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27.11.18
Risiko Management

Esma will Ausnahmen für No-Deal-Brexit

Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde Esma bereitet sich auf einen möglichen ungeregelten Brexit vor. In diesem Fall soll die Clearing-Verpflichtung für Altverträge vorübergehend ausgesetzt werden.

Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde Esma schafft Vorkehrungen für den Fall, dass sich die EU und das Vereinigte Königreich nicht rechtzeitig auf ein Austrittsabkommen einigen können: Bei einem ungeregelten Brexit sollen Inhaber von OTC-Derivaten die Möglichkeit haben, diese kostengünstig von einer britischen auf eine EU-Gegenpartei zu übertragen.

Nach der derzeitigen Rechtslage könnte eine solche Verlagerung eine Verpflichtung zum Clearing nach sich ziehen. Deshalb auf die Übertragung zu verzichten, ist angesichts eines wahrscheinlicher werdenden No-Deal-Brexits aber ebenfalls riskant: Denn sollte es dazu kommen, dürfte die britische Gegenpartei keine Geschäfte mehr in der EU machen.

Unternehmen fallen unter Hedging-Ausnahme

Daher schlägt die Esma eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung vor: Die Clearing-Verpflichtung gemäß der Derivateverordnung Emir soll für diese Altverträge für zwölf Monate nach dem britischen EU-Austritt ausgesetzt werden. So will die Behörde sicherstellen, dass die „regulatorischen und ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen die Verträge geschlossen wurden, bestehen bleiben“. Die EU-Kommission, das europäische Parlament und der EU-Rat müssen dem Vorschlag der Esma noch zustimmen.

„Diese Ausnahmeregelung würde vor allem institutionellen Investoren und Finanzdienstleistern helfen, die gemäß Emir als clearingpflichtig eingestuft werden“, sagt Norbert Kuhn, Emir-Experte beim Deutschen Aktieninstitut. Hiesige Corporates fielen dagegen ohnehin ausnahmslos unter die Hedging-Ausnahme. Entsprechend würde die Verlagerung ihrer Verträge auf einen EU-Kontrahenten auch keine Clearing-Pflicht auslösen, meint Kuhn.

Unternehmen sorgen sich wegen Hedge Accounting

Die Unternehmen treibt eine andere Sorge um: Sie wissen nicht, ob umgehängte Derivateverträge weiterhin ins Hedge Accounting einfließen dürfen. Wirtschaftsprüfer haben sich hier noch nicht auf eine einheitliche Linie verständigt. „Obwohl die Verlagerung von Bestandsgeschäften für Unternehmen aufwendig ist, wünschen sich dies die meisten von ihren Banken“, beobachtet Kuhn. Hintergrund sei, dass man keine zwei Bücher mit einer Bankengruppe führen und Netting-Potentiale ausschöpfen wolle.

Für Energiehändler wäre ein ungeregelter Brexit noch ärgerlicher: Ihr bislang in London gecleartes Derivategeschäft würde in diesem Fall womöglich plötzlich als OTC-Geschäft eingestuft werden. In der Folge würden die Energiekonzerne Schwellenwerte reißen - und damit zum NFC+ werden. Das hätte erhebliche Reporting- und Clearing-Anforderungen zur Folge.

Backhaus[at]derTreasurer.de

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