BaFin-Präsidentin Elke König ließ sich jüngst mit der Aussage zitieren, dass nicht nur an einer „Generalüberholung“ gearbeitet werden müsse, sondern auch am „Ersatz des Systems“. Aufsichtsbehörden wie die EZB, die ESMA oder die BIS sowie nationale Kommissionen wie die Wheatley-Gruppe in Großbritannien suchen zurzeit fieberhaft nach Lösungen. Kurzfristig geht es vor allem darum, Vertrauen in den Erhebungsprozess zurückzugewinnen, künftigen Missbrauch zu verhindern und die Aufsicht zu verbessern. Langfristig müssen jedoch Alternativen her, denn die Berechnung der Zinssätze basiert auf von außen kaum nachprüfbaren Angaben der Banken. So kann sich die EZB eine transaktionsbasierte Erhebung der Euribor-Sätze vorstellen. Auch die sukzessive Umstellung auf besicherte Referenzzinssätze sei vor dem Hintergrund der gestiegenen Bedeutung dieser Märkte vorstellbar, heißt es in einem Positionspapier. Den Währungshütern zufolge könnten künftig auch „risikofreie“ Geldmarktindikatoren wie Overnight Indexed Swaps (OIS) als Referenz herangezogen werden.
Nach Ansicht des britischen Treasurer-Verbands ACT sind diese Benchmarks als Referenzzinssätze für Kreditverträge mit Non-Financials allerdings ungeeignet. Sie berücksichtigen nicht das Kreditrisiko des Kreditgebers, da sie besicherte Transaktionen repräsentieren. Die Bonität der kreditgebenden Bank ist im Fall von Repooder OIS-Sätzen daher von deutlich geringerer Relevanz. Bankkredite an Non-Financials sind aber in der Regel unbesicherte Darlehen. Dies müsse sich auch in den Referenzzinssätzen widerspiegeln, argumentiert der ACT.

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Libor und Euribor vor dem Ende
Treasurer suchen Alternativen zum Libor
In einer aktuellen Mitteilung empfiehlt der Verband seinen Mitgliedern, für liborbasierte Kreditverträge in den Währungen australischer-, neuseeländischer- und kanadischer Dollar sowie schwedische- und dänische Krone alternative Referenzzinssätze zu suchen. Der Grund: In den kommenden Wochen stellt die British Bankers Association (BBA) die Libor- Berechnung für diese Währungen ein. Der ACT rät Treasurern auf nationale Benchmarks umzustellen wie etwa auf die aus tralische Bank Bill Swap Rate (BBSW) – ein lokales Äquivalent zu Libor bzw. Sibor. Oftmals werden nationale Benchmarks ohnehin häufiger genutzt als die jeweiligen Libor-Sätze – mit den entsprechenden Auswirkungen auf Liquidität und Pricing. So lag die BBSW in den vergangenen Jahren durchgehend deutlich unter den Libor-Quotierungen im australischen Dollar.
Auch hierzulande können Treasurer in Kreditverträgen inzwischen andere Referenzzinssätze als Libor oder Euribor vereinbaren. Eine Möglichkeit ist Eonia, der Zins für unbesicherte Übernachtausleihungen auf dem Euro-Interbankenmarkt. Er basiert auf realen Transaktionen und ist nicht das Resultat einer Meinungsumfrage unter Banken. Der Pharmagroßhändler Anzag beispielsweise hat 2011 eine Working Capital Facility im Volumen von 200 Millionen Euro auf Eonia-Basis vereinbart (siehe Der Treasurer 16/2011).
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