EMPSA könnte EPI Konkurrenz machen.

terovesalainen - stock.adobe.com

04.01.22
Cash Management & Zahlungsverkehr

EMPSA statt EPI?

Ist die European Payments Initiative Schnee von gestern? Eine neue Initiative verfolgt dasselbe Ziel. Das sind die Details.

Die European Payments Initiative (EPI) bekommt Konkurrenz: Die European Mobile Payment Association (EMPSA) will den Zahlungsverkehrsmarkt erobern. Genauso wie EPI hat die neue Initiative das Ziel, dass ein europäischer Zahlungsverkehr mit europäischen Lösungen und nach europäischen Regeln entsteht. Damit soll Europa unabhängiger von amerikanischen Transaktionsabwicklern wie Visa, Mastercard, Paypal & Co. werden.

Die EMPSA will mit „Mobile Payment Roaming“ erreichen, dass die Nutzer in jedem europäischen Land mit der Bezahl-App ihrer Wahl bezahlen können. Dazu haben sich bisher 15 Zahlungsabwickler aus verschiedenen europäischen Ländern angeschlossen. Mitglieder sind: Bluecode (Deutschland und Österreich), Swish (Schweden), Twint (Schweiz), MobilePay (Dänemark und Finnland), Bancomat Pay (Italien), Bamcard (Bosnien und Herzegowina), Bankart (Slowenien), Bancontact Payconiq (Belgien), Blik (Polen), Borica (Bulgarien), iDeal (Niederlande), Plick (Italien), SIBS (Portugal) und Vipps (Norwegen).

EMPSA: Bezahlen per App

„Kunden müssen nur eine App von einem dieser Zahlungsabwickler haben und können damit europaweit bezahlen – das ist das Ziel von EMPSA“, erklärt Christian Pirkner, EMPSA-Vorstandsmitglied und CEO des Payment-Anbieters Bluecode. In der DACH-Region nutzen zum Beispiel Rewe International, SPAR, Globus und Rossmann das Bluecode-Paymentsystem. In Deutschland hat vor kurzem auch die Drogeriekette Müller über ihre eigene Müller App das Bluecode-Zahlverfahren eingeführt.

Kunden, die eine ebensolche Bluecode-fähige App haben, werden via die Roamingplattform von EMPSA auch bei einem Händler in beispielsweise Italien bezahlen können. Voraussetzung ist, dass dieser sein lokales Zahlungsmittel akzeptiert, welches auch ans EMPSA-System angeschlossen ist. Zur Zahlung wird an der Kasse einfach ein optischer Code (Barcode oder QR-Code) gezeigt oder gescannt. Die EMPSA Systeme haben jeweils meist direkt die Bankkonten Ihrer Nutzer einmalig verknüpft. Je nach Payment-Anbieter sind auch Zahlverfahren wie „Buy now, pay later“ möglich. Unterschiedliche Währungen seien kein Problem, die EMPSA-Roamingplattform bzw. die Issuer würden die Währung umrechnen, sagt Pirkner.

Mehr Engagement von Treasurern

Die Initiative wurde von Pirkner und Vertretern mehrerer europäischer Paymentanbieter im September 2019 gegründet. Nach einem Entwicklungsjahr hat die EMPSA in den vergangenen Monaten erste Pilotprojekte durchgeführt. „In den nächsten Monaten wollen wir dann in ersten Ländern live gehen“, sagt der Bluecode-CEO. Zunächst sollen dann erste Nachbarländer-Cluster die Zahlungsmethode ausprobieren. Damit das Payment-Roaming aber flächendeckend genutzt werden könne, „ist es wichtig, dass sich jedes europäische Land und jedes Payment-Scheme, das eine oder mehrere Apps hat, anschließt“. Seit Gründung der Initiative ist die Anzahl der teilnehmenden Systeme auf 15 angestiegen und umfasst mehr als 70 Millionen aktive Nutzer und mehr als eine Million Händler.

Zudem sei es der Initiative wichtig, dass sich auch Treasurer und CFOs engagierten. „Wir wollen die Meinung der Treasurer der großen Handelsunternehmen berücksichtigen und sind darauf angewiesen, dass sie uns sagen, wie sie das Zahlverfahren anbieten wollen und was ihre Vorstellungen sind“, erläutert Pirkner.

