Herr Linker, die Coronakrise hält die Risikomanager seit nunmehr fast zwölf Monaten auf Trapp. Sie sind nicht nur Treasury-Chef des Holzverarbeiters Pfleiderer, sondern sprechen als Vorstandsmitglied des Verbands Deutscher Treasurer (VDT) auch regelmäßig mit Ihren Kollegen. Was bleibt aus Ihrer Sicht vom Krisenjahr 2020?
Da gibt es einiges. Eine der wichtigsten Erkenntnisse für mich ist aber, dass die Bedeutung des Treasury immens gestiegen ist. Durch die Coronakrise sind wir enger an das operative Geschäft herangerückt. Die Vertrauensbasis ist in allen Geschäftsbeziehungen enorm wichtig. Als Treasurer ist man der erste Verkäufer der Unternehmensbonität. Diese Vernetzung mit dem operativen Geschäft wird bleiben – und das ist gut so.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
In meinem Fall war es beispielsweise so, dass ich nicht nur mit Banken, sondern auch mit wichtigen Kunden und Lieferanten telefoniert habe, um den Geschäftsverlauf während der Coronakrise transparent zu machen. Was für mich ein Signal der Stärke war, weil wir nach kurzem Dip im 2. Quartal schnell in eine starke Erholung drehen konnten und letztlich sogar 2020 besser abgeschnitten haben als im Vorjahr.
Um Liquiditätsrisiken zu senken, diversifizieren viele Konzerne ihre Finanzierungsquellen. So hat etwa Fraport gerade ein Commercial Paper Programm aufgelegt, Adidas hat ein externes Rating eingeholt, um flexibler am Kapitalmarkt zu sein - um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie sieht es im deutschen Mittelstand aus? Ist der breit genug aufgestellt?
Aus Risikomanagement-Sicht ist es wichtig auch bei der Finanzierung nicht nur auf einem Fuß zu stehen. Da gibt es im Mittelstand sicher noch Nachholbedarf. Ich würde die Diskussion aber nicht auf die Kapitalmarkt-Komponente beschränken. Schließlich darf man sich auch nicht nur auf eine oder wenige Banken verlassen.
Warenkreditversicherung
Unternehmen schließen eine Warenkreditversicherung ab, um sich vor unbezahlten Rechnungen beziehungsweise offenen Forderungen abzusichern. Das stärkt auch den Cashflow eines Unternehmens und senkt Exportrisiken. Im Zuge der Coronakrise kamen die Kreditversicherer dabei unter Druck. Der Bund unterstütz sie mit einem Schutzschirm, der noch bis Mitte 2021 geht. Der Schutzschirm soll sicherstellen, dass Warenkreditversicherer Deckungszusagen für Unternehmen weiterhin aufrechterhalten können. Wird das den beteiligten Parteien tatsächlich durch die Krise helfen und wie geht es danach weiter?