Green Finance: Was Nachhaltigkeit dem Treasury bringt

Nachhaltigkeit ist auch in Finanzabteilungen zum Trendthema geworden. Zwischen Marketing und wirtschaftlicher Notwendigkeit – DerTreasurer fasst zusammen, was Sie über Green Finance wissen müssen.

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Nachhaltigkeit ist längst ein Business Buzzword geworden: Auch viele Unternehmen beschäftigen sich verstärkt mit dem Thema Green Finance. Das Stichwort ESG (Environmental, Social, Governance) treibt den gesamten Finanzmarkt um. Sein Gegenstück findet der noch junge Markt in dem Trend zur nachhaltigen Geldanlage – dem ESG-Investing.



Was ist eigentlich Green Finance? Knackpunkt Definition

Bislang gibt es keine einheitlichen Green-Finance-Definition. Doch es haben sich inzwischen eine ganze Reihe von Marktstandards entwickelt und die EU arbeitet daran, mehr Einheitlichkeit zu schaffen. Im Kern beschreibt der Begriff alle Finanzierungsformen, die dazu dienen sollen, Nachhaltigkeit zu fördern. Oft geht es dabei speziell um den Kampf gegen den Klimawandel. Aber auch Finanzierungen, die der Umwelt insgesamt zuträglich sein sollen oder auch positive soziale Effekte haben, werden häufig so bezeichnet.

Der Begriff Sustainable Finance wird häufig synonym mit Green Finance verwenden. Das liegt daran, dass grüne Finanzierungen bisher den Markt für nachhaltige Finanzierungen dominieren. Allerdings steigt auch die Bedeutung von Finanzierungen, die explizit auf soziale Faktoren abstellen – oder aber auf Nachhaltigkeit generell.


Die Relevanz von Green Finance wächst

Wie weit das Thema Nachhaltigkeit inzwischen in Finanzabteilungen verbreitet ist, zeigt eine Analyse, die die LBBW gemeinsam mit der DerTreasurer-Schwesterpublikation FINANCE durchgeführt hat. Laut der Befragung unter Treasurern und Finanzverantwortlichen haben sich bereits 68 Prozent von ihnen mit nachhaltigen Finanzierungen auseinandergesetzt. Das ist deutlich mehr als noch 2019 – damals waren es nur 52 Prozent.

Green FINANCE

Die Coronakrise hat Green Finance nicht von der Agenda verdrängt. Grüne Finanzierungen und nachhaltige Kapitalanlagen stehen in der Finanzwelt weiterhin hoch im Kurs – vielleicht sogar mehr denn je. Die erste „Green FINANCE Konferenz – Die Digitalkonferenz für grüne Finanzierung“ bietet Finanzentscheidern die Möglichkeit, aktuelle Trends im Bereich der nachhaltigen Finanzierung zu diskutieren und Denkanstöße für die eigene Arbeit zu erhalten.



Die wichtigsten Green-Finance-Instrumente

Finanzierungen, die unter den Begriff Green Finance fallen, lassen sich grob in zwei Kategorien aufteilen. Instrumente aus der ersten Kategorie dienen dazu, konkrete nachhaltige Projekte zu finanzieren. Die Verwendung der Mittel, die über so ein Instrument eingesammelt werden, sind also zweckgebunden. Unter die nachhaltigen Projektfinanzierungen fallen unter anderem die folgenden Instrumente.

 

  • Förderkredite

    Staatliche Förderbanken geben schon lange besondere Finanzierungen für diejenigen aus, die in nachhaltige Projekte finanzieren wollen. In der Unternehmenswelt können dazu beispielsweise Sanierungen für mehr Energieeffizienz fallen oder Projekte, die Abwärme aus dem Produktionsprozess bestmöglich nutzen. In der Diskussion über Green-Finance-Instrumente spielen diese Kredite allerdings eine untergeordnete Rolle, da es hier um staatliches Kapital geht. In der aktuellen Debatte steht die Steuerung der privaten Kapitalflüsse im Fokus

  • Green Bonds

    Grüne Anleihen stellen wohl das bekannteste Green-Finance-Instrument dar. Der Markt ist zwar noch recht jung, doch inzwischen hat sich das Finanzierunginstrument sowohl bei staatlichen Akteuren wie auch Unternehmen etabliert. Der Erlös eines Green Bonds kann nur für nachhaltige Projekte verwendet werden. Welche das sind, legt das Unternehmen selbst fest. Einen regulatorischen Rahmen haben solche Bonds nicht, allerdings hat sich inzwischen mit den Green Bond Principles ein Marktstandard entwickelt. Zudem ist es üblich, sich im Vorfeld einer Green-Bond-Emission eine sogenannte Second Party Opinion einzuholen. Dieses externe Gutachten von einer spezialisierten Nachhaltigkeitsagentur bestätigt, dass die Projekte geeignet sind und das der Emittent die Anforderung des Marktes an Green Bonds erfüllt. Die EU hat inzwischen ebenfalls einen Green Bond Standard entwickelt, der allerdings nicht verpflichtend ist.

  • Green Loans und Green Schuldscheine

    Nach dem gleichen Prinzip, lässt sich jedes Schuldinstrument zu einer grünen Finanzierung machen. Auch Kredite können speziell für nachhaltige Kredite vergeben werden. Das spezifisch deutsche Finanzierungsinstrument Schuldschein wird ebenfalls dafür genutzt, Kapital zur Finanzierung oder Refinanzierung von nachhaltigen Projekten zu verwenden. Die Rahmenbedingungen dafür ähneln denen eines Green Bonds. Auch für solche Finanzierungen wird in der Regel eine Zweitmeinung, also eine Second Party Opinion, angefordert.

