Klaus Wirbel (Rewe Group) und Karsten Löffler (Sustainable-Finance-Beirat) im Gespräch mit DerTreasurer-Redakteurin Antonia Kögler.

F.A.Z. Business Media GmbH

30.03.21
Finanzen & Bilanzen

Treasurer tasten sich an Green Finance heran

Unter Treasurern gibt es ein hohes Interesse an nachhaltigen Finanzierungen. Das zeigte sich vergangene Woche auf der ersten „Green FINANCE“-Digitalkonferenz. Besonders zu ESG-Ratings und Methodik gibt es viel Gesprächsbedarf.

Jenoptik, Vonovia, Traton – kaum eine Woche, in der nicht eine Green-Finance-Transaktion an den Markt kommt. Die Formen sind vielfältig, Erfahrungen mit ihnen noch gering. Deshalb stellen sich noch zahlreiche Fragen. Um Klarheit zu bringen, fand am Dienstag erstmals die Digitalkonferenz „Green FINANCE“ statt. An einem Tag diskutierten über 350 Teilnehmer miteinander über die Zukunft der nachhaltigen Unternehmensfinanzierung.

Wie groß das Interesse an grünen Finanzierungen in der Unternehmenswelt ist, zeigte nicht nur der große Anklang der Veranstaltung. Auch die aktuelle Studie „Nachhaltigkeit und Green Finance“, die FINANCE gemeinsam mit LBBW und F.A.Z. Business Media I research durchgeführt hat, zeigt dies deutlich: Mehr als zwei Drittel der befragten Finanzentscheider haben sich bereits mit nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten beschäftigt. Doch die wenigsten haben sie bislang selbst genutzt.

Welche Hürden Finanzverantwortliche davon abhalten, grüne Finanzierungen zu nutzen, und was Unternehmen dazu treibt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, das diskutierten in der Auftaktdiskussionsrunde die Studienleiterin Jacqueline Preußer (F.A.Z. Business Media I research) mit Marco Göck (LBBW) und Thomas Obendrauf, dem CFO des österreichischen Faserherstellers Lenzing.

Nachhaltige Transformation der Geschäftsmodelle

Anschließend gab der designierte RWE-CFO Michael Müller einen Einblick, wie der Energiekonzern die eigene Transformation angeht, welche Meilensteine schon erreicht sind und was noch ansteht. Bislang war der Energiekonzern noch nicht am Sustainable-Finance-Markt aktiv. Das soll sich aber ändern: In diesem Jahr will RWE einen Green Bond platzieren, kündigte Müller an, der ab dem 1. Mai offiziell das CFO-Amt von Markus Krebber übernimmt, der seinerseits Vorstandsvorsitzender wird.

Das Thema Transition Finance, also die Finanzierung des Wandels im eigenen Geschäft, zog sich durch weitere Diskussionen des Tages, etwa im Roundtable der Deutschen Bank, in dem Vertreter von Siemens Energy und Puma darüber diskutierten, wie ESG-Links bei der Transformation helfen können.

ESG-Ratings sind Top-Thema

In insgesamt sieben Roundtables stellten Unternehmen ihren Sustainability-Ansatz vor und berichteten über die eigenen Schritte in der Welt der grünen Finanzierung: So sprach etwa Daimler über die Erstellung des Green Finance Framework bei dem Autobauer und Indus über den ersten eigenen ESG-linked Schuldschein. Das Stahlunternehmen Sülzle gab einen Einblick in seinen strategischen Nachhaltigkeitsansatz, und Traton berichtete über die Herausforderungen bei der ersten eigenen ESG-linked Revolving Credit Facility. Die Bus- und Trucksparte von VW hat zuletzt im März auch noch einen Schuldschein mit ESG-Link über 700 Millionen Euro platziert.

Außerdem diskutierte ein Vertreter von Nestlé über die Vorteile von Sustainable Supply Chain Finance, und DIC Asset berichtete über die eigene Sustainability Journey in der Finanzabteilung - von Ratingagenturen und grünen Finanzierungen bis hin zu Nachhaltigkeitsreports.

Neben verschiedenen Networking-Möglichkeiten nutzten die Teilnehmer der Digitalkonferenz auch die Chance, sich aktiv an den Diskussionen zu beteiligen. Viele Zuschauerfragen gingen per Chat ein und konnten von den Referenten direkt beantwortet werden. Besonders hohes Interesse verzeichnete im Tagesverlauf das Thema ESG-Ratings: Wie wählt man die richtige Ratingagentur für das eigene Unternehmen aus? Wie setzt man die Ratings bei nachhaltigen Finanzierungen ein? Und worauf ist in Sachen Methodik zu achten? Das waren bei vielen Treasurern und CFOs drängende Fragen. Auch dieses Thema wurde in der aktuellen Studie von LBBW und FINANCE untersucht (mehr dazu auf Seite 5).

ESG-Regulierung: Chance oder Last?

Zum Abschluss der Konferenz ging es noch einmal um das große Ganze: Karsten Löffler, der Vorsitzende des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung, und Beiratsmitglied Klaus Wirbel (Rewe Group) gaben Einblicke in die Arbeit des Gremiums. Der Beirat hat Empfehlungen dafür entwickelt, wie Deutschland zu einem führenden Sustainable-Finance-Standort werden könnte.

Das Gremium schlägt beispielsweise eine erweiterte Berichtspflicht im Hinblick auf Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen ab 250 Mitarbeitern vor - unabhängig von ihrer Finanzierungsform. Ebenso wurde ein Klassifizierungssystem für alle Finanzprodukte vorgeschlagen, was sich mittelfristig auch auf die Kreditvergabe von Banken auswirken könnte. Nun muss die Politik handeln und entscheiden, welche Vorschläge umgesetzt werden.

Sorge um Überlastung

In das große Interesse an nachhaltigen Finanzierungen und der Transformation im eigenen Unternehmen mischte sich bei einigen Zuhörern auch die Sorge um eine Überforderung. Was bringt den Finanzplatz Deutschland wirklich voran? Und was wird zur Last für die Wirtschaft?

Über die richtige Balance bei dieser Frage wird künftig noch zu diskutieren sein. Auch DerTreasurer wird das rasant wachsende Themenfeld weiter eng begleiten und Sie über alle Trends und Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Die "Green FINANCE" hat gezeigt: Der Bedarf nach Austausch in der Finanz-Community ist groß. Eine zweite Auflage der Konferenz ist für 2022 in Planung.

Koegler[at]derTresaurer.de

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