Nach der Sepa-Umstellung rollt nun die Zentralisierungswelle durch deutsche Treasury-Abteilungen. Ein Unternehmen, das das Schlagwort Sepa 2.0 mit Leben füllt, ist B. Braun Melsungen: Der nordhessische Medizintechnikkonzern erweitert gerade seine Inhouse Bank, um künftig alle ein- und ausgehenden Zahlungen des Unternehmens über diese zu steuern. Von den über 100 an der Inhouse Bank teilnehmenden Gesellschaften verwenden bereits 30 die neuen Funktionalitäten. In einem Jahr sollen es nahezu alle sein, sagt Rainer Stirn, Head of Treasury - Cash Management bei B. Braun: „Unser Fokus liegt zunächst auf Europa und dem Euro, später sollen aber auch andere Währungen und Gesellschaften außerhalb des Euroraums aufgesetzt werden – soweit es die Regulatorik lokal zulässt."
B. Braun nutzt bereits seit mehr als zehn Jahren eine Inhouse Bank für konzerninterne Zahlungen und das Cash Pooling. Vor drei Jahren begann das Unternehmen dann auch externe Ausgangszahlungen dort zu zentralisieren: „Wir mussten den Euro-Zahlungsverkehr wegen Sepa ohnehin überarbeiten, so konnten wir beides kombinieren“, sagt Stirn Dieses Payments-on-behalf-of-Modell stieß jedoch an Grenzen: Aus Datenschutzgründen kann B.Braun Gehaltszahlungen nicht über den transparenten Prozess der Inhouse Bank abwickeln: „Wir hätten die SAP-Standardprozesse unserer In-house-Bank ziemlich verbiegen müssen, um eine Lösung zu finden“, sagt der Treasurer.

B. Braun Melsungen
B. Braun zentralisiert Zahlungsverkehr mit virtuellen Konten
Gehaltszahlungen zentralisieren dank virtueller Konten
Es gab eine bessere Lösung: virtuelle Konten. Dabei handelt es sich um virtuelle IBANs, die ein Unternehmen seinen Tochtergesellschaften zuordnen und dann mit einem realen Konto verbinden kann. Dieses Konstrukt erlaubt es B. Braun Gehaltszahlungsdateien weiterhin lokal zu erstellen, abgebucht wird das Geld aber von einem zentralen Bankkonto, das mit den jeweiligen virtuellen IBAN verknüpft ist. Gleichzeitig erkennt SAP im Bankauszug die virtuelle IBAN und belastet das entsprechende Inhouse Bankkonto der Tochter: „So konnten wir auch diese Zahlungsausgänge als Payments-on-behalf vom Bankkonto der Muttergesellschaft zentralisieren“, sagt Stirn.
Und der Medizintechnikkonzern geht sogar noch einen Schritt weiter – und will auch eingehende Zahlungen mit einem Collections-on-behalf-Modell auf einem realen Konto pro Währung zentralisieren: „Dies war bei der Einführung der In-house Bank noch utopisch, da die Eingangszahlungen nicht massenhaft automatisch zugeordnet werden konnten“, erinnert sich Stirn. „Wenn der Verwendungszweck nicht richtig angegeben ist, woher sollten wir wissen, an welche Konzerngesellschaft das Geld geht?“ Jetzt wird die virtuelle IBAN den Kunden und anderen Geschäftspartner als Bankverbindung der Konzerngesellschaft mitgeteilt. Ihre Zahlungen können dadurch auf ein zentrales reales Bankkonto fließen und im Inhouse Banking-Tool den Konten der Konzerngesellschaften automatisiert zugewiesen werden.
Wird Cash Pooling überflüssig?
Noch befindet sich B. Braun mitten in der Implementierung – und Stirn ist realistisch: „Das System wird sich aufgrund unterschiedlicher Regulierungen vor allem außerhalb von Europa leider nicht so schnell etablieren lassen.“ Dennoch wird der Zahlungsverkehr immer zentraler – und zumindest im Euro-Raum könnte Cash Pooling bei B. Braun bald überflüssig sein. Das Cash liegt ja ohnehin auf einem Konto.
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