Die Zinsen steigen wieder wie lange nicht.

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13.04.22
Finanzen & Bilanzen

Historischer Zinsschock bei Unternehmenskrediten

Die Zinskurve steigt wieder, auch Unternehmenskredite werden teurer. Bemerkenswert ist dabei vor allem die Geschwindigkeit des Anstiegs.

Für Treasurer werden Kreditfinanzierungen künftig teurer. Die beginnende Zinswende hat den Markt bereits erfasst, wie eine aktuelle Studie des KMU-Finanzierers Teylor und des Analysehauses Barkow Consulting zeigt. „Zwei Zinsschocks, die innerhalb relativ kurzer Zeit aufeinanderfolgen, sind eine historische Ausnahmesituation“, kommentiert Patrick Stäuble, CEO von Teylor. 

„Zunächst verursachte der Fed-Entscheid einen Zinssprung, der kurzzeitig wieder abflachte. Zeitlich verzögert lösten Sekundäreffekte des ersten Zinsschocks kombiniert mit den Folgen des Krieges in der Ukraine einen weiteren Anstieg der Finanzierungskosten aus“, erklärt Stäuble. Diese Doppelung führte laut der Analyse zu einem Zinsanstieg „von historischem Ausmaß“. 

Die hohen Inflationswerte erhöhen den Druck auf die Europäische Zentralbank massiv, sich ebenfalls von den Niedrigzinsen zu verabschieden. Der Kapitalmarkt erwartet diesen Schritt, weshalb die Zinsen deutlich angezogen haben. Die EZB befindet sich aber in einer Zwickmühle: Einige Experten befürchten, ein Anheben des Leitzinses könnte hochverschuldete Volkswirtschaften in der EU destabilisieren, die aufgrund der aktuellen Krisen mehr investieren müssen.

Höchster Zinsanstieg in Jahrzehnten

Bei Unternehmenskrediten sieht die Lage gemäß der Analyse so aus: Vor Weihnachten 2021 lagen die durchschnittlichen Zinsen für fünfjährige Darlehen mit Zinsbindung noch bei 1,45 Prozent. Den bisherigen Tiefstand bei den Kreditzinsen hatte Barkow im August 2019 mit einem Wert von 0,99 Prozent verzeichnet. 

Inzwischen sind die Kosten laut Barkow auf 2,65 Prozent angestiegen. Zu Beginn dieses Jahres war der Anstieg rasant: Im Januar/Februar gingen die Kreditzinsen innerhalb von acht Wochen um 78 Basispunkte, beziehungsweise 54 Prozent, nach oben. Laut der Analyse war das der höchste prozentuale Anstieg, der in acht Wochen jemals bei Unternehmenskrediten gemessen wurde. Der absolute Wert war der höchste in den vergangenen 20 Jahren.

Methodologie:

Der Barkow-Index bildet Neukredite mit fünfjähriger Laufzeit und fester Zinsbindung ab. Bezüglich Volumen und Bonität verwendet Barkow Marktdurchschnittswerte.

Ukraine-Krieg hält Zinsanstieg nur zwischenzeitlich auf

Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine wurde der Trend zwischenzeitlich aufgehalten. Er führte kurzfristig sogar zu deutlich sinkenden Zinsen. Was folgte, war laut Barkow allerdings der nächste Zinsschock. Im März verzeichneten die Experten nochmals einen deutlichen Anstieg über ebenfalls 78 Basispunkte – diesmal in nur vier Wochen. 

Für einen historischen Vergleich muss man einige Jahrzehnte zurückschauen: „Vor und um die Jahrtausendwende kamen ähnliche absolute Zinssteigerungen häufiger vor. Kurz nach der zweiten Ölkrise stiegen die Kreditzinsen für Unternehmen sogar um bis zu 167 Basispunkte innerhalb eines Achtwochenzeitraumes an“, sagt Teylor-CEO Patrick Stäuble. „Dass zwei derart extreme Entwicklungen aber so kurz hintereinander erfolgen, hat es in der Vergangenheit nicht gegeben.“

„Zwei derart extreme Entwicklungen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben.“

Patrick Stäuble, Teylor

Finanzierungsmöglichkeiten prüfen

Auch nach dem jüngsten Anstieg der Kreditzinsen auf rund 2,64 Prozent liegen die Zinsen verglichen mit anderen Perioden immer noch auf einem niedrigen Niveau. Doch mit weiter anziehenden Konditionen ist zu rechnen: „Unsere Analyse der Zinsschocks und Zinssteigerungsphasen der letzten 40 Jahre macht deutlich, dass wir erst am Anfang einer längeren Phase steigender Zinsen stehen könnten“, so Stäuble. 

„Darauf deutet auch hin, dass die realen Unternehmenszinsen, also nach Abzug der Inflation, immer noch so stark im Minus sind wie im Prinzip noch nie in den letzten 40 Jahren“, sagt der Teylor-Experte. Unternehmen seien daher gut beraten, „die aktuell noch günstigen Konditionen konsequent zu nutzen“. Doch das ist nur ein Weg, wie Treasurer sich auf die derzeit beginnende Zinswende vorbereiten.  

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