Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel

27.06.23
Software & IT

Das war das 1. Future FINANCE Festival

Welche Technologien werden die Finanzabteilung verändern, was ist nur ein Hype – und welche Skills brauchen Finanzer künftig? Darüber diskutierten die Teilnehmer des 1. Future FINANCE Festivals.

„Quantencomputing ist die disruptivste Technologie des Jahrhunderts“: Mit diesen Satz eröffnete Markus Pflitsch, Quantenphysiker und Gründer seines Unternehmens Terra Quantum, das allererste Future FINANCE Festival, das FINANCE gemeinsam mit der ING am vergangenen Mittwoch veranstaltet hat. Das Event, das sich an Young Professionals aus der Finanzabteilung richtet, zog über 120 interessierte aufstrebende Finanzmitarbeiter aus Konzernen und mittelständischen Unternehmen nach Düsseldorf.

 

Quantencomputing bietet Finanzern viele Chancen

In seiner Keynote riet Pflitsch, die Entwicklung im Bereich Quantencomputing dringend auf dem Schirm zu behalten. Denn mit der Technologie können Finanzer – stark vereinfacht gesagt – große Datenmengen mit einer Geschwindigkeit und Präzision bearbeiten. Das ist zurzeit mit klassischen High-Performance-Computern nicht möglich.

Eine Herausforderung gibt es jedoch: Zurzeit hinkt die Hardware der Software hinterher. Die Technologie lasse sich aber trotzdem schon in hybrider Weise nutzen. Vorreiter sind Konzerne wie Volkswagen, Uniper, Thales oder auch Evonik, die Quantencomputing schon für sich entdeckt haben. Im Finanzbereich sieht Pflitsch zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, etwa bei der Asset Allocation, im Fremdwährungs- sowie im Risikomanagement.

So digitalisiert Siemens Healthineers das Treasury

Parallel berichtete Milan Kalajdzic, Head of Trade Finance bei Siemens Healthineers, von Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekten bei den Erlangenern. So hat das Unternehmen unter anderem eine End-to-End-Lösung im Trade-Finance-Bereich entwickelt, mit der Bankgarantien mit der Global Trade Cooperation GTC digital angefordert und abgewickelt werden können. Zudem arbeitet das Treasury mit Machine Learning und Backtesting bei seinen Liquiditäts-Forecasts. Für dieses Projekt wurde die Treasury-Abteilung im vergangenen Jahr mit dem Award „Treasury des Jahres“ ausgezeichnet.

Darüber hinaus nutzt Siemens Healthineers „Robotic Process Automation“, kurz RPA, im Treasury. Mit dieser Technologie können einfache, repetitive Aufgaben – wie etwa die regelmäßige Prüfung, ob einzelne Banken auf einer Sanktionsliste stehen – von einem Roboter erledigt werden. Einige Aufgaben können die Roboter eigenständig übernehmen, wiederum andere Aufgaben muss ein Mitarbeiter den Prozess überwachen. Zurzeit hat Siemens Healthineers fünf dieser Roboter im Einsatz.

Audi und Bosch über digitale Trends in Fishbowl

Innovative Diskussionsformate durften beim Future FINANCE Festivals nicht fehlen. In einer Fishbowl diskutierten Kristin Meisch, Expert Coordinator Risk Management bei Skoda Auto, und Wayne Kern, Vice President Commercial Responsibility bei Bosch, gemeinsam mit Event-Teilnehmern über digitale Trends sowie Hypes in der Finanzabteilung.

Meisch, zurzeit als Expat für Audi bei Skoda, hat an dem E-Payment-Projekt Audipay mitgearbeitet, für das der Autohersteller den Preis „Treasury des Jahres“ im Jahr 2021 erhalten hat. Kern war Teil des Teams bei Bosch, das eine Brennstoffzellenanlage entwickelt hat, die künftig nur auf Wasserstoff basieren soll – und die von Unternehmen über Pay per Use genutzt werden kann. Die Fishbowl-Teilnehmer waren sich einig, dass digitale Vorstöße wie von Audi und Bosch dem Zeitgeist entsprechen. Finanzmitarbeiter müssten daher lernen, ihr reines Finanzdenken abzulegen.

Wie Young Professionals ihre Stärken erkennen

Recruiting war das Thema der Diskussionsrunde mit Lukas Linnig, Mitgründer und Co-CEO von Akribion Genomics, sowie Paul Taaffe, Gründer und Inhaber von FINANCE People Solutions. Beide sprachen darüber, welche Skills Finanzer heutzutage mitbringen müssen – und wie sich Unternehmen positionieren sollten, um die Young Professionals für sich zu begeistern.

Doch wie findet man überhaupt heraus, wo die eigenen Stärken liegen? Dazu gab es ein Speed-Coaching von Jens Alsleben, Business Coach und Gründer seiner Beratung „Stark im Sturm“. Seine Überzeugung: Stärkenorientiertes Führen ist der Schlüssel zum Erfolg. Nur wer seine Mitarbeiter – egal ob jung oder alt – richtig fördert und fordert, holt das Beste aus seinem Team heraus.

ING präsentiert Studie Future Banking Skills

Vor großen Veränderungen steht indes das Firmenkundengeschäft der Banken, denn Unternehmen verlangen nach einer immer individuelleren Beratung. Welche Skills und Kompetenzen dafür künftig relevant sind, darüber gibt die neue Studie „Future Banking Skills“ von FINANCE, ING und F.A.Z. Business Media | research Aufschluss. Die ausführlichen Studienergebnisse sowie die Studie zum Download finden Sie hier.

Ein Kernergebnis: Während die Bankberater glauben, Kommunikationsfähigkeit ist einer der wichtigsten Skills für Banker, spielt diese Kompetenz für Corporates nur eine untergeordnete Rolle. Unternehmensentscheider fordern den Studienergebnissen zufolge vor allem Verständnis für die Unternehmensziele.

Das bringt ChatGPT der Finanzabteilung

Zum Abschluss präsentierte Hamidreza Hosseini, Gründer und CEO von Ecodynamics, in einer Live-Demo Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT im Finanzbereich. Vor dem Publikum führte der Experte beispielhafte Cashflow- und Bilanzanalysen durch. Auch eine Restrukturierung inklusive einer Abspaltung habe Hosseini mit ChatGPT schon durchgespielt. Sein Tipp: Plug-ins wie Noteable einsetzen. Und: „Wenn man keine Ahnung von einer Domäne hat, kann es gefährlich werden, sich auf ChatGPT zu verlassen. Bleibt lieber auf eurem eigenen Terrain.“

s.backhaus[at]dertreasurer.de