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27.10.17
Cash Management & Zahlungsverkehr

PSD2: Banken als Plattformbetreiber?

Die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 dürfte für radikale Änderungen im Zahlungsverkehr sorgen. Wenn Banken es richtig anpacken, können sie davon profitieren – ebenso wie Treasurer.

In knapp drei Monaten tritt die PSD2 in Kraft. Mit der Novellierung der Zahlungsdienstrichtlinie treibt die EU die Entwicklung hin zum Open Banking: Banken sind demnach künftig verpflichtet, Wettbewerbern Zugang zu Kundendaten und Konten zu gewähren, um Zahlungen direkt vom Bankkonto zu initiieren oder Daten abzufragen. „Es besteht das Risiko, dass Banken zum Infrastrukturbetreiber degradiert werden“, sagt Valentino Pola, Manager bei der Bankberatung Cofinpro. Um das zu vermeiden, sollten die Kreditinstitute Kundenbedürfnisse künftig in den Mittelpunkt rücken, so Pola.

Wie das konkret aussehen könnte, zeigt jetzt eine Studie des Schweizer Finanzsoftwareanbieters Temenos und des Marktforschers Ovum: Der Umfrage zufolge gehört das Management diverser Bankbeziehungen und -konten für 41 Prozent der befragten 100 Treasurer zu den drei größten Herausforderungen, die ihre Abteilung aktuell stemmen muss. Die Unfähigkeit, schnell und einfach auf Bank- und Transaktionsdaten zuzugreifen, bezeichnen 38 Prozent als Top-3-Sorge.

Offene Programmierschnittstellen (APIs), wie die PSD2 sie vorsieht, adressieren den Wunsch der Treasurer nach mehr Effizienz, Transparenz und Standardisierung: Denn sie ermöglichen auch Banken, auf Daten ihrer Kunden bei Wettbewerbern zuzugreifen.

Die PSD2 bietet auch Chancen für die Banken

Die Studienautoren raten den Geldhäusern daher, zu einer „trusted source of information“ zu werden, also die Informationen im Sinne ihrer Kunden zu konsolidieren. Für Privatkunden haben das einige Banken bereits umgesetzt, im Firmenkundengeschäft übernehmen diese Rolle heute in der Regel Treasury-Management-Systeme. Problematisch ist, dass viele Banken diese Chance der PSD2 nicht erkennen: Die ebenfalls befragten 100 Banker stufen die heterogene Landschaft als deutlich geringeres Problem für ihre Kunden ein, als es die Treasurer selbst tun, wie die Umfrage zeigt.

Für Großbanken muss es zudem nicht per se schlecht sein, Plattformbetreiber zu werden – zumindest wenn sie es richtig anpacken und mit ihrer Marke sichtbar bleiben. Abheben vom Wettbewerb würde sich dann, wer seinen Firmenkunden die besten Fintech-Lösungen zugänglich macht. Neue Gebührenmodelle listen Capgemini und BNP Paribas in ihrem aktuellen World Payment Report auf: Variante 1 wäre ein transaktionsbasiertes Modell, bei dem Drittanbieter jedes Mal zahlen, wenn sie über APIs zugreifen. Variante 2 wäre eine monatliche oder jährliche Lizenzgebühr. Das wollen Banken jedoch nicht, weil sie dann die Kontrolle über die Daten ihrer Kunden verlieren. Variante 3 wäre, dass Fintechs die die Bank-Plattform nutzen, einen gewissen Prozentsatz ihrer Umsätze an die Bank abgeben.

Backhaus[at]derTreasurer.de

Die Novellierung der Zahlungsdiensterichtlinie soll den Wettbewerb, die Innovationskraft und die Sicherheit im Zahlungsverkehr erhöhen. Was dies für die Banken bedeutet, erfahren Sie auf unserer Themenseite PSD2.