     

Die zweite Kategorie der Green-Finance-Instrumente hat sich erst später entwickelt. Sowohl Investoren als auch Unternehmen selbst hatten zuvor nach Finanzierungswegen gesucht, die die Nachhaltigkeitsleistung des ganzen Unternehmens in den Mittelpunkt stellen. So sind Finanzierungen mit Nachhaltigkeitskomponente entstanden, bei denen die Finanzierungskosten je nach Nachhaltigkeitsperformance sinken oder steigen. Die Mittel solcher Transaktionen sind nicht projektgebunden und können für alle Unternehmenszwecke verwendet werden.

 

  • ESG-linked Loans:

    Inzwischen sind Kreditvereinbarungen, bei denen die Marge an eine Nachhaltigkeitskomponente gekoppelt ist, weit verbreitet. Sie werden ESG-linked Loan oder Sustainability-linked Loan genannt. Vor allem deutsche Großkonzerne haben diese Variante bei Konsortialkrediten für sich entdeckt. Die Marge ist dabei entweder an ein ESG-Rating einer spezialisierten Nachhaltigkeitsagentur oder an individuell vereinbarte Kennzahlen geknüpft. Das kann etwa der Co2-Ausstoß oder der Anteil der erneuerbaren Energien sein. Aber auch viele andere Kennzahlen und soziale Leistungsindikatoren sind möglich. Je nachdem, ob sich die Nachhaltigkeitsleistung verbessert oder verschlechtert, erfolgt ein Step-up oder Step-down der Kreditmarge. Ob es zu einer Veränderung kommt, wird meist jährlich geprüft. In der Regel bewegen sich der mögliche Bonus oder Malus zwischen 2 und 5 Basispunkten.

  • ESG-linked Schuldschein:

    Analog zum Kredit lässt sich eine Nachhaltigkeitskomponente auch bei einem Schuldschein einbauen. Die Funktion ist die gleiche, die Zinsmarge kann sinken oder steigen, je nachdem ob das Unternehmen sich beim Rating verbessert oder verschlechtert, beziehungsweise bei den Nachhaltigkeitsindikatoren gut oder schlecht abschneidet. Auch die Höhe der möglichen Margenänderungen und die jährliche Prüfung ist mit dem Vorgehen bei Krediten vergleichbar.

  • ESG-linked Bond

    Am Bondmarkt hat sich der Einbau dieser Komponente inzwischen ebenfalls etabliert. Der Startschuss fiel 2019: Der italienische Stromkonzern Enel hat damals einen Bond platziert, dessen Zinsmarge an ein Nachhaltigkeitsziel gekoppelt ist. Erreicht der Konzern das Ziel nicht, so steigt der Kupon. Nach diesem Prinzip funktionieren inzwischen viele Sustainability-linked Bonds. Im Unterschied zu Krediten und Schuldscheinen gibt es in der Regel nur einen Step-up. Das Unternehmen hat also keine Chance, die Finanzierungskosten zu senken. Ob das entsprechende Ziel erreicht wurde, wird meist nur einmal geprüft. Folgt der Step-up, so ist der höhere Kupon für die Restlaufzeit des Bonds zu zahlen. Noch hat sich kein Marktstandard entwickelt, da die Zahl der Transaktionen noch überschaubar ist. Meist fallen zwischen 25 und 75 Basispunkte mehr an, wenn das Ziel verfehlt wird. Damit ist der Aufschlag deutlich höher als bei Krediten und Schuldscheinen.

 

 


ESG trifft Lieferkette: Sustainable Supply Chain Finance

An Bedeutung gewinnen dürfte in den kommenden Jahren auch das Thema Sustainable Supply Chain Finance im Green-Finance-Universum. Hierbei handelt es sich nicht um ein Instrument zur Finanzierung des eigenen Unternehmens, sondern einen Mechanismus, um die eigenen Zulieferer zu mehr Nachhaltigkeit anzuhalten. Allerdings kann damit auch das eigene Working Capital verbessert werden, sofern Zahlungsziele infolge der Zwischenfinanzierung verlängert werden. Je besser die Nachhaltigkeitsleistung eines Lieferanten ist, umso günstigere Konditionen können ihm über ein Supply-Chain-Finance-Programm des Unternehmens angeboten werden. Gerade bei der Lieferkette wird neben dem ökologischen Aspekt auch die soziale Komponente eine wichtige Rolle spielen. Auch die Politik nimmt das Thema verstärkt in den Blick und will Unternehmen dazu bringen, die Einhaltung von Menschenrechten entlang ihrer Lieferketten genauer zu überprüfen. Dazu gibt es den Vorstoß für ein Lieferkettengesetz.


Green Finance: Die Politik treibt das Thema voran

Während Unternehmen sich derzeit aus freien Stücken mit dem Thema Green Finance befassen, gibt es auch eine ganze Reihe von regulatorischen Entwicklungen, die diesen Trend verstärken. Zum einen ist die EU sehr aktiv dabei, private Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken. Dafür hat sie den Sustainable Finance Action Plan ausgerufen, der aus vielen verschiedenen regulatorischen Bausteinen besteht. Dazu gehört etwa der EU Green Bond Standard, sowie die Entwicklung der EU-Taxonomie, einem Kriterienkatalog, der Investoren beim Identifizieren nachhaltiger Investmentmöglichkeiten helfen soll.

Auch auf deutscher Ebene arbeitet man daran, Deutschland zum führenden Sustainable-Finance-Standort zu machen. Eigens dazu wurde der Sustainable-Finance-Beirat ins Leben gerufen, der die Bundesregierung bei der Entwicklung ihrer Sustainable-Finance-Strategie beraten soll. Er besteht aus Vertretern der Finanz- und Realwirtschaft, sowie Mitgliedern aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

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