Bei Schur Flexibles bahnt sich ein Eigentümerwechsel an: Wie FINANCE (Schwesterpublikation von DerTreasurer) aus mehreren unabhängigen Quellen erfahren hat, sollen die Finanzierungsgeber – darunter Banken und Hedgefonds – erwägen, die Zügel bei dem Verpackungshersteller an sich zu reißen. Hintergrund: Die Österreicher sind tief in einer Finanzmisere und kämpfen ums Überleben. Die beiden Eigentümer scheinen nicht mehr gewillt zu sein, das Unternehmen zu stützen.
Speziell der Hauptgesellschafter, die österreichische B&C-Gruppe, sieht sich mit einem massiven Schaden konfrontiert. Der Investor hatte die Mehrheitsanteile an Schur Flexibles erst im vergangenen Jahr vom Investor Lindsey Goldberg übernommen, der noch mit 20 Prozent investiert ist. Doch danach waren massive Compliance-Probleme ans Tageslicht gekommen. Ein Insider berichtet gegenüber FINANCE von einer Selbstbedienungsmentalität des ehemaligen Managements, kombiniert mit einem „sehr aggressivem Accounting“.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Schur Flexibles Holding GesmbH
Finanzmisere bei Schur Flexibles

Update am 8. Juni 2022:
Nun wurde bekannt, dass bei Schur Flexibles die Gläubiger die Kontrolle übernehmen werden, was die Recherchen von FINANCE bestätigt. Demnach stehen der Unternehmensgruppe in zwei Tranchen insgesamt 150 Millionen Euro an neuer Liquidität zur Verfügung – 60 Millionen Euro unmittelbar ab sofort, weitere 90 Millionen Euro mit Closing im Herbst. Die Finanzierer verzichten demnach auf bis zu 75 Prozent ihrer Forderungen. Die derzeitigen Aktionäre von Schur Flexibles ermöglichen laut einer Mitteilung des Unternehmens die notwendige Rekapitalisierung und Restrukturierung der Finanzen und Kredite. Bis zum Closing werden B&C sowie Lindsey Goldberg ihre Anteile an Schur Flexibles an eine neue Eigentümergruppe bestehend aus aktuellen Schur-Gläubiger übertragen. Mehr Hintergründe finden Sie im Artikel von FINANCE.
Banken halten bei Schur Flexibles still
Bereits seit Mitte März stehen deshalb die Zeichen offenbar auf Eigentümerwechsel. Die Banken halten demnach still, um eine Zahlungsunfähigkeit von Schur Flexibles zu vermeiden. Dass die Term-Loan-B-Kredite deutlich unter par gehandelt werden, zeigt, wie angeschlagen das Unternehmen ist. Der Branchendienst „Debtwire“ schreibt Ende April von Preisen zwischen 54,92 und 59,21 Prozent des Buchwerts. Der hohe Abschlag signalisiert, für wie angeschlagen Schur Flexibles gehalten wird.
Allerdings sind die Kernbanken wie Unicredit, Erste Bank und RBI noch an Bord und hoffen auf einen glücklichen Ausgang. Weil aber offenbar nicht alle Eigentümer bei der Restrukturierung an einem Strang ziehen, sollen die engagierten Banken und Hedgefonds nun eine Lender-led Solution anstreben, ist aus dem Markt zu hören.
Zu den Gläubigern gehören allerdings auch der US-Investor Apollo sowie zahlreiche CLOs – und daneben Hedgefonds, die sich günstig in die Kredite eingekauft haben. Apollo drängt nun offenbar auf einen Tausch der Schulden in Eigenkapital (Debt-Equity-Swap). Käme es dazu, stünden sowohl die Anteile von Minderheitseigentümer Lindsay Goldberg als auch das Mehrheitspaket von B&C auf dem Spiel. B&C wollte die aktuellen Geschehnisse auf Nachfrage von FINANCE nicht kommentieren. Ähnlich positioniert sich Schur Flexibles selbst: Wegen der laufenden Verhandlungen gebe das Unternehmen „derzeit keine Informationen oder Kommentare“.
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