Der Schutzschirm für Warenkreditversicherer soll offenbar verlängert werden.

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19.10.20
Risiko Management

Schutzschirm für Warenkreditversicherer steht vor Verlängerung

Nach Informationen von DerTreasurer dürfte der Schutzschirm für Warenkreditversicherer bis Ende Juni 2021 verlängert werden. Das wäre ein gutes Signal für den gesamten Markt. Andernfalls könnte eine Pleitewelle im Mittelstand drohen.

Sehr viel deutet daraufhin, dass der Bund den Schutzschirm für Warenkreditversicherer bis 30. Juni 2021 verlängert. Bislang lief das Kriseninstrument, das von enormer Bedeutung für die Lieferketten ist, lediglich bis Ende dieses Jahres. Die Signale, dass es zu einer Fortsetzung kommt, hatten sich in den vergangenen Tagen schon verdichtet, wie DerTreasurer berichtete.

Grundlage für die Vermutung ist eine Sprechregelung, die das Bundeswirtschaftsministerium an den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) übermittelt hat. In dem Schreiben heißt es, dem Ministerium sei „die enormen Bedeutung von Warenkreditversicherungen für die Wirtschaft, gerade für mittelständische Unternehmen, sehr bewusst“. Deshalb sei die Bundesregierung bereits im September in Verhandlungen mit den Warenkreditversicherungen zur Verlängerung des Schutzschirms eingetreten. Man beabsichtige nun, „möglichst bald eine Verlängerung des Schutzschirms bis zum 30. Juni 2021 bei der Europäischen Kommission zu notifizieren.“

Das legt nahe, dass die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Warenkreditversicherern unmittelbar vor einem erfolgreichen Abschluss stehen. Schließlich dürften die Modalitäten des Schutzschirms eine wichtige Rolle dabei spielen, ob Brüssel einer Verlängerung zustimmt.

Der DIHK ist deshalb nach eigenem Bekunden „sehr zuversichtlich“, dass die Verlängerung des Schutzschirms „in Bälde funktionieren kann“. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte die Sprachregelung gegenüber DerTreasurer weder bestätigen noch dementieren.

Euler Hermes hat sich über Schutzschirm beschwert

Gerade über die Modalitäten des Schutzschirms hatte es zuletzt Unstimmigkeiten gegeben. Die Kreditversicherer hatten die einseitige Haltung des Bundes moniert. Wie DerTreasurer Ende August exklusiv berichtete, war der Marktführer Euler Hermes alles andere als glücklich über die Konditionen des Schutzschirms und hatte angedroht, den Versicherungsschutz für „schwächere Bonität“ bis Ende des Jahres zu befristen. Nach weiteren Informationen unserer Publikation hat Euler Hermes diese Ankündigung unmittelbar in die Tat umgesetzt.

Hintergrund: Der Bund hatte bis Jahresende eine Garantie für Entschädigungszahlungen von Euler Hermes, Coface, Atradius sowie R+V in Höhe von 30 Milliarden Euro übernommen. Im Gegenzug mussten die Versicherer 65 Prozent der Prämien abtreten, was insbesondere Euler Hermes als zu viel kritisierte – zumal es derzeit aufgrund der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht noch nicht zu einer großen Schadenswelle bei den Kreditversicherern kam.

Zeigt der Druck von Euler Hermes Wirkung?

Zwar zeigten sich Versicherer wie R+V offen, Kunden von Euler Hermes zu übernehmen. Doch klar ist auch, dass die übrigen Versicherer selbst ihre Risiken im Blick behalten müssen – und nicht jeden Kunden des Marktführers Euler Hermes übernehmen können.

Erschwerend kommt hinzu, dass Marktexperten wie der Kredit- & Kautionsmakler Alfons Gracher mit steigenden Insolvenzen zum Jahreswechsel rechnen, weil Steuerstundungen wegfallen und weil die wirtschaftlichen Risiken der Coronakrise schlagend werden. Bislang hatte die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Corona-bedingt kriselnde Unternehmen für ruhigere Fahrwasser gesorgt. Für zahlungsunfähige Unternehmen ist die Aussetzung jedoch Ende September ausgelaufen, für überschuldete Krisenfälle läuft sie nur noch bis zum Jahresende.

Auch Factoring würde profitieren

Ganz unmittelbar von dem Schutzschirm für Kreditversicherer hängt auch die Funktionsfähigkeit von Factoring ab. Nahezu alle Forderungen, die via Factoring finanziert werden, sind auch versichert. „Wir gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass der Schutzschirm bis Ende Juni verlängert wird“, sagt Helmut Karrer, Vorstandsmitglied des Deutschen Factoring-Verbands gegenüber DerTreasurer. „Damit hätten unsere Mitglieder Planungssicherheit für die nächsten Monate.“

Factoring kommt gerade in Zeiten, in denen Bankkredite nicht mehr so leicht verfügbar sind, eine wichtige Funktion zu. Im Jahr 2019 finanzierten die deutschen Anbieter ein Volumen von 275,6 Milliarden Euro.

Auch der Verband der Kreditversicherungsmakler Bardo hat zuletzt in einem Statement den Bund zu einer Entscheidung gedrängt, um Planungssicherheit zu erlangen. „Eine fixe Zusage der Bundesregierung über die Verlängerung des Schutzschirms um sechs, besser noch neun Monate ist momentan die einzige Möglichkeit, eine negative Kettenreaktion zu vermeiden“, sagte Bardo-Sprecher Frank Otto. Selbst eine negative Entscheidung, an der sich sowohl die Kreditversicherer als auch ihre Kunden orientieren könnten, wäre aber immer noch besser, als das „eiserne und unverantwortliche Schweigen“ der Verhandlungspartner. Nun scheint die Zeit des Schweigens bald zu Ende zu sein. „Gute Nachrichten für die Wirtschaft, Factoringinstitute und die Kreditversicherer“, resümiert Kredit & Kautionsmakler Alfons Gracher, der auch Mitglied des Fachausschusses Finanzen der IHK Trier ist.

Dentz[at]derTreasurer.de

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