Factoring profitiert von zurückhaltenden Banken

Rekord im Factoring: Die Deutsche Factoring-Branche blickt auf ein überdurchschnittlich gutes Jahr 2022 zurück. Dank eines Wachstums von 20,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erreichten die Mitglieder des Deutschen Factoring-Verbands ein neues Rekordumsatzvolumen in Höhe von 372,9 Milliarden Euro. Nach Angaben des Verbands repräsentieren seine 44 Mitglieder mit rund 98 Prozent nahezu vollständig das hierzulande getätigte Factoring-Geschäft.

Was sind die Ursachen? Nach Einschätzung von Helmut Karrer, Vorstandsmitglied im Deutschen Factoring Verband und bei A.B.S. Global Factoring, hat die Zurückhaltung der Banken Vorschub geleistet: „Banken verhalten sich bei der Kreditvergabe seit vielen Monaten deutlich restriktiver. Davon profitieren alternative Finanzierungsformen wie Factoring, Leasing oder Einkaufsfinanzierung.” Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen hätten es dieser Tage in Verhandlungen mit den Hausbanken nicht leicht – entsprechend stark sei hier der zu beobachtende Nachfrageschub für Factoring.

Factoring wächst national und international

Zum neuen Rekordvolumen trug dabei sowohl das nationale auf 263,7 Milliarden Euro (plus 19,3 Prozent) als auch das internationale Geschäft 109,2 Milliarden Euro (plus 23,7 Prozent) gegenüber 2021 stark zulegte.

Bei Letzterem entfiel mit 102,7 Milliarden Euro (plus 24,1 Prozent) der Großteil auf das Export-Factoring. Das Import-Factoring-Volumen stieg 2022 aber ebenfalls signifikant um 17,5 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro.

Heruntergebrochen auf Branchen dominierten unverändert die Segmente Handel/Handelsvermittlung, Gesundheitswesen sowie Metallerzeugung und -verarbeitung das Geschehen. Die wichtigsten Partnerländer und -regionen blieben 2022 Osteuropa, Benelux, Österreich und die USA. Auf Rang 5 folgt Skandinavien, das gleich vier Plätze gut machen konnte und sich laut Verband „als zunehmend relevanter Partner in der Krise” erweist.

Factoring-Quote steigt auf knapp 10 Prozent an

Ebenfalls ein neuer Höchststand konnte bei der Factoring-Quote registriert werden: Die Kennziffer, die das Verhältnis zwischen angekauftem Forderungsvolumen der Mitgliedsinstitute und dem deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst, stieg von 8,7 auf 9,7 Prozent. Damit rangiert Deutschland nach Angaben des Deutschen Factoring-Verbands noch immer deutlich hinter vielen anderen europäischen Ländern. In Belgien etwa habe die Quote 2021 bei 20 Prozent gelegen, in Frankreich, Italien und den Niederlanden seien es rund 15 Prozent gewesen.

Verbandssprecher Michael Menke wertet die guten Zahlen als Beleg dafür, dass das Finanzierungsinstrument Factoring „alle Unternehmensgrößen als Stabilisator durch die aktuellen Herausforderungen begleitet“. Insgesamt nutzten 2022 demnach über 105.000 Kunden hierzulande Factoring. Dies entspricht einem Plus von gut 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Zuwachs ist primär auf kundenstarke neue Mitglieder im Verband zurückzuführen. Einen signifikanten Einfluss auf das hohe Factoring-Umsatzvolumen habe dieser „Neumitglieder-Effekt” gleichwohl nicht gehabt, wie Verbandsvorstand Helmut Karrer gegenüber DerTreasurer erklärt: „Das starke Wachstum speist sich eindeutig aus der erhöhten Nachfrage, die insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen ausgeht.”

Wird Factoring 2023 weiter wachsen?

Mit Blick auf das laufende Jahr zeigt sich der Verband verhalten optimistisch. Zwar deuteten Prognosen auf ein stagnierendes beziehungsweise gar minimal schrumpfendes BIP sowie eine schwache Weltwirtschaft hin. Gleichzeitig habe die Factoring-Branche in den vergangenen Krisenjahren ihre Leistungsfähigkeit bewiesen.

Hinzukommen die nach wie vor schwelenden Probleme im Bankensektor. Es sei deshalb „nicht unwahrscheinlich“, dass auch 2023 wieder verstärkt auf Factoring als Stabilisator und Unternehmens-Finanzierer gesetzt werde.

hafner[at]dertreasurer.de

Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.