Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat Anfang Januar ihre finalen Leitlinien für das ESG-Risikomanagement von Banken veröffentlicht. Sie enthalten umfangreiche Anforderungen zur Identifizierung, Messung, Steuerung und Überwachung von ESG-Risiken und werden als Teil der Eigenkapitalrichtlinie ab Januar 2026 für den Großteil der europäischen Banken verpflichtend.
Neben Klimawandelrisiken nehmen die neuen Leitlinien verstärkt Risiken aus dem Verlust von Biodiversität in den Blick. „Für große Banken ist es nicht überraschend, dass der Regulator auf solche Punkte detaillierter schaut als zuvor“, meint Finn Pauckstadt, Kreditrisikomanager bei der ING. Große Institute, wie die ING, würden ESG-Risiken bereits bei der Kreditvergabe berücksichtigen und könnten die Leitlinien nutzen, um ihre bestehenden Systeme zu prüfen und zu optimieren.
Zielwerte und messbare Parameter fehlen
„Aber man kann nur managen, was man auch messen kann“, gibt er zu bedenken. Für die Risikobewertung aus dem Verlust von Biodiversität fehlten zurzeit, anders als bei Klimarisiken durch den weltweiten CO2 -Ausstoß, sowohl vom Gesetzgeber vorgegebene Zielwerte als auch messbare Parameter. „Bisher ist die Datenmenge und -qualität jedoch zu gering, und viele Banken stützen sich auf die augenscheinlich besten Parameter, zum Beispiel die Bodenqualität und oder die Bestäubungsraten. Es fehlt darüber hinaus jedoch an einheitlichen Rahmenbedingen und Standards zur Analyse und Messung dieser Risiken“, erklärt der Banker.
Umfassende Risikoanalysen bräuchten zudem Zeit und eine gewisse Zeitreihe an qualitativen Daten, die gerade bei kleineren Firmen, zum Beispiel außerhalb des Dax, oder internationalen Finanzierungen meist noch nicht vorlägen. Daher dürfte das Risikomanagement vor allem kleinere Banken und mittelständische Kunden vor Herausforderungen stellen. Hinzu kommt laut Pauckstadt: „Die EBA-Leitlinien sehen vor, dass Banken die ESG-Performance ihrer Kunden auch langfristig beurteilen. Das umfasst Zeithorizonte von mindestens zehn Jahren und übersteigt oft die Laufzeit der Kreditengagements.“
Höhere Risikoprämien möglich
Und was bedeutet das für Firmenkunden? „Zukünftig werden Banken für Kunden mit höherem ESG-Risiko mehr Kapital hinterlegen müssen“, schätzt Pauckstadt. Das könne sich auf die Risikoprämien für Kredite niederschlagen. Das sei jedoch weniger auf die neuen Leitlinien als auf die wirtschaftliche Bedeutung von ESG-Risiken zurückzuführen. „Die neuen Vorgaben schreiben uns als Bank nicht vor, mit wem wir Geschäfte machen dürfen. Sie verlangen lediglich, dass wir ESG-risikorelevante Aspekte in allen Bereichen unseres Risikomanagements berücksichtigen.“
Lea Teckentrup ist Redakteurin bei DerTreasurer und FINANCE. Zuvor arbeitete sie als Wirtschaftsjuristin im Bereich Debt Capital Markets in einer internationalen Großkanzlei. Sie hat Wirtschaftsrecht im Bachelor und im Master an der Universität Osnabrück sowie an der Universität Siegen studiert.

