Deal-Contingent FX Hedging in den USA: höhere Risiken, höhere Preise?

Knapp ein halbes Jahr liegt die Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident inzwischen zurück. Von Tag 1 an bildete der Faktor „Chaos“ die einzig verlässliche Konstante der neuen US-Administration – und daran wird sich aller Voraussicht nach auch nichts ändern.Wie wirkt sich die massive Unsicherheit auf die M&A-Aktivitäten deutscher Unternehmen in den USA aus? Überraschend wenig, wie Lars Meyer, Partner und M&A-Experte bei Freshfields, berichtet: „Die Nachfrage ist ungebrochen hoch. Ungeachtet der politischen Turbulenzen sind die Fundamentaldaten des US-Marktes intakt, gerade im Bereich Innovationen gibt es für deutsche Corporates viele attraktive Targets.“ Im Jahr 2024 investierten die 90 Unternehmen in Dax und MDax knapp 30 Milliarden US-Dollar im dortigen Markt und damit so viel wie nie zuvor.Unter Umständen könnte die Rekordmarke aber bereits in diesem Jahr getoppt werden. Denn allein im April haben gleich drei Dax-Schwergewichte großvolumige Zukäufe in den USA angekündigt. So will Siemens für 5,1 Milliarden US-Dollar das Bostoner Unternehmen Dotmatics übernehmen, ein auf die Pharmabranche spezialisierter Anbieter von Forschungs- und Entwicklungssoftware.Siemens, Merck und Infineon mit US-TargetsNach Angaben der Münchener ist hier allerdings erst im Laufe des ersten Halbjahres 2026 mit einem Closing zu rechnen. Einen anderen Deal hat Siemens gerade abgeschlossen: Das US-Softwarehaus Altair ist seit Ende März offiziell Teil des Siemens-Konzerns, dem der Deal stolze 10 Milliarden US-Dollar wert war.Der Darmstädter Pharmakonzern Merck steht derweil vor der Übernahme des US-Krebsspezialisten Springworks. Der Kaufpreis liegt bei 3,5 Milliarden US-Dollar, der Vollzug soll in der zweiten Jahreshälfte 2025 erfolgen. Infineon ist der dritte Konzern im Dax-Bunde: Der Münchener Halbleiterhersteller hat sich für 2,5 Milliarden US-Dollar das autobezogene Ethernet-Geschäft des US-Rivalen Marvell gesichert und erwartet ebenfalls, den Deal noch im laufenden Jahr in trockene Tücher bringen zu können.Infineon-Treasury sichert sich BrückenfinanzierungWeitgehend „Business as usual“ sei die Übernahmefinanzierung für Infineon gewesen, wie Treasury-Chef Alexander Foltin gegenüber DerTreasurer erklärt: „Klar erfordern US-Deals momentan mehr Aufmerksamkeit, finanzierungsseitig gab es dank unseres guten Track Record aber keinerlei Hürden.“ Von Banken hat sich Infineon eine Brückenfinanzierung in Höhe von rund 2 Milliarden US-Dollar gesichert. „Deren Ablösung wird ausschließlich über Anleihen, eventuell auch neue langlaufende Bankkredite, erfolgen“, so Foltin. Den Rest des Kaufpreises finanziere Infineon aus vorhandenem Cash.Infineon hat in den vergangenen Jahren mehrmals in den USA zugekauft, darunter die im April 2020 vollzogene Übernahme von Cypress für rund 10 Milliarden US-Dollar – der nach wie vor größte Deal der Firmengeschichte. Einmal wurde den Münchenern allerdings auch eine Akquisition verwehrt: Im Jahr 2017 legte die US-Behörde Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS; Deutsch: Ausschuss für ausländische Investitionen in den Vereinigten Staaten) ihr Veto bei dem geplanten Kauf des US-Halbleiterspezialisten Wolfspeed ein. Der Grund waren nationale Sicherheitsbedenken.CFIUS-Freigabeprozesse erhöhen Deal-UnsicherheitAuch im aktuellen Marktumfeld kommt dem CFIUS eine bedeutende Rolle zu. „Bereits unter der Biden-Administration hat sich der CFIUS-Freigabeprozess in vielen Fällen als länger und schwerer berechenbar als früher erwiesen. Die Frage nach der Deal-Sicherheit begegnet uns in der Beratung daher momentan häufiger“, erklärt Lars Meyer von Freshfields.Als Grund dafür gelten die gestiegenen nationalen Sicherheitsinteressen der US-Behörde, wobei deutsche Corporates diesbezüglich nicht im Fokus stünden. „Deutschland und seine Unternehmen genießen bei US-Behörden weiter eine hohe Reputation. Ich erwarte daher auch nicht, dass eines der drei genannten Dax-Unternehmen aus CFIUS-Sicht Probleme beim Closing bekommt“, betont Meyer.Durchaus nehme das CFIUS aber wirtschaftliche Verbindungen von Unternehmen oder der Transaktion unter die Lupe, vor allem etwa bei M&A-Deals unter Beteiligung chinesischer Käufer. „Diese intensivere Prüfung dürfte ein Grund dafür sein, dass Käufer aus bestimmten Ländern momentan mehr Geduld aufbringen müssen.