TIS: „Niemand möchte gern der erste Kunde sein“

Herr Wiemer, vor zehn Jahren ging TIS erstmals an den Markt. Sie waren zum damaligen Zeitpunkt noch Treasurer bei SAP. Wie kam es zu der Neugründung?
Im Prinzip wollten wir damals ein Problem von Kunden lösen, das ich selbst als Treasurer hatte: sicheren Zahlungsverkehr ohne manuelle Brüche anbieten. Wir haben quasi auf der grünen Wiese angefangen und uns direkt auf die Cloud-Technologie konzentriert. Mit Erol Bozak hatten ich einen Mitgründer an der Seite, der als Cloud-Experte von SAP die technologische Seite sehr gut abgedeckt hat.

Wie kamen der Kontakt mit Bozak und die Geschäftsidee überhaupt zustande?
Wir hatten die Idee zur TIS im Rahmen eines Executive MBA-Programms an der Universität Mannheim, das ich arbeitsbegleitend besucht habe. Das Ganze fand in enger Abstimmung mit SAP statt, die sich anfangs mit einem Darlehen beteiligte, das später in eine eigenkapitalähnliche Beteiligung gewandelt wurde. Der damalige CFO Werner Brandt (Anm. der Red.: heute Aufsichtsrat u.a. bei RWE, Lufthansa und Siemens) unterstützte das Projekt wie auch der Mannheimer Professor Armin Heinzl, der später in unseren Aufsichtsrat ging.

TIS: „Heute ist die Cloud der Marktstandard“

Jede Unternehmensgründung ist schwer. Was war am Anfang die größte Herausforderung?
Das typische Henne-Ei-Problem bei einer Gründung: Man braucht Referenzen, um zu zeigen, dass die Technologie funktioniert. Doch niemand möchte gern der erste Kunde sein. CFOs und Treasurer sind sehr gute Risikomanager, aber eben häufig keine „Early Adopters“. Bis die ersten angesprungen sind, hat es länger gedauert als gedacht. Und es war eine Wette auf die Cloud-Technologie.

Die war vor zehn Jahren ja keineswegs Standard, sondern wurde teils kritisch beäugt.
Richtig. Es gab einen Wettbewerber, der gesagt hat: „Zahlungsverkehr in der Cloud wird nie was“. Wir hatten aber schon beim Schreiben des Businessplans eine klare Vision, und unsere Umfragen zeigten, dass sich eine Mehrzahl der Treasurer einen Einsatz von Cloud-Technologie vorstellen konnte. Mit dem E-Banking war ja schon vieles internetbasiert. Wichtig war aus meiner Sicht zudem, dass wir ein Problem mit einer skalierbaren Technologie schnell lösen, ohne bei den Kunden ein großes IT-Projekt anzustoßen. Diese Annahmen haben sich bewahrheitet. Heute ist die Cloud der Marktstandard, und unsere Vision ist erfolgreiche Realität, das macht uns sehr glücklich.

Ob es in der Anfangszeit Nahtoderfahrungen bei den TIS-Gründern gab, wie es finanzierungsseitig bei dem Cloud-Anbieter aussieht und wie sich TIS im Vergleich zu Treasury-Software-Anbietern sieht, lesen Sie nach dem Login im E-Magazin 3-2020.

Markus Dentz ist Chefredakteur von DerTreasurer und der Fachzeitschrift FINANCE. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury.