr: Wird der „Exposure Draft“ zum Hedge Accounting umgesetzt, schafft das sonst bei Bilanzerstellern eher unbeliebte IASB einen Standard, der von der Industrie in weiten Teilen begrüßt wird. „Die Industrie ist mit den neuen Vorschlägen zum Hedge Accounting sehr zufrieden. Denn bisher dürfen Industrieunternehmen ihr Risikomanagement bilanziell weitestgehend nicht abbilden, auch gesicherte Risiken bringen Volatilität in die Bilanz. Das ändert sich nun“, sagt Dr. Jan-Velten Große, Hedge-Accounting-Experte beim deutschen Standardsetzer DRSC.
Die derzeitige Situation ist für viele Industrieunternehmen unbefriedigend: So kommen CFOs gegenüber ihren Investoren aufgrund der fehlenden Möglichkeiten zur bilanziellen Erfassung von Risikoabsicherungen bisher immer wieder unnötig in Erklärungsschwierigkeiten. Manche Unternehmen versuchen dieser Problematik mit angepassten EBIT-Zahlen zu begegnen: Eine Lösung, die Investoren aufgrund der hohen Subjektivität nicht gerne sehen. Andere verzichten aufgrund der fehlenden bilanziellen Abbildung sogar auf ökonomisch sinnvolle Sicherungsgeschäfte. Wieder andere, wie jüngst erst die Staatsbank KfW, versuchen die Schwankungen aus Bewertungseffekten in der GuV wortreich zu erklären.

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IASB erleichtert Hedge Accounting
Absicherungen endlich adäquat bilanzieren
Der für April 2012 erwartete „Review Draft“ geht diese Problematik an. Wesentliche Zielsetzung ist es, dass das Risikomanagement bzw. die im Risikomanagement verwendeten Absicherungen bilanziell adäquat abgebildet werden können. Gemäß dem bisher gültigen Standard IAS 39 dürfen Sicherungszusammenhänge zumeist nur dann bilanziell abgebildet werden, wenn sich diese auf Risiken von Finanzinstrumenten, also beispielsweise das Zinsrisiko einer Anleihe, beziehen. Diese Einschränkung entfällt zukünftig. Wer also zum Beispiel Flugbenzin kauft und dabei mit einem Rohölpreis-Hedging eine Risikokomponente sichert, darf dies bilanziell erfassen. Ein schwankender, aber gehedgter Rohölpreis wird damit keine GuV-Auswirkungen mehr haben.
Auch Absicherungen, die sich auf Nettopositionen wie beispielsweise eine Netto-US-Dollar-Exposition beziehen, dürfen bilanziell erfasst werden. Dabei wird der bisherige quantitative Effektivitätstest durch einen qualitativen Test ersetzt. Damit muss zukünftig regelmäßig, aber nur prospektiv bewertet werden, ob ein Hedge effektiv ist. Allerdings entfällt das Wahlrecht, eine Hedging-Position aufzulösen: Ist das Risikomanagement unverändert, ist ein einmal begründeter bilanzieller Hedge nicht aufzulösen, sondern nur anzupassen. Ändert sich dagegen das Risikomanagement, ist die Hedging-Beziehung zwingend aufzulösen.
Auch wenn manche Stimmen den mit der bilanziellen Erfassung und regelmäßigen Bewertung verbundenen hohen Aufwand kritisieren, darf sich die Industrie insgesamt auf den neuen Standard freuen. Allerdings wird die Vorfreude noch etwas anhalten: Vor 2015 dürfen die neuen Regeln nicht angewendet werden.
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