“US-Deals dauern bis zu zwölf MonateJe nach Deal-Komplexität könnten Übernahmen in den USA für deutsche Unternehmen in toto zwischen drei und zwölf Monaten in Anspruch nehmen. Freshfields erwartet aber, dass sich die Prozesse in den nächsten Monaten wieder beschleunigen.„Grundsätzlich ist die Trump-Regierung gegenüber Auslandsinvestitionen aufgeschlossen. Dafür spricht auch die ‚America first‘-Politik, die das CFIUS unter anderem anweist, ein Fast-Track-Verfahren zu entwickeln, um die Bürokratielast für willkommene Investoren zu verringern“, so Meyer. Auch Alexander Foltin zeigt sich gelassen und geht in Bezug auf den aktuellen Marvell-Deal von den erforderlichen behördlichen Genehmigungen innerhalb des laufenden Jahres aus.Doch es gibt weitere Faktoren, die US-Deals potentiell riskanter machen. Dazu zählt insbesondere Trumps erratische Zollpolitik mit ihren unberechenbaren Auswirkungen auf die Märkte. Um diesem Risiko Rechnung zu tragen, versuchen Käufer laut Meyer mitunter, mit „Material Adverse Change“ (MAC)-Klauseln auch Zollrisiken in den Verträgen zu adressieren.Zollrisiken in den M&A-VerträgenDiese vertraglichen Regelungen werden bei M&A-Deals eingesetzt, um Käufer vor nachteiligen Entwicklungen beim Zielunternehmen zu schützen: „Sollte es unerwartete Zollentscheidungen seitens der USA geben, so können Käufer bei Einsatz solcher Klauseln Kaufpreisnachlässe durchsetzen oder gegebenenfalls sogar komplett vom Kaufvertrag zurückzutreten. Voraussetzung ist aber, dass derartige Zollrisiken ausdrücklich von der Klausel umfasst sind.“Allerdings sei dies in der Praxis bislang nur in Ausnahmefällen zu beobachten. „Dafür ist die Verhandlungsposition der US-Verkäufer weiterhin zu gut, um darauf eingehen zu müssen“, so Meyer.Deal-Contingent FX Hedging wird teurerMehr Bewegung sei beim Thema Währungssicherung zu registrieren. Hier stehe bei US-Transaktionen aktuell insbesondere das sogenannte Deal-Contingent FX Hedging im Fokus. „Wir beobachten, dass Banken aufgrund der gestiegenen Unsicherheiten seit Jahresbeginn oft höhere Preise für diese Währungsgeschäfte verlangen“, berichtet Michael Josenhans, Partner und Finanzierungsexperte bei Freshfields.Unternehmen seien aber bislang bereit, die gestiegenen Kosten zu schultern. „Es ist sicher kein Deal Breaker, aber Banken preisen nun mal ein, wenn das Risiko für das Nichtzustandekommen eines Währungsgeschäfts steigt. Zudem gilt es, dem tendenziell längeren Zeitraum von Signing bis Closing sowie den volatileren Währungskursen Rechnung zu tragen“, erklärt Josenhans.Infineon setzt auf Forwards und OptionenAuch das Infineon-Treasury setzt für die Marvell-Brückenfinanzierung wie gewohnt auf Deal-Contingent FX Hedges. „Die erwähnten Bankzusagen in Gesamthöhe von rund 2 Milliarden US-Dollar sind je zur Hälfte in US-Dollar und Euro denominiert“, berichtet Foltin. Zum Zeitpunkt des Closings werde man dann die Euro-Tranche in US-Dollar umtauschen. „Dafür setzen wir auf einen Mix aus klassischen Forwards und Optionen.“ Ein restriktiveres Vorgehen der Banken beim Verhandeln der Fremdwährungsabsicherungen oder das Durchsetzen höherer Preise sei im Fall von Infineon kein Thema gewesen.Sollte der US-Dollar bis zum Closing noch weiter abwerten, profitiere Infineon. „Umgekehrt sind wir über die Forward-und Options-Geschäfte bei einer US-Dollar-Aufwertung abgesichert“, erklärt der Infineon-Treasury-Chef.

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