EPI und EMPSA könnten zusammenarbeiten

Was bedeutet das für die Initiative EPI, die gerade deshalb wackelt, weil noch nicht alle Mitglieder das nötige Kapital für die nächsten Schritte zugesagt haben? „Beide Initiativen verfolgen zwar die gleiche Vision, haben aber einen anderen Ansatz“, so Pirkner. Bei der EPI soll eine neue Karte beziehungsweise Wallet entstehen, bei EMPSA soll über Systeme, die in den einzelnen Ländern schon vorhanden sind, gezahlt werden. Demnach hätte aus Sicht des Bluecode-Chefs die EMPSA-Initiative, die erst kürzlich in die Öffentlichkeit getreten ist, bessere Chancen, schneller nutzbar zu sein. Denn: „Weil wir keine neue Karte oder Wallet ,erfinden‘ müssen, haben wir kaum Kosten. Bei uns ist es eher wichtig, dass sich alle existierenden Payment-Schemes mit ihren bestehenden Endkunden, Banken- und Händler-Netzwerken anbinden. Wenn das funktioniert, könnte unser Verfahren recht zeitnah flächendeckend genutzt werden“, prognostiziert Pirkner.

Dennoch betont er, dass EMPSA die EPI nicht verdrängen will. Es könnten durchaus beide Verfahren Platz im Zahlungsverkehr finden. „Keinen Sinn würde es dagegen machen, wenn beide Verfahren nicht miteinander agieren. Das wäre eher ein Nachteil, denn bei EMPSA sind auch Mitglieder dabei, die zur EPI-Initiative gehören. Die würden sicher langfristig nicht bei beiden mitmachen oder Mittel zur Verfügung stellen“, urteilt Pirkner. Mit einigen Banken, die EPI-Mitglieder sind, sei er bereits im Gespräch, einen offiziellen Austausch mit der Interimsgesellschaft EPI gebe es aber nicht.

EMPSA soll laut Pirkner also schneller einführbar und kostengünstiger sein. Stellt sich die Frage, welchen Vorteil die EPI dann noch hat. Laut dem Experten komme es da ganz auf die Sicht des Landes an. So sei in Frankreich etwa das Bezahlen über einen QR-Code bisher wenig gängig. Da wäre deshalb zum Beispiel eine Kartenlösung der EPI sinnvoll. In Dänemark oder den Niederlanden etwa sei das Bezahlen über einen optischen Scan dagegen gang und gäbe. Das seien genau die Länder, in denen die Banken noch zögerten, der EPI das nötige Geld zu geben. „Es ist nicht einfach, eine Lösung in Europa zu harmonisieren“, sagt Pirkner. Dennoch sieht er das Potenzial, Synergien zwischen beiden Payment-Initiativen zu nutzen: „Die EPI-Wallet könnte ein Teil des EMPSA-Netzwerkes werden. Unsere Türen stehen jedenfalls offen, wenn es darum geht, einen europäischen Payment Scheme zu schaffen. “

Weniger Arbeit für das Treasury

Auch auf die Arbeit von Treasurern hätten beide Initiativen Einfluss. Denn bisher muss jede Treasury-Abteilung bei der Abrechnung der einkommenden Zahlungen jeden lokalen Payment Service Provider berücksichtigen, für die es je nach Land unterschiedliche Gebühren gibt. Mit der Idee der EPI für eine einheitliche Karte oder Wallet würde dies schon leichter werden, weil es nur noch ein Payment Scheme in Europa geben würde. „Dazu müssen aber erst alle Händler unterschreiben. Wenn die Lösung dann günstiger als der lokale Payment-Anbieter ist, ist das für das Unternehmen zwar von Vorteil. Dennoch könnte das ein Nachteil für die Banken sein, die dann weniger verdienen könnten“, sagt Pirkner. Bei EMPSA müssten Corporate Treasurer eines der Payment Schemes akzeptieren und würden von diesem alle Abrechnungen bekommen und überall die gleichen Gebühren bezahlen. EMPSA würde vorab im Hintergrund Roaming-Vereinbarungen mit allen Mitgliedern der Initiative treffen müssen.

s.backhaus[at]dertreasurer.de