Die Nachricht in der vergangenen Woche kam überraschend. Was zunächst als Gerücht in der DerTreasurer-Redaktion landete, bestätigte sich kurz danach: Andreas Karthaus, Managing Director DACH bei dem Treasury-System-Anbieter Kyriba, verlässt die US-Amerikaner mit sofortiger Wirkung. Das erfuhr DerTreasurer aus zwei unabhängigen Quellen, Karthaus bestätigte seinen Abschied später. Zu Gründen wollte er sich nicht äußern. Kyriba selbst reagierte auf mehrere Nachfragen nicht.
Nach Informationen von DerTreasurer sollen strategische Differenzen zwischen Karthaus und dem Kyriba-Vorstand um Jean-Luc Robert Grund für die Trennung sein. Kyriba ist 2020 mit der Übernahme des FX-Spezialisten Fireapps, dessen Geschäftsführer Karthaus war, in den deutschsprachigen Raum eingetreten. Zuletzt war man nach Informationen von DerTreasurer bei etwa 50 Kunden angelangt. Das ausgegebene Ziel: Man wollte in der DACH-Region bis 2025 auf etwa 200 Kunden wachsen.
Zuvor war der Anbieter hierzulande zurückhaltend, weil es mehrere starke lokale Anbieter wie etwa Bellin gab. Doch mit dem Umbruch im Markt durch zahlreiche Übernahmen und die damit einhergehende Unsicherheit ergab sich eine Opportunität für einen stärkeren Markteintritt.

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Was ist bei Kyriba los?
Kyriba will DACH-Geschäft aus Italien führen
Um zu wachsen hatte Kyriba zahlreiche Manager von der Konkurrenz abgeworben. So wechselte Ralf Kleinhenz von Coupa zu Kyriba. Weitere Zugänge waren Matthias Deschner (ebenfalls Coupa) und Alexander Haensel (Serrala). Von Wettbewerbern und potentiellen Kunde wurde Kyriba in den vergangenen Monaten folgerichtig auch deutlich erfolgreicher wahrgenommen.
Doch nun deutet sich ein Strategieschwenk an. Kyriba plant offenbar nicht, einen Nachfolger für Karthaus zu berufen. Das Geschäft solle zunächst aus Italien geführt werden, ist aus informierten Kreisen zu hören. Aber auch Frankreich scheint eine Option zu sein. Von Kyriba erhält man auch hier trotz mehrfacher Nachfrage keine Antwort.
Für die dazugewonnen deutschen Kunden sind das keine guten Nachrichten, weil mit Karthaus ein zentraler Ansprechpartner wegbricht. Das hartumkämpfte DACH-Geschäft aus dem Ausland zu führen, dürfte für Kyriba mittelfristig eigentlich keine Option sein. „Das kann nur eine Zwischenlösung sein“, kommentiert ein Marktkenner. Man müsse einen verlässlichen und gut vernetzten Country Manager für den deutschsprachigen Raum finden. Bis dieser ernannt ist, hingen die Kunden in der Luft, vermutet der Beobachter.
„Das kann nur eine Zwischenlösung sein.“
Plante Bridgepoint Kyriba-Verkauf?
Generell ist bei Kyriba derzeit vieles in Bewegung. Der TMS-Anbieter, der dem Finanzinvestor Bridgepoint gehört, soll vor einigen Monaten einen Verkauf von Anteilen in Erwägung gezogen haben. Diese Transaktion soll nun auf Eis gelegt worden sein, wie zu hören ist. Kyriba äußert sich dazu nicht.
Lange boomte die US-Tech-Branche, sie musste im vergangenen Jahr jedoch erhebliche Rückschläge in Kauf nehmen. Zahlreiche Dickschiffe wie Twitter und die Facebook-Mutter Meta bauen Stellen ab und verloren in den vergangenen Monaten erheblich an Börsenwert. Gut möglich, dass die angeblich angestrebte Bewertung von 2 Milliarden US-Dollar in diesem Umfeld nicht zu erreichen war.
Bei Kyriba sind derzeit entsprechend viel Fragen offen. Die deutschen TMS-Kunden dürften nun in den kommenden Monaten mit Argusaugen beobachten, wie sich der Service der US-Amerikaner entwickelt und wie sich das DACH-Team ohne Karthaus organisiert.
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