Erst im vergangenen Jahr zeigte der Fall Condor die Risiken des Cash Pools.

Condor

20.04.20
Cash Management & Zahlungsverkehr

Cash Pooling in Zeiten von Corona

Cash Pools stehen wegen der Coronakrise auf dem Prüfstand – was Treasurer jetzt beachten sollten.

Wegen der Coronakrise haben viele an einem Cash Pool beteiligte Unternehmen einen erhöhten Liquiditätsbedarf. Das wirft Fragen auf, ob sie überhaupt noch am Cash Pooling teilnehmen dürfen, speziell dann, wenn sich ihre wirtschaftliche Situation verschlechtert.

Wichtig ist die Frage, wie viel Cash überhaupt aus dem Pool gezogen werden darf. „Der Cash-Pool-Führer sollte prüfen, ob er mit den Beteiligten ein Kreditlimit vereinbart hat, und wenn ja, ob dieses auch tatsächlich eingehalten wird“, sagt Alexandra Schluck-Amend, Anwältin bei der Kanzlei CMS im Rahmen eines Vortrags mit der Schwesterpublikation FINANCE. Falls es kein Limit gebe, könne der Pool schnell ausgereizt sein und zum Fass ohne Boden werden. Hier helfe nur Kontrolle: „Der Cash-Pool-Führer sollte darauf achten, wie die Kontostände der einzelnen Teilnehmer sind, und sie dazu auffordern, eine aktuelle Liquiditätsplanung vorzulegen“, empfiehlt die Expertin.

Zudem sollte er herausfinden, welche wöchentlichen Liquiditätsmittel die Teilnehmer aus dem Pool nehmen wollen. Dabei müsse die Finanzabteilung um den Treasurer besonders vorsichtig sein. „Wenn der Cash-Pool-Führer den Teilnehmern mehr Darlehen gewährt, als diese selbst aus dem Cash Pool ziehen, muss die Rückzahlung sichergestellt sein.“ Andernfalls müsse später die Geschäftsleitung haften, weil sie dem Vorwurf eines „existenzvernichtenden Eingriffs“ ausgesetzt sei, wenn teilnehmende Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Um dies zu vermeiden, sollten Unternehmen, die ständig große Beträge aus dem Pool ziehen, engmaschiger überwacht und ihre Ziehungen limtiert werden.

Cash Pool für Teilnehmer beenden

Sofern der Cash Pool mit einem Teilnehmer beendet werde, werde der Anspruch auf Rückzahlung des Cash-Pool-Saldos fällig. Gegebenenfalls müsse dann dafür eine Regelung getroffen werden, etwa ein langfristiges nachrangiges Darlehen. Auch müsse darüber nachgedacht werden, ob der ausscheidende Cash-Pool-Teilnehmer anderweitig finanziert wird – etwa durch Vorauszahlungen auf den Verlustausgleichsanspruch, sofern ein Gewinnabführungsvertrag besteht,oder über einen sogenannten Comfort Letter.

Im Vergleich zu einer Kündigung des Cash Pools komme als milderes Mittel eine Suspendierung des Cash Pools mit einzelnen Teilnehmern in Betracht. Dann sei der Anspruch auf Rückzahlung des Cash-Pool-Saldos nicht unmittelbar fällig und der sonst gegebenenfalls drohende Dominoeffekt einer Insolvenz der Gruppe oder die Insolvenz des einzelnen Teilnehmers könne so abgewendet werden.

Wie sich die neue Insolvenzregel auf Cash Pools auswirkt

Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (COVInsAG) bieten sich nach Ansicht von Schluck-Amend für den Cash Pool sowohl Chancen als auch Risiken. Treasurer seien dazu angehalten, das in ihrer Risikoabwägung zu beachten.

„Bisher konnten die Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen, die bis zu einem Jahr vor der Insolvenzantragserstellung erfolgten, vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Die neuen Regeln sehen nun einen Anfechtungsschutz für Rückzahlungen von neu gewährten Gesellschafterdarlehen vor, sofern die Rückzahlung des Darlehens bis zum 30. September 2023 erfolgt.

Kriselnde Unternehmen aufzunehmen kann helfen

Ein neu gewährtes Gesellschafterdarlehen nach dem COVInsAG ist ein Darlehen, dass im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 gewährt wurde oder wird. Ein solches ist auch im Rahmen eines Cash Pools möglich und wäre damit geschützt“, sagt Schluck-Amend. Der Cash-Pool-Führer sollte also in Erwägung ziehen, einigen Teilnehmern ein höheres Kreditlimit einzuräumen.

Wovon die Anwältin andernfalls eher abraten würde, könnte jetzt eine Möglichkeit sein: Der Cash-Pool-Führer sollte prüfen, die kriselnden Unternehmen in den Pool aufzunehmen, um ihre Finanzierungsengpässe zu beheben. „Die Gesellschaft muss aber erst prüfen, ob die Liquiditätslücke auch von den staatlichen – beziehungsweise lokalen – Corona-Hilfen abgedeckt werden kann und ob die Teilnahme am Cash Pool dem im Weg steht.“ Dem kriselnden Unternehmen würde nur die Liquidität zukommen, die es brauche, und dadurch seine Planung erleichtert. Ein Kreditlimit sei dabei Voraussetzung.

s.backhaus[at]dertreasurer.de

Den gesamten Vortrag der CMS-Anwältin Alexandra Schluck-Amend können Sie hier als Video sehen.

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