Wirtschaftlich ist Deutschland zwar das Zugpferd der Eurozone, mit Blick auf die Sepa-Umstellung aber eher der Bremsklotz. Wie heute veröffentlichte Zahlen der EZB belegen, werden in fast keinem anderen Euro-Land so wenig Zahlungen mit dem Sepa-Verfahren abgewickelt wie in Deutschland. Im dritten Quartal lag die Nutzung der Sepa-Überweisung bei knapp 14 Prozent, im gesamten Euro-Raum hingegen bei gut 56 Prozent. Bei den Sepa-Lastschriften ist das Bild noch düsterer: Lediglich 0,46 Prozent (Eurozone:6,8 Prozent) der deutschen Einzüge wurden mit Sepa getätigt. Die Lastschrift spielt im deutschen Zahlungsverkehr eine große Rolle, wird sie doch deutlich stärker genutzt als in anderen europäischen Märkten. 47 Prozent der Lastschriften im Euro-Raum kommen aus Deutschland.
Angesichts dieser Zahlen zeigt sich die Bundesbank 99 Tage vor dem Enddatum beunruhigt: „Jetzt ist ein echter Endspurt fällig“, sagt Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele am heutigen Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Er hält die Unternehmen an, ihrem Sepa-Projekt höchste Priorität einzuräumen und mahnt: „Wenn Unternehmen bis zum gesetzlich vorgeschriebenen Umstellungstermin nicht SEPA-fähig sind, drohen Liquiditätsengpässe und Kosten durch falsch oder verspätet abgewickelte Zahlungen.“ Dies gelte nicht nur für diejenigen, die bei der SEPA-Umstellung hinterherhinken, sondern auch für deren Geschäftspartner, Beschäftigte oder Kunden.

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Bundesbank: Sepa-Nutzung besorgniserregend
Bundesbank schreibt DAX- und MDAX-Unternehmen an
Der Bundesbank ist es sehr ernst: Thiele hat in den vergangenen Wochen sogar die Vorstandsvorsitzenden der DAX- und MDAX-Unternehmen angeschrieben – und überwiegend die Antwort erhalten, dass die Umstellung auf dem Plan stehe, aber erst im 4. Quartal 2013 vorgenommen wird. Hintergrund ist wohl auch die Einführung der Sepa-Eillastschrift, die am 4. November ansteht und auf die viele Unternehmen noch warten, um ihr Working Capital nicht zu belasten. Von der Sepa-Cor1-Lastschrift erwarten sich deshalb sowohl Thiele als auch Banker einen Schub bei der Umstellung auf Sepa. „Gerade große Lastschrifteinzieher werden jetzt live gehen“, erwartet Frank Hofmann, Head Cash Management bei Barclays in Deutschland.
Pragmatischere Haltung zu Konvertierungsangeboten
Eine weitere Folge der Zahlen: Sowohl die Bundesbank als auch die deutsche Kreditwirtschaft legen inzwischen eine pragmatischere Haltung bei Konvertierungsangeboten an den Tag. Zwar betonte Thiele erneut, dass Unternehmen sich keinesfalls auf Last-Minute-Formatkonvertierung verlassen sollten, weil auch weitere interne Umstellungen notwendig seien. Dass Banken nach dem 1. Februar 2014 noch entsprechende Tools anbieten, kritisiert er aber nicht mehr so stark wie noch beim Zahlungsverkehrssymposium der Bundesbank im Juni. „Diese Angebote werden sich beweisen müssen“, meint Thiele heute. „Ich kann mir auch vorstellen, dass Banken sie irgendwann bepreisen werden.“ Auch Ludger Gooßens, Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und federführend für die deutschen Kreditwirtschaft tätig, sagte: „Wir werden keinen Kunden im Stich lassen und für eine Übergangsfrist diese Konvertierungen anbieten.“ Er betonte allerdings, dass Banken nach der Deadline keine Altformate mehr annehmen dürfen und daher trotzdem eine Umstellung der unternehmensinternen IT notwendig sei